Full text: 1946 (0001)

К SAAR-BERGBAU К 
Die übertage- 
Belegschaf) 
Es hat schon seine Richtigkeit, daß 
Jeder, der im Bergbau beschäftigt ist, 
sich Bergmann nennt. Mag er nun 
auf der Bergehalde oder in der 
Schlosserei arbeiten, Fördermaschi¬ 
nist oder Bürogehilfe sein, am Lese¬ 
band stehen oder als Wächter die 
Grube „hüten“, immer ist er Berg¬ 
mann. Freit der Jungkamerad ein 
Mädchen, dann sagt er seiner Hol¬ 
den, daß er Bergmann ist, auch 
wenn er in der Lampenkaue sich 
um die Füllung der Lampen bemüht 
oder auf dem Holzplatz arbeitet. 
Wenn ein Außenseiter sich aber als 
Fachsimpel anders benennt, dann 
muß er kübelweise den Spoit über 
sich ergehen lassen. Diese Einheit¬ 
lichkeit in der Berufsbezeichnung ist 
der Ausdruck der Verbundenheit 
aller im Bergbau Beschäftigten. Das 
war im Bergbau noch immer so ge¬ 
wesen. 
Diese Tradition findet ihre Erklä¬ 
rung zunächst in der Laufbahn des 
Bergmannes. Als Jungknappe durch¬ 
läuft er alle Arbeitssparten von 
Uebertage bis zu seiner Grubenein¬ 
fahrt. Nach Unfällen oder Berufs¬ 
krankheiten in der Grube kehrt er 
zeitweise oder dauernd wieder nach 
Uebertage zurück. Zum andern ist 
die Berufsbezeichnung in der Be¬ 
triebstechnik der bergmännischen 
Uebertage-Tatigkeit verankert. Zwar 
zeigt sich der Bergbau am augen¬ 
scheinlichsten beim Kohlenhauer 
unter Tage. Er arbeitet am „Stoß“ 
und gehört zum „Stoßtrupp“ der 
Kohlenschlacht. Der Uebertage- 
arbeiter ist der letzte, der seinen 
Vorrang nicht anerkennt, stand er 
doch mèislens selber im Stoßtrupp 
und arbeitet jetzt als Invalide am 
Leseband, wo er seine bergmännische 
Tätigkeit begonnen hat. Die Kohlen¬ 
gewinnung ist aber entscheidend /on 
betriebstechnischen Vorgängen ab¬ 
hängig, die sich „Uebertage" voll¬ 
ziehen. 
Dieses Ineinandergreifen einer 
Vielzahl vor) Arbeitsleistungen ist 
an sich nichts Ungewöhnliches. Die 
moderne Industrie hat diese Arbeits¬ 
teilung entwickelt. Sie ist auch dem 
Bergbau eigentümlich und doch 
unterscheidet er sich darin wesent¬ 
lich von anderen Produktionszweigen. 
Der Mann am Fließband in einer 
Fabrik leistet tagein, tagaus die 
gleiche Arbeit, und der Erfolg läßt 
sich im voraus schon errechnen. 
Anders ist es im Bergbau. 
Die organisierten Bergarbeiter 
unter und über Tage sind genügend 
geschult, um zu wissen, daß nur die 
Steigerung der Kohlenförderung eine 
Normalisierung des Wirtschafts¬ 
lebens gewährleisten kann. Die 
Kohle ist die entscheidende Voraus¬ 
setzung des Wiederaufbaues. Als 
Gewerkschaft aber sind wir ver¬ 
pflichtet, auf Mängel und Schwächen 
aufmerksam zu machen, die geeignet 
sind, die Kohlengewinnung zu ge¬ 
fährden. Diese Gefahr besteht in 
der allzugroßen unterschiedlichen 
Bewertung von Unter- und Ueber- 
tage-Leuten durch die. Verwaltung 
der Saargruben. 
