in
der G ewerJcsdiaft
Gleicher Lohn
fü r gleiche Arbeit
Von Ilse G e s c h k e
Wir wollen hier nicht 50 Jahre
zurüekgreifen, sondern wir wollen
von der Zeit sprechen, in der wir
alle gelebt haben und noch leben.
Als erstes kurz einige Worte über
die Stellung der Frau in der Gesell¬
schaft wahrend der Hitlerherrschaft.
Was hat Hitler versprochen? Er hat
es verstanden, die Frauen dadurch
anzuziehen, daß er Arbeit versprach,
den Kindern eine bessere und glück-
iichere Zukunft, jeder Familie ein
auskömmliches Leben und der¬
gleichen mehr. Mehr oder weniger
hat es jede Frau an sich selbst er¬
fahren, was es mit diesen Ver¬
sprechungen auf sich hatte. „Zurück,
in die Familie“ oder „Die Frau ge¬
hört an den Kochtopf“ waren die
Parolen der ersten ,.Macht“-Jahre.
Die mühsam errungene Gleichstel¬
lung der Frau wurde von dem Fa¬
schismus mit einem Schlage ausge¬
löscht. Die Frauen sollten nur ihren
Haushalt führen und recht viel Kin¬
der gebären. Wie gut hat man es
verstanden, in Zeitschriften und
Reden die Mutter zu ehren. Wie sah
es aber wirklich aus? Schon mit
10 Jahren mußte das Kind in die
N HJ. und diese übernahm dann die
Erziehung. Man hat der Mutter da¬
mit jedes Recht über ihre Kinder
genommen.
Dann kam der Krieg. Die Mütter
mußten ihre Kinder und die Frauen
ihre Männer hergeben. Aber nicht
allein genug damit. Plötzlich gehörte
die Frau nicht mehr an den Koch¬
topf und war wieder eine begehrte
Arbeitskraft in den Betrieben. Ja,
die Frauen mußten sogar die Waffen
hersteilen, die sie ihrer Männer und
Söhne beraubten. Die Heimatliebe,
die jeder Mensch und vielleicht, be¬
sonders die Frau empfindet, wurde
durch falsche Propaganda der Nazis
dazu mißbraucht, viele Frauen zu
bewegen, ihre Kinder mit Stolz und
Begeisterung hinausziehen zu lassen.
Sie glaubten, der Krieg muß sein,
um unsere Heimat zu schützen. Und
dann kam doch trotz allem dieser
große und fürchterliche Zusammen¬
bruch.
schafllichen Bewegung diese gerechte
Forderung zu erkämpfen haben.
Wichtig ist daher die Schaffung
eines Frauenschutzgesetzes und eines
besonderen Schutzes für die berufs-
_tätigen und werdenden Mütter.
~ Nicht minder wichtig ist auch die
Erziehungsfrage der Jugend. Die
beiten, um ihre Familie zu ernähren. Frau muß mitbestimmen dürfen, wer
Es ist daher selbstverständlich, daß ihre Kinder erzieht und was ihre
die Frauen in der zukünftigen Wirt- Kinder lernen sollen. Sie muß freie
Heute ist man dabei, etwas neues Schaft seinen,ganz anderen Platz ein- Entfaltungs- und Entwicklungsmög-
zu bauen und es in der Demokratie nehmen müssen, als es in der Ver- iiehkeiten erhalten und sich aller
zu verwirklichen. Noch haben wir fiungenheit der Fall war. Man muß Bildungsmittel, die zur Verfügung
sie nicht, wie so viele Menschen an- Fetten in der Wirtschaft sowie stehen, bedienen können. Sie nimmt
nehmen und sie deshalb aus einer im gesamten öffentlichen Leben als ebenso das Mitbestimmungsrecht in
falsch verstandenen Kritik heraus Sl^irhberechtigt behandeln und ihnen der Wirtschaft in Anspruch, wie sie
verurteilen. Wir sind erst dabei, sie auc^ die Möglichkeit geben, ihre an der Planung der Produktion und
aufzubauen. Nun liegt es aber auch Rechte zu vertreten. Bei den kom- der Verteilung der Güter witwirken
an uns Frauen, bei diesem Aufbau memden Betriebsrätewahlen ist es will.
