Seite 6
,DI« Arbeit*
Oktober 1948
Gesundheit und Arbeitsfreude zu er¬
halten. Dazu gehört gute Unter¬
kunft besonders für die Ledigen,
ausreichende Verpflegung durch Zu¬
teilung der für Schwerstarbeiter
notwendigen Kalorien, Deputatkohlen
für die Ledigen und Bewilligung so¬
wie Bezahlung der in bestimmten
Zeitabständen zu gewährenden Ur¬
laubsfahrten zum Besuch der Fami¬
lienangehörigen.
Wir erwarten, daß die zuständigen
Verwaltungen diesen berechtigten
Wünschen der Bergleute, soweit sie
noch nicht erfüllt sind, Gehör schen¬
ken werden. Arbeitsfreude und rest¬
lose Hingabe im Dienste der Pfo-
duktionssteigerung und Wiedergut¬
machung wird der Dank der Berg¬
mannes sein. Heinrich Braun.
Kein Lohnstop ohne Preisstop
Aus den Kreisen der Arbeiter- und
Angestelltenschaft . werden immer
stärker die Stimmen laut, daß die
Löhne und Gehälter für den Lebens¬
unterhalt ihrer Familien nicht mehr
ausreichen, da die Preise in dem
letzten Jahr erheblich gestiegen sind.
Und mit Recht stellen die Arbeiter
und Angestellten die F^ge: W o
bleibt der Preisstop? Tat¬
sache ist, daß der Lohnstop bisher,
mit ganz wenigen Ausnahmen,
durchgeführt worden ist. Die Arbei¬
terschaft hat volles Verständnis für
die Erfordernisse der Zeit gezeigt,
sie hat sich mit ilyem geringen Ver¬
dienst begnügt, in der Erwartung,
daß es möglich sein würde, auch die
Preise auf dem bisherigen Stand zu
halten. Durch die Nichteinhallung
des Preisstop setzte eine Preiserhö¬
hung ein, die die Lebenslage der
Werktätigen wesentlich beeinträch¬
tigt hat.
Die Preissteigerung, die mit den
gegenwärtigen Lohnsätzen nicht in
Einklang zu bringen ist, macht, um
Ungerechtigkeiten zu beseitigen, eine
Ueberprüfung der Tarife notwendig.
Daß man in dieser Notzeit bei einer
richtigen Lenkung der Wirtschaft
und einer gesunden Preispolitik die
Lage der Werktätigen erträglicher
gestalten könnte, dafür sei ein Bei¬
spiel angeführt:
Für die Bevölkerung des Saarge¬
bietes wurden in den letzten Mona¬
ten für ca. 1 Million Mark Textilien
zur Verfügung gestellt. Anstatt diese
Textilien direkt den Einzelhändlern
zuzuführen, lief die Ware über den
Großhandel, was eine Preiserhöhung
von rund 360 tausend Mark
bewirkte, die von den Käufern, in
ihrer großen Mehrzahl Arbeiter und
Angestellte, zu tragen ist. Es wäre
hier angebracht gewesen, diese Tex¬
tilien direkt den Einzelhändlern zu¬
zuleiten und mit der Ausschaltung
des Großhandels eine Verbilligung
der Waren zu erzielen.
Im Interesse der Werktätigen wird
es notwendig sein, Preiskontrollaus-
schüsse unter Hinzuziehung der Ge¬
werkschaften zu bilden und unseren
Betriebsräten, das Recht einzuräu¬
men, bei der Festsetzung von Preisen
mitzuwirken, um eine anständige
und erträgliche Preisgestaltung zu
gewährleisten. P. O.
Lohnausgleich
im Baugewerbe
Zum Abkommen zwischen dem
Industrieverband Baugewerbe und
den Unternehmern über den Lohn¬
ausgleich im Baugewerbe, unter¬
schrieben am 29. 1. 1946, gültig ab
1. 2. 1946, ist bereits von Baden-
Baden ein Bescheid eingetroffen,
wonach ab 1. Oktober 1946 dem
Lohnausgleich .stattgegeben und wei¬
teres durch das Regiorungsprüsidium
Saar — Abteilung Arbeit — bekannt¬
gegeben wird.
WerhoarbHf
ist Aufgabe Aller. Sie ist nicht nur
eine Angelegenheit der Funktionäre
der Einheitsgewerkschaft, sondern
jedes aufrechten., bewußten Gewerk¬
schaftsmitgliedes, also
auch Deine Sache!
