die jtetuaeit
Von Max Härtel
In der letzten Ausgabe unserer
Zeitschrift „Die Arbeit“ habe ich
kurz die Rechtsverhältnisse der
Lehrlinge geschildert, die sich auf
Grund des Lehrvertrages ergeben.
Ich habe in diesem Artikel betont,
daß die Dauer der Lehrzeit im Lehr¬
vertrag festgelegt wird. Nun ist es
aber nicht so, daß die Lehrzeit will¬
kürlich verkürzt oder verlängert
werden darf, sondern beide Teile,
Lehrherr sowie Lehrling sind an die
Termine gebunden, die von den
Handels- bzw. Handwerkskammern
festgelegt werden. Durch die Unter-
schriftsleistung der vertragschließen¬
den Partner wird der Lehrvertrag
rechtskräftig und der Lehrling wird
in die Lehrlingsrolle eingetragen.
Die Lehrzeit beginnt, der Lehrling
wird der Schule des Meisters anver¬
traut. Ihm obliegt nun nicht nur
die Berufsausbildung des Lehrlings,
sondern er soll auch den Charakter
des Lehrlings formen und das Er¬
ziehungswerk des Elternhauses und
der Schule vollenden. Im ersten
Lehrjahr ist der Lehrling „Stift“
und wird nur allgemein in das Be¬
rufsleben eingeführt. Gewiß wird
man von ihm Leistungen verlangen,
doch sind sie zunächst noch unpro¬
duktiv und unrentabel. Er ist Un¬
kostenfaktor. Gegen eine über¬
mäßige Inanspruchnahme, die seine
Kräfte übersteigt und ihm schaden
könnte, schützt den Lehrling das
Jugendschutzgesetz und die Ueber-
wachung durch die Gewerkschaften.
Sie sorgen dafür, daß er nicht das
Objekt einer gewissenlosen Aus¬
beutung wird. Ein guter und ehr¬
samer Meister wird das auch nie
tun, sondern meistens sind es die
sogenannten „Krauter“ oder „Lehr-
lingsschinder“, die heute nicht lange
Bestand haben und Gefahr laufen,
sehr bald das ehrenvolle Recht der
l^hrlingshaltung zu verlieren. Diese
lalle aber sind sehr selten geworden
und jeder anständige Meister rückt
von ihnen ab.
Gewiß, mancher Lehrling wird im
ersten und zweiten Lehrjahr die
Meinung haben, er werde zu streng
behandelt oder die Arbeit sei zu
schwer für ihn. Nun, jeder Lehr¬
ling möge bedenken, daß jeder Beruf
eine Arbeitsleistung fordert, die am
Anfang Immer schwer ist und da¬
rum während der Lehrzeit gewisser¬
maßen ein Training von ihm ver¬
langt, um ihn später zu befähigen,
seine ganze Kraft dem Berufe zu wid¬
men, ohne sich dabei zu erschöpfen.
Man kann deshalb vom Lehrling eine
vollwertige Arbeit nicht verlangen,
aber fordern, daß er die Arbeit, die
ihm aufgetragen wird und die
seinen Kräften angemessen ist, ge¬
wissenhaft ausführt. „Ein Lehrling
muß mit den Augen stehlen kön¬
nen“, sagt ein alter Handwerker¬
spruch, d. h. er muß gut beobachten
können. Alles, was das Handwerk
braucht, wird ihm in seiner Lehrzeit
ln Irgend einer Form begegnen und
wenn er beobachtet, wie der Meister
oder Geselle diese Dinge anpacken
und bewältigen, dann wird er seine
Lehre nicht nutzlos verwandt haben.
Beobachten und behalten. Was der
Lehrling behält und begriffen hat,
wird er nie verlernen.
Eine sehr wichtige Frage ist das
Vertrauen, das Lehrling und
Lehrherm verbinden. Wenn der
Lehrling in seinem Meister nicht
nur den Vorgesetzten, sondern auch
den väterlichen Freund sieht, wird
sich das Vertrauen bald einstellen
und beiden die Arbeit erleichtern.
Wo es fehlt, ist die Lehrzeit für beide
Die Familienhilfe in Frankreich
neu geregelt
Nach der im Zusammenwirken mit
den Gewerkschaften und Untemeh-
merverbänden von der französischen
Regierung beschlossenen Erhöhung
der J^öhne und Gehälter haben nun
auch die für die Familienzuschläge
und Geburtsprämien ausgeworfenen
Beträge eine Erhöhung erfahren.
Die bisher gültigen Sätze und Re¬
gelungen sind dabei einer wesent¬
lichen Reform unterworfen worden.