für die Frauen von entscheidender Voraussetzung zur Erfüllung dieser
Bedeutung, daß sie neben dem Mann Forderungen ist. der organisatorische
in den Betriebsräten vertreten sind. Zusammenschluß aller weiblichen
Kräfte der schaffenden Wirtschaft in
Die Gleichstellung der Frau im den Einheitsgewerkschaften. Sie sind
wirtschaftlichen und im öffentlichen berufen, durch das Gewicht ihres
Leben hängt in erster Linie von uns sozialen und wirtschaftlichen Ein-
Frauen selbst ab. Wir müssen zu flusses den Frauen das Recht der
der Erkenntnis kommen, daß wir Gleichstellung in der modernen
durch den Zusammenschluß der demokratischen Gesellschaft, zu er-
Frauen in einer starken gewerk- kämpfen und zu sichern.
mitzuhelfen und auf diese Art eine
wahre Demokratie zu schaffen, in
der wir Frauen als gleichberechtigte
Mitglieder der Gesellschaft behandelt
werden. Wir Frauen wollen teil¬
nehmen am gewerkschaftlichen, kul¬
turellen und politischen Leben. Bis¬
her war man der Auffassung, daß
die Politik Angelegenheit der Män¬
ner sei. Die Frauen wurden nicht
für befugt betrachtet, sich an der
Politik zu beteiligen. Hätten die
Frauen sich schon früher aktiv in
die Politik eingeschaltet, dann wäre
es vielleicht nicht zu diesem
fürchterlichen Krieg gekommen. Ans
dieser Erkenntnis heraus wird es
Ttciüzn sind, b-iltiqe Ac&eitskcäfte
Wer von uns Frauen kennt nicht die
notwendig sein, daß wir Frauen uns Firma BBC: Brown, Boveri & Cie ?
ernstlich mit allen politischen Pro- Jeder Frau ist. es bekannt, daß BBC
blemen beschäftigen und uns an der schon seit jeher, besonders während
politischen Arbeit beteiligen müssen, der Zeit der Hitler - Herrschaft, die
, schlechtesten Löhne bezahlt hat. —
Ist es denn nicht eine große Un- Muß das heute noch sein? — Es ist
gerechtigkeit, die Frau für die Tatsache, daß die dort vorwiegend
gleiche Arbeit schlechter zu ent- beschäftigten jugendlichen Arbeiter-
lohnen als den Mann? Kein gerecht innen Akkordarbeit verrichten und
denkender Mensch kann sich der
Forderung der Frauen auf Gleich¬
stellung in der Lohnfrage wider¬
setzen. Es liegt an uns Frauen, lat-
die Bezahlung 20 und 30 °/o unter
den Sätzen der männlichen Arbeiter
liegt. Ist es schon eine große Un¬
gerechtigkeit, daß bei gleicher Lei¬
kräftig gegen diese Mißstände anzu- S(ung eine Arbeiterin schlechter be¬
kämpfen und die schon seit 57 Jah- zahlt wird, so bestreitet man ihr
noch zu alledem das Recht auf Zu¬
satzkarten. die den Männern bei der
gleichen Arbeit zugestanden werden.
In der Bereitstellung von Arbeits¬
kleidung liegen die Verhältnisse ähn-
ren von den Gewerkschaften er¬
hobene Forderung: „Gleicher Lohn
für gleiche Arbeit“ zu verwiik-
lichen.
Durch den Ausfall von vielen Mil¬
lionen männlicher Arbeitskräfte wird
die Frau in unserer Wirtschaft und -"-~-
insbesondere beim Wiederaufbau _ . r
eine nicht zu unterschätzende Rolle \V/ er Kat untl Hilfe braucht, wende
spielen. Man kann beim Wiederauf- ** sieh an das Frauen - Sekretariat
bau auf die weibliche Arbeitskraft tjer Einheitsgewerkschaft der Arbei-
nicht verzichten. Dazu kommt, daß , . . . , . „
„ „ ... ’ . ter, Angestellten und Beamten, Saar-
wir einen großen Frauenüberschuß
haben und viele Kriegerswitwen für brücken 3, Brauerstraße 6-8, Telefon
die Zukunft gezwungen sind, zu ar- Nr. 2 62 2Ö.
lieh. Es ist an der Zeit, daß auch
die Arbeiterinnen von BBC sich
schnellstens in der Einheitsgewerk¬
schaft organisieren, um hier diese
Mißstände abzustellen.