Die Arbeit des Uebertage-Berg- 
mannes auf den Saargruben ist 
schon von den Nazis unterbewertet 
worden. Am härtesten wurden da¬ 
von die Handwerker und Maschi¬ 
nisten betroffen. Die Folge war ein 
Abgang bester Handwerker und auch 
anderer Facharbeiter. So ist auch 
heute noch beispielsweise die Ueber- 
tage-Belegscbaft von der Zurücker¬ 
stattung eines Teiles des Fahrgeldes 
ausgeschlossen. Wenn auch ein Ab- 
ßang von Arbeitskräften gegenwärtig 
Aicht in Frage kommt, so bleiben 
doch Arbeitsunlust und Interessen- 
losigkeit nicht aus. Erhält die Unter- 
tage-Belegschaft eine größere Menge 
Wein, und Uebertage wird in diese 
Zuteilung nicht einbezogen, dann 
darf man gewiß keine gesteigerte 
Arbeitsfreude erwarten. Das gleiche 
gilt von der Familienzusatzverpfle¬ 
gung, die dem Uebertage-Arbeiter 
versagt bleibt. Am allerwenigsten 
aber hat für diese unterschiedliche 
Behandlung die Bergmannsfrau Ver¬ 
ständnis. 
Die Beurteilung dieser Fragen muß 
den Bergbau als ein Ganzes be¬ 
trachten und berücksichtigen, daß 
die im Bergbau beschäftigten Ar¬ 
beiter betriebstechnisch aufeinander 
angewiesen und eingespielt sind. Die 
Leistung des einen ist die Leistung 
des anderen wert und sollte darum 
nicht Gegenstand einer unterschied¬ 
lichen Behandlung sein. Diese aber 
ist für das Zusammenleben in den 
Bergmannsdörfern nicht förderlich 
und beeinträchtigt wesentlich die 
bergmännische Arbeitsleistung in 
ihrer Gesamtheit. 
Alois Schmitt. 
Die Neu-Bergteute 
int Saarbergbau 
Die hohe wirtschaftliche Bedeu¬ 
tung der Kohle für den Wiederauf¬ 
bau und die Wiedergutmachung 
brachte es mit sich, daß Tausende 
aus anderen Berufen freigewordene 
Arbeitskräfte dem Saarbergbau so¬ 
wie anderen Bergbaubezirken zuge- 
führt werden mußten. Die Kräfte¬ 
anforderungen für den Bergbau 
halten weiter an, damit der Vor¬ 
kriegsstand der Belegschaftszifler 
erreicht bzw. noch erhöht wird. 
Die überalterte Belegschaft der ge¬ 
lernten Bergleute mußte durch junge, 
kräftige Leute erneuert werden. Aus 
fast sämtlichen Berufen rekrutieren 
sich heute die Neuberg männer. 
Sie bringen oft auch handwerkliche 
Fähigkeiten für den Grubenbetrieb 
mit, so z. B. als Schreiner, Schmiede, 
Dreher, Schlosser usw. 
Unter den berufsfremden Berg¬ 
leuten sind ehrlich denkende Kame¬ 
raden, die gewillt sind, sich für die 
Zukunft einen wirklichen Beruf zu 
sichern, wobei ihnen gleichzeitig die 
derzeitigen Vergünstigungen des 
Bergmannes sehr 2ustatlen kommen. 
Andererseits befinden sich aber auch 
unter ihnen viele, die nur konjunk¬ 
turmäßig Bergmann geworden sind, 
um die gegenwärtigen Vorteile wahr¬ 
zunehmen. aber jegliche Arbeits¬ 
freude vermissen lassen. Der Pro¬ 
zentsatz der Fehlschichten entfällt 
größtenteils auf die Berufsfremden 
und bedeutet daher einen Ausfall 
der Produktion. Diesen möchte ich 
nur den guten Rat geben, entweder 
die nötige Arbeitsfreude und Ar¬ 
beitseifer zu zeigen oder aber dem 
Bergmannsberuf fernzubleiben. 
Der Kameradschaftsgeist ist eine 
wichtige Voraussetzung für alle im 
Bergbau schaffenden Menschen und 
bedingt in erster Linie Arbeitsfreude 
sowie einen starken Willen zur Lei¬ 
stung. Interesselosigkeit mindert 
die Leistung, bedingt Gefahren und 
erhöht die Zahl der Unfälle. 