Bisher kam an junge Ehen bei der
Geburt des ersten Kindes eine Prä¬
mie zur Auszahlung, die in Paris
9000 Franken, in Städten mit mitt¬
lerem Lebenskostennivoau 6000 Fran¬
ken und in ländlichen Bezirken
4600 Franken betrug. Die Prämie ge¬
langte allerdings nur dann zur Aus¬
zahlung, wenn die Geburt innerhalb'
der ersten zwei Jahre nach der Ehe¬
schließung erfolgte. Die neue Rege¬
lung sieht die allgemeine Auszahlung
einer Sonderhilfe in Form einer
Schwangerschaftsunterstützung und
einer Mütterprämie vor. Der Zeit¬
raum, innerhalb dem die Geburt
nach der Eheschließung erfolgt,
spielt dabei keine Rolle mehr,
und die Hilfeleistungen erfolgen
nicht mehr nur vor und nach der
Geburt des ersten Kindes, sondern
auch für alle künftigen Kinder.
Die Familienzuschläge haben eben¬
falls eine bedeutende Steigerung er¬
fahren, die in einzelnen Fällen bis
zu 140 bis 150 Prozent gegenüber
den bisher gewährten Beihilfen geht.
Die nachstehende Tabelle gibt einen
Überblick über die neue Regelung
dieser Zuschläge. Die genannten
Summen (in Franken) enthalten die
Familienzuschläge und die Sonder¬
entschädigungen, welche monatlich
dann zur Auszahlung gelangen, wenn
nur der Mann Gehaltsempfänger ist.
Paris
früher
jetzt
1 Kind 900.—!
1 130.—»
2 Kinder 1 165.—
3 390—
3 Kinder 2 970.— '
5 650.—»
4 Kinder 4 320.—»
7 345.—»
5 Kinder 5 670.—-
9 040 —
6 Kinder 7 120.—
10 734.—
Mittlere Städte
früher
jetzt
1 Kind 600—
2 Kinder 1110—
890—
2 670—
3 Kinder 1 980.—»
4 450.—,
4 Kinder 2 880.—*
5 785—
5 Kinder 3 780.—■
7 120.—»
6 Kinder 4 680—
8 455—
Land
früher
jetzt
1 Kind 460—
720—
2 Kinder 851.—»
2 160—
3 Kinder 1 518—
3 600.—»
4 Kinder 2 208.—
4 680—
5 Kinder 2 898.—-
5 760—
6 Kinder 3 588.—
6 840—
Der Orden
Mein Freund, der hat am Westwall
mitgebaut,
Mit Hacke und mit Schippe,
Er hat dem Führer ganz vertraut,
Riskierte keine Lippe.
Er hackte, schippte früh und spät,
Ganz schlank ward seine Taille,
Sein Führer aber, wie’s so gebt,
Verlieh ihm die Medaille.
Nun war er stolz, er strahlt vor
Glück
Und tat sich mächtig recken
An jedem Oberkleidungsstück,
Sah man das Bändchen stecken.
Dann kam der Krieg,
Mein Freund war kein Soldat
geworden,
Doch sah man noch bei jedem Sieg
An seiner Brust den Orden.
Der Krieg ist aus —
Der Westwall war von Pappe,
Mein Freund sitzt still in seinem
Haus
Und hält jetzt seine Klappe.
Als kürzlich ich ihn fragte,
Wo er den Westwallorden hätte,
Sah er mich an und sagte:
Ich tauscht’ ihn für ‘ne Ami-
Zigarette! M. HL.
Teile eine Periode voller Spannun¬
gen und Mißstimmungen. Daß da¬
runter die berufliche Ausbildung
leidet, ist wohl jedem klar. Nicht
minder wichtig ist die Ordnung,
die von den meisten Lehrlingen
nicht ernst genug genommen wird.
Ordnung am Arbeitsplatz und Ord¬
nung an sich selbst sind Eigenschaf¬
ten, die, wenn sie früh geübt wer¬
den, im späteren Leben sich als eine
Selbstverständlichkeit erweisen.
Hat nun der Lehrling verstanden,
die Anfangszeit seiner Lehre in die¬
sem Sinne zu nutzen, dann wird er
nicht mehr lange Stift bleiben und
mit Arbeiten beauftragt werden, die
schon handwerkliches Können von
ihm verlangen. Wird er allein nicht
fertig damit, so wird niemand ihn
für dumm halten, wenn er Gehilfen
oder Meister um Rat fragt. Fra¬
gen ist immer ein Zeichen von in¬
teresse. Natürlich soll er sachlich
fragen und vorher überlegen. Wenn
er aufmerksam die Anweisungen
und Ratschläge, die ihm gegeben
werden, befolgt, wird er sich bald
das notwendige Können aneignen,
das zu seinem Beruf erforderlich ist.
Hat er aber sein Können unter Be¬
weis gestellt, dann ist die Lehrzeit
erfolgreich gewesen und aus dem
Lehrling ist ein Fachmann, ein Ge¬
selle und damit ein vollwertiger
Handwerker geworden.