LEDER UND BEKLEIDUNG
Fleißige Hände schaffen Kleidung
Der herannahende Winter lenkt
die Aufmerksamkeit der Bevölke¬
rung auf das dringende Problem der
Bekleidung. Krieg, Evakuierung und
Fliegerschäden haben den Bestand
an Bekleidung sehr in Mitleiden¬
schaft gezogen. Neben der Ernäh¬
rung ist die Kleiderfrage wohl zu
der wichtigsten Frage der arbeiten¬
den Bevölkerung geworden.
Ein Blick in die Werkstätten der
saarländischen Bekleidungsindustrie
gibt uns einige Aufschlüsse über den
Stand der Aufbauarbeit dieser In¬
dustrie, die einen namhaften Platz
einnahm und in Zukunft einnehmen
wird.
Das Zentrum der Stadt Saar¬
brücken, besonders die Bahnhof¬
straße, bietet ein Bild der Zer¬
störung. Wohl hat die Beseitigung
des Schuttes eine etwas freundlichere
Note in dieses Bild unserer so grau¬
sam mitgenommenen City getragen,
aber vergebens wird der Besucher
die alten, vertrauten Stätten suchen.
Wer ahnt wohl, wenn er am Haupt¬
verkehrspunkt „Diskonto“ weilt, daß
wenige Meter von diesem geräusch¬
vollen Platz entfernt eine Schar flei¬
ßiger Frauen und Mädchen damit be¬
schäftigt sind, die so dringend be¬
nötigte Berufs- und Arbeitskleidung
herzustellen. Sechzig fleißige und
gechickte Arbeiterinnen bedienen
unermüdlich die Nähmaschinen und
nähen Arbeitsanzüge, die morgen
unsere Berg- und Hüttenmänner bei
ihrer harten Arbeit kleiden werden.
In anstrengender Arbeit geben die
Büglerinnen den Kleidern ihren letz¬
ten Schliff.
Seit 1921 beschäftigte diese Fabrik
in normalen Zeiten 130 Arbeiterinnen
mit der Anfertigung von Berufs- und
Arbeitskleidung. Fliegerangriffe rich¬
teten schweren Schaden in der Fabrik
an. Dreimal wurde sie teilweise zer¬
stört, dreimal haben die Betriebs¬
angehörigen sie wieder instandge¬
setzt, bis der große Angriff die Be¬
triebswerkstätte und den Zuschneide¬
raum zerstörte, 60 Maschinen und den
modernen Bandbetrieb vernichtete.
Außer dem Lagerraum und dem
Aufenthaltsraum blieb kein Ge¬
bäudeteil mehr ganz. Diese beiden
Räume dienen Jetzt als Werkslätte
und Arbeitsraum, angefüllt mit Näh¬
maschinen, die von -Ausweichlagern
berbeigeschafft wurden und jetzt
wieder von fleißigen Frauenhänden
bedient, mithelfen am Aufbau einer
friedlichen Welt.
Einer erfreulichen Mitteilung zu¬
folge bestehen Aussichten, daß in
kürzester Zeit die Lage in der Be¬
kleidungs-Industrie sich erheblich
bessern wird, da größere Kontingente
für Berufskleidung freigegeben wer¬
den. Der Anlauf der südwürttem-
bergischen Tuchfabriken sowie der
Anlauf der Waderner Tuchfabrik
berechtigen zu der Hoffnung, daß
auch diese Industrie wieder zur Gel¬
tung kommt und die Bevölkerung
mit den dringend benötigten Erzeug¬
nissen versorgt wird.
Beschäftigt diese Fabrik sich nur
ausschließlich mit Berufskleidung, so
ist- eine zweite von uns besuchte
Kleiderfabrik auf Umarbeitung von
Altstoffen eingestellt. Kinderkleider,
Mäntel, Anzüge, Schürzen werden
hier angefertigt oder umgearbeitet.
Aus Decken werden warme Mäntel
und viele andere nützliche Dinge
hergeslellt.