Ein Faktor von ganz besonderer 
Bedeutung ist die Arbeitsdisziplin, 
auf die der Bergbau nun einmal 
nicht verzichten kann. 
Die Neu bergmänner müssen 
sich erst einmal daran gewöhnen, 
um so allmählich in den Arbeits¬ 
rhythmus hineinzuwachsen. Erinnert 
sei auch gleichzeitig an die Betriebs¬ 
ordnung, die pünktliche Einhaltung 
der Arbeitszeit vorschreibt und ge¬ 
naue Beachtung aller sonstigen Be¬ 
stimmungen fordert. Der Arbeits¬ 
rhythmus im Bergbau, der durch die 
maschinellen Gewinnungs- und För¬ 
dermittel bestimmt wird, verlangt 
von jedem Bergmann schärfste Kon¬ 
zentration seiner Sinne bei der Aus¬ 
übung der jeweils übernommenen 
Arbeiten. 
Dem eifrigen und arbeitsfreudigen 
Neubergmann werden die Auf¬ 
stiegsmöglichkeiten nicht verschlos¬ 
sen bleiben. Je nach Fähigkeiten 
und Anlage wird er als gleichwer¬ 
tiger, selbständiger Arbeitskamerad 
aufrücken und in den Genuß eines 
100 °/#igen Lohnanteils aus dem Ge¬ 
dinge (Akkord) treten. Energie und 
Selbstvertrauen jedoch sind uner¬ 
läßliche Voraussetzungen für Lei¬ 
stung und Lohn. In diesem Zusam¬ 
menhang sei darauf hingewieseri, 
daß der Besuch der bergmännischen 
Berufsschulen den Zugang zur Lauf¬ 
bahn als Steiger, Fahr- und Ober¬ 
steiger im Bergbau öffnet. 
Der Industrieverband Bergbau der 
Einheitsgewerkschaft hat als Berufs¬ 
vertretung aller im Saarbergbau 
Schaffenden darüber zu wachen, daß 
in sozialer Hinsicht alles für die 
Saarbergleute getan wird, um die 
KAMERADEN! 
Der Verband ruft Euch! 
Werbt für ihn! 
Wir alle wissen heule, daß der Hitler-Faschismus mit der Walle des 
Generalstreikes hätte getroffen werden können. Aber diese Waffe war 
stumpf, denn die Arbeitnehmerschaft hatte ihre Zersplitterung nicht. 
überwinden können. 
Die blutigen Ereignisse dieser schmachvollen Vergangenheit haben 
die Schaffenden einer opfervollen Lehre unterzogen. Ihr Erfolg ist die 
gewerkschaftliche Einheit. Der Zusammenschluß der früheren 
Gewcrkschaftsrichtungen allein genügt jedoch nicht. Zur wirkungsvollen 
Einheit bedarf es der restlosen Erlassung aller in den Betrieben Be¬ 
schäftigten. 
Ais die Obmänner der einzelnen Schachtanlagen vor einem Jahr Listen 
zur Einzeichnung als Mitglied des Industrieverbandes Bergbau auflegten, 
da bedurfte es keiner Werbung. Die alten Gewerkschaftler kamen von 
selbst. Gewerkschaftlich organisiert zu sein war für sie eine Selbstver¬ 
ständlichkeit. Der Industrieverband Bergbau wurde gegründet, geneh¬ 
migt und kann sich heute auf sehr beachtliche gewerkschaftliche Erlolge 
berufen. Sie waren Werbung genug, um Tausende im Saar-Bergbau zu 
bewegen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. 
Heute gilt es nun auch den letzten Kameraden zu erfassen und ihn 
von der Notwendigkeit seines Beitrittes zur Gewerkschaft zu überzeugen. 