Im Schatten der Anden
Ein großes Hochplateau, auf 500
Eigentümer verteilt, die in Buenos-
Aires oder Deauville wohnen, wah¬
rend 2 Millionen schlecht gekleidete
und schlecht ernährte Indios über
und unter der Erde arbeiten: das ist
Bolivien. Die Silbergruben von Po-
losi gehören der berühmten Familie
Patino. Die Petroleumquellen be¬
sitzen die Standard Oils. Die Kup¬
fer-, Antimon-, Gold-, Wolfram-,
Blei- und Wismuthgruben sind in
den Händen von Nordamerikanern
und einigen Bolivianern. Es bleiben
also 3V2 Millionen Einwohner, die
weder Land noch Gruben besitzen.
Sie haben 600 Schulen, 85 Prozent
sind Analphabeten. Dazu gibt es eine
verpreußte Armee von 50 000 Sol¬
daten, 110 Generälen und 4000 Offi¬
zieren. In einem Jahrhundert ereig¬
neten sich 33 Staatsstreiche, also alle
drei Jahre einer. Vor einigen Jahren
kam es zum Krieg mit Paraquay
oder besser gesagt zwischen Rocke-
feller und Deterding, der mit einer
Niederlage Boliviens endete, aber in
keiner Weise die Militärklique dieses
Landes beeinträchtigte. Oberst Vil-
laroel übte eine Diktatur gegen die
Gewerkschaften und eingeborene
Bevölkerung aus, die der Nazidikta¬
tur bis ins Kleinste glich, und trotz¬
dem gelang es nicht, die Eingebore¬
nen vom Einfluß der Gewerkschaften
abzubringen. Die freiheitsliebenden
Lehrer und Studenten weigerten
sich, sich der Diktatur zu unterwer¬
fen, sie wurden verhaftet, gequält
oder ausgewiesen. In den Indianer¬
hütten fanden sie Zuflucht. Todes¬
urteile wurden gefällt im Interesse
der Petroleumkapitalisten, der Gru¬
benbesitzer und der Großagrarier,
die um ihren Profit bangten. Die
Armee, von deutschen Offizieren aus¬
gebildet, sollte diese Interessen
schützen. Aber die Faschisten unter
Villaroel hatten Wind gesät und
Sturm geerntet. Das Volk Boliviens
hat mit ihnen abgerechnet.
Zum ersten Mal in der Geschichte
Südamerikas haben die Gewerk¬
schaften, die Indios, die Studenten,
kurzum das Volk die Prätorianer¬
garden des internationalen Kapitalis¬
mus geschlagen und die Macht in
ihre Hände genommen. Dieser Sieg in
einer verlorenen Ecke der Welt ver¬
dient erwähnt zu werden.
Unsere Kulturarbeit
Die Zerstörungen am Stadttheatertung gebeten, sich an die Kultur¬
wurden durch die tatkräftige Mit¬
arbeit der Künstler und der tech¬
nischen Angestellten und Arbeiter
beseitigt, um den Besuchern für den
Winter einen angenehmen Aufent¬
halt zu gewährleisten. Dadurch ver¬
zögert sich der Spielbeginn bis An¬
fang November. Alle Teilnehmer¬
karten müssen sofort abgeholt wer¬
den;
Wegen der Veranstaltung von
Konzerten, Unterhultungsabende usw.
werden die Kollegen der Ortsverwal-
abteilung zu wenden.
Esperanto
In der amerikanischen Zone wur¬
den die Esperanto - Organisationen
wieder zugelassen. Alle Kollegen,
die die Welthilfssprache beherrschen
oder lernen wollen, werden gebeten,
sich an die Einheitsgewerkschaft —
Kulturabteilung — zu wenden, damit
auch im Saarlarid wieder eine Espe¬
ranto - Organisation zum Wohle der
Völkerverständigung und des Frie¬
dens geschaffen wird.
Aus aller Welt
(AEP) Jean Painleve, einer der
Pioniere des französischen Kultur¬
films, plant die Herstellung einer
Serie von 33 Kurzfilmen, welche die
„Fortbewegung der Tiere" zum Thema
haben. Eine Reihe bedeutender Na¬
turwissenschaftler wird ihm bei der
Verwirklichung seines Projektes be¬
hilflich sein. Unter Verwendung aller
technischen Neuerungen und Tricks
soll ein instruktiver Einblick in eine
wenig bekannte Wunderwelt gegeben
werden. Zeitlupenaufnahmen sollen
das Hüpfen der Flöhe ebenso wie den.
Galopp der Giraffen, den Flug der
Vögel und die Bewegungen der
Schwimmtiere im Bild festhalten.
Sowjet - russische Wissenschaftler
haben errechnet, daß der Erdradius
850 m länger ist als man bisher an¬
nahm. Außerdem behaupten sie, daß
der Aequator nicht die Form eines
Kreises, sondern die einer Ellipse
habe, und daß die Erde nicht eine,
sondern drei Achsen habe. Bei der
Bearbeitung aller künftigen Land¬
karten der Sowjetunion sollen diese
Forschungsergebnisse Berücksichti¬
gung finden. (AEPJ