Die Löhne in der Bekleidungs¬
industrie bedürfen einer gründlichen
Revision, denn sie entsprechen
keineswegs der Leistung. Viele
Frauen, die heute gezwungen sind,
einen Beruf zu ergreifen, finden in
dieser Industrie ihren Wirkungskreis
und Lebensunterhalt. Ihnen muß in
Zukunft ein ausreichender Lebens¬
standard gesichert werden. Künftige
Tarifverhandlungen müssen diese
Arbeit berücksichtigen. Auch halten
wir es nicht für gerecht und sozial,
wenn die Wirtschaftsämter einiger
Gemeinden den Arbeiterinnen keinen
Bezugschein ausstellen für Winter¬
sachen, die sie von • der Fabrik er¬
halten, oder daß man der Büglerin
die Lebensmittelzulage verweigert,
die man ihren männlichen Kollegen,
der dieselbe Arbeit verrichtet, zuer¬
kennt.
Friedliche Aufbauarbeit, soziale
Gerechtigkeit und anständige Lebens¬
und Arbeitsbedingungen werden der
Bekleidungs-Industrie wieder die be¬
deutende Rolle zurückgeben, die sie
in der saarländischen Industrie inne¬
hatte, zum Wohle der arbeitenden
Bevölkerung.
Ans Betrieben und Verbänden
Zu einer Gründungsversammlung
der Orlsgrup[>e Schaffhausen des
Industrieverbandes Bergbau der Ein¬
heitsgewerkschaft versammelten sich
aktive und inaktive Bergleute am
25. August 1946,
Kollege Comtesse eröffnete die
Versammlung und gab zunächst
seiner Freude über den zahlreichen
Besuch Ausdruck. Den anwesenden
Pensionären teilte er mit, daß in
allernächster Zeit auch sie gewerk¬
schaftlich erfaßt werden.
Die aktiven Kollegen wählten in
geheimer Wahl mit dem Stimmzettel
den Vorstand der Ortsgruppe. Ge¬
wählt wurde Kollege Comtesse als
Leiter der Ortsgruppe, als der Orga¬
nisator Kollege Zang, für die Kas¬
sengeschäfte Kollege Barbier, für
Schulungsarbeit Kollege Ahr, für
sozialpolitische Fragen Kolleg«
Schmitt. ^
Die Belegschaft der Grube Hirsch¬
bach hatte eine rapide Aufwärtsent¬
wicklung zu verzeichnen. Die aus
der Gefangenschaft zurückgekehrten
Kameraden gliedern sich planmäßig
in den Produktionsprozeß ein.
Schwieriger gestaltet sich die Ein¬
gliederung der Neu-Bergleute aus
fremden Berufen und die Anwen¬
dung einer anderen Abbaumethode,
die sich zum Schaden der Bergleute
auswirkt. Es ist ein unabdingbares
Gesetz, vor allem im Bergbau, daß
die besonderen Umstände und die
außergewöhnlichen Verhältnisse un¬
ter denen der Bergmann seine Arbeit
leisten muß, sich auch in einer an¬
gemessenen Lohneinstufung nieder-
schlagen müssen.
Saargrubenverwaltung»
Von den im Bereich der Saargrubon-
ver wallung beschäftigten Kriegs¬
beschädigten wird darüber Klage
geführt, daß ihnen für die Tage, an
denen sie durch die Folgen ihrer
Kriegsbeschädigung auf ihror Ar¬
beitsstelle fehlen, die Zusatzrationen
an Lebensmitteln und Rauchwaren
entzogen werden. .Das Fehlen dieser
Kriegsbeschädigten ist darauf zu-
riiekzuführen, daß sie zur Erlan¬
gung der nötigen ärztlichen Behand¬
lung und orthopädischen Versor¬
gung von Zeit zu Zeit bei den dafür
bestimmton Stellen vorsprechen
müssen.' Andererseits müssen manche
Kriegsbeschädigte auf Grund ihrer
Beschädigung (Wundlaufen des
Stumpfes bei Amputiorton usw.) von
Zeit zu Zeit ein oder zwei Ruhetag«
oinlegon, um sich erwerbsfähig zu
halten. Wir richten an diesor Stelle
die Bitte an die Saai-grubenVer¬
waltung, den in Betracht kommen¬
den Kriegsbeschädigten bei Nach¬
weis, daß ihr Fehlen mit den Folgen
dor Beschädigung zusammenhängt,
die Lebensmittel- und Tabakrationen
in voller flöhe zu gewähren.
Urlaubsregelung für die
Kri egs beschädigten. Nach
der Verordnung des Regierungsprä¬
sidenten beträgt der llöchsturlaub
für Arbeitnehmer der Reichsbahn
und der Reichspost 16 Arbeitstage.