Denn ihr sind heute Aufgaben zugewiesen, die ein Höchstmaß an Schlag¬ 
kraft und Tatbereitschaft fordern. Die Gewerkschaften haben cs über¬ 
nommen, sich führend am Aufbau einer demokratischen Wirtschaft und 
Gesellschaftsordnung zu beteiligen und ihre bewährten Organisationen 
dafür einzusetzen. Der Erfolg dieser Arbeit aber hängt ebenso von der 
Geschlossenheit der Werktätigen ab, wie er entscheidend bestimmt wird 
von der Masse aller Schaffenden, die in den Verbänden organisiert ist. 
Kollegen! Dem Bergbau kommt als Schlüsselindustrie im Rahmen 
des Wiederaufbaues überragende Bedeutung zu. Sie fordert von uns 
äußerste Pflichterfüllung, von der gewerkschaftlichen Arbeit aber jenes 
Maß umfassender Betreuung und Interessenvertretung, die uns befähigen 
sollen, den Anforderungen der Gegenwart gerecht zu werden. Dazu be¬ 
darf der Verband des uneingeschränkten Rückhaltes in der Arbeiter¬ 
schaft des Bergbaues. In den französischen Gruben haben sich unsere 
Kameraden Arbeitsbedingungen geschaffen, für die zu kämpfen es sich 
lohnt. Sie sollen uns Vorbild sein. 
Die Verbandsleitung des Industrieverbandes Bergbau ruft für die 
Zeit vom 
15. Oktober bis 1. Dezember 1946 
zu einer umfassenden und in alle Einzelheiten vorbereiteten 
Mitglied er Werbung 
auf. Die Wirkung und der Erfolg dieser Aktion hängt entscheidend von 
der Planmäßigkeit ab, mit der Sektionen und Ortsgruppen die Arbeit 
beginnen. Schon in der untersten Stufe der Organisation muß die Werbe¬ 
arbeit des Verbandes wirksam werden und ihr Gewicht auf die Einzel¬ 
werbung legen. Sie soll über den Betrieb hinausgreifen und jedes Haus 
erfassen. Hierzu aber bedarf es des Einsatzes aller Verbandsmitglieder. 
Tretet an die Seite der Funktionäre und helft ihnen diesen ersten 
großen Werbefeldzug unseres Verbandes zu gewinnen. Er steht unter 
dem Leitwort: 
„Auch der letzte Kumpel gehört zu uns!“ 
Denn er ist es, der unsere Einheit und Geschlossenheit vollendet. 
Darum Kameraden, seid Euch der hohen Bedeutung dieser Kampagne 
bewußt. Sie soll zeigen, daß der alte Geist bergmännischer Solidarität 
noch lebt und auch in den Jungen lebendig geworden ist. 
Beweist, daß Ihr zu überzeugen versieht. Jeder Einzelerfolg ist ein 
Baustein mehr im Maehtgebäude unserer Organisation. Befolgt die An¬ 
weisungen der Sektions- und Ortsgruppenleitungen! Sammelt die An¬ 
schriften der unorganisierten Kameraden! Wählt mit Bedacht und Ueber- 
legung Eure Werbetage; geht planmäßig vor und verteilt Eure Arbeit 
auf kleine Agitationsbezirke!. Laßt die Verbandserfolge sprechen, nehmt 
die Gewerkschaftsleitung zur Hilfe und appelliert an das Klassen- und 
S.tandesbewußtsein! Ringt um jeden Einzelnen! Die Kleinarbeit der 
Agitation wird ausschlaggebend sein. 
Je geschlossener unsere Reihen sind, und je einmütiger der Wille zur 
gemeinsamen Vertretung unserer Interessen zum Ausdruck kommt, umso 
stärker werden Kraft und Ansehen unseres Verbandes sein, dessen Wirk¬ 
samkeit in sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen unseres 
Berufslebens ausschlaggebend von der Bereitschaft und Mitarbeit aller 
Kameraden bestimmt wird. 
Helft darum alle mit, die Mitgliederwerbung zu einem überzeugenden 
Beweis des Kameradschafts- und Solidaritätsbewußtsein der saarlän¬ 
dischen Bergleute zu gestalten. 
Die Verbau dsleitung.
	        
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