Für Kriegsbeschädigte ist ein zu¬
sätzlicher Urlaub von drei bis sechs
Tagen, je nach dem Grad der Be¬
schädigung, vorgesehen. Die Ver¬
ordnung wird jedoch von der
Reichsbahn und der Reichspost so
daß diesor zusätzliche
Urlaub nur dann gegeben wird, wenn
der llöchsturlaub von 16 Tagen nicht
erreicht ist. Hat der Kriegsbeschä¬
digte sowieso schon auf Grund
seiner Dienstjahre Anspruch auf
16 Tage Urlaub, dann wird ein zu¬
sätzlicher Urlaub nicht gewährt. Wir
halten eine solche Auslegung der
Vorschriften für nicht im Sinne dor
Verordnung liegend und bitten die
zuständigen Stellen der Reichsbahn
und der Roirhspost, den Zusatz¬
urlaub unbeschadet der sich aus der
Dienstzeit ergebenden Urlaubsdauer
zu gewähren.
Kriegsopfersiedlung. Dio
von Kriegsbeschädigten und Hinter¬
bliebenen erstellten Häuser in Saar¬
brücken 2, Walter-Rathenau-Slraße,
sind zum Teil durch Kriegseinwir¬
kung zerstört oder beschädigt. Diese
Häuser wurden noch vor Hitler von
Kriegsbeschädigten des ersten Welt¬
krieges mit Hilfe dor Kapitalabfin¬
dung aus ihren Rentenbezügen und
Hypotheken der Stadtsparkasse er¬
baut. Zum Teil sind dieso Häuser
nur im oberen Geschoß zerstört oder
beschädigt und könnten mit relativ
geringen Mitteln wüeder instand ge¬
setzt werden. Wenn diese Instand¬
setzung nicht vor Einbruch des
Winters erfolgt, besteht die Gefahr,
daß die Häuser durch die Witte¬
rungseinflüsse des dritten Winters
nicht mehr wicdorgutzumachende
Schäden erleiden. Zum anderen wer¬
den die Kriegsbeschädigten und
Hinterbliebenen nicht mehr in der
Lage soin, ihren finanziellen Ver¬
pflichtungen gegenüber der Stadt-
sparkasse nachkommen zu können,
weil sie einen Mietenausfall da¬
durch erleiden, daß dio oberen Ge¬
schosse der Häuser nicht bewohn¬
bar sind. Wir bitton die Stadtver¬
waltung, die erforderlichen Ma߬
nahmen zu treffen, um den in Bo-
tracht kommenden Opfern des Krie¬
ges zu helfen.
Lungenheilstätte M e r z i g.
Von Kriegsbeschädigten, die in dor
Lungenheilstätte Herzig unterge¬
bracht sind, wird über dio Verpfle¬
gung Klage geführt. Nn< h dem Ver¬
pflegungssatz sollen den Lungen¬
kranken folgende Lebensmittel täg¬
lich zustehen: Brot 300 gr„ Fleisch
51,67 gr., Butter 44,33 gr„ Käse 20 gr-,
Milch V* Liter, Kartoffeln 100 gr.
Nach den Angaben der Kranken or¬
balten sie täglich: 4 Schnitt© Brot,
Fleisch dreimal in der Woche, etwa
jo 50 bis 60 gr., Butter 20 gr. täg¬
lich, Milch nur V* Liter. Nach An¬
gabe der Küche werden 24,33 gr.
Butter täglich für die Essenzuberei¬
tung verwendet. Wir halten es für
erforderlich, daß die Klagen der
Lungenkranken nachgeprüft wer¬
den.
Gesetz Nr. 52. Die Reichsbank¬
stelle Saarbrücken hat durch Rund¬
schreiben vom 23- April 1046 mit¬
geteilt, daß die bei Durchführung
des Gesetzes Nr. 52 verhängte Sperre
des Vermögens von Dienstgraden
der gewöhnlichen SA lediglich vom
Rang des Sturmführers aufwärts
an zu wenden ist. Die Inhaber gerin¬
gerer Dienstgrade sind von der
Sperre befreit, soweit sie nicht auf
Grund einer anderen Funktion in
dor NSDAP oder deren Gliederun¬
gen von Spermaßnahmen betroffen
werden. , ,t
Soziale Mitteilungen
ausgelegt,