Zunahme der Frauenarbeit
Nach den Berufszählungen in den
letzten Jahrzehnten ergibt sich für
die Zunahme der Frauenarbeit fol¬
gendes Bild:
Erwerbstätige
Frauen •
in Millionen
in Prozenten d«
Erwerbstätigen
überhaupt
in Prozenten
der weiblichen
Bevölkerung
ersehen, welch eine große Rolle die
Frau im Produktionsprozeß bis 1939
schon spielte, wobei während der
Kriegszeit die Beschäftigungszahl
der Frauen weit über die von 1939
hinausgeht.
1882
1907
1925
T939
5,5
r
9,5
11,5
12.6
28,7
33.7
35,9
39,8
22,1
27,2
35,7
49,9
ihlen
ist eindeutig zu
Der Lehrling
Wer ist Meister?
Der was ersann!
Wer ist Geselle?
Der was kann!
Wer ist Lehrling?
Jedermann!
Im tausendjährigen Reich war der
Lehrling durch seine zwangsläufige
Mitgliedschaft zu HJ bzw. BDM der
elterlichen Gewalt und der Obhut des
Lehrherrn entzogen. Als Angehöriger
dieser Organisationen wurde er
„weltanschaulich ausgerichtet'* und
„militärisch" vorgebüdet. Im Kriege
durchlief er außerdem sogenannte ,,Er-
tiiehtigungstager“ und nahm schlie߬
lich auch noch an den Einsätzen des
Volkssturms teil. Wieviel junge Ka¬
meraden als Krüppel zurückkehrten,
ohne ihre berufliche Ausbildung voll¬
endet zu haben, vermag heute noch
niemand zu sagen. Auch die Lehr¬
linge, die den Krieg ohne körper¬
liche Schäden überslanden haben,
sind heute dem Lehrlingsalter ent¬
wachsen und in vielen Fällen ohne
Gesellenprüfung Die Einheitsgewerk¬
schaften, die alle schaffenden Men¬
schen organisatorisch zu erfassen
versuchen, haben sich der Lehrlings¬
frage besonders angenommen. Sie
haben ihre Vertreter in die Prüfungs¬
kommissionen der Handels- und
Handwerkskammer entsandt und sind
befugt, die Wahrnehmung der Interes¬
sen der Lehrlinge in Streitfällen vor
dem Arbeitsgericht zu vertreten. Die
Einheitsgewerkschaften schützen den
Lehrling vor der Ausbeutung durch
den Lehrherrn und wachen über jeden
Mißbrauch.
Der Lehrvertrag, der das Lehrver¬
hältnis regelt und zwischen Lehr¬
herrn, Lehrling und dessen gesetz¬
lichen Vertretern zum Abschluß
kommt, ist der Ueberprüfung durch
die Einheitsgewerkschaften unterwor¬
fen. Die berufliche Ausbildung, die
darin fcstgelegt wird, ist die vor¬
nehmste Aufgabe der Vertragschlie¬
ßenden. Die Berufsschulpflicht, wird
besonders hervorgehoben und Ur¬
laubsbestimmung und Erziehungsbei¬
hilfen werden im Lehrvertrag rechts¬
gültig anerkannt, ebenso die Dauer
der Lehrzeit. Dem Lehrling gibt der
Lehrvertrag Auskunft über die ihm
obliegenden Pflichten und schafft die
Grundlage des gegenseitigen Ver¬
trauens und der Treue zwischen
einem älteren zur Berufsausbildung
befähigtem und einem jüngeren, ler¬
nenden Berufsangehörigen. Der Lehr¬
herr soll die beruflichen und charak¬
terlichen Eigenschaften des Lehrlings
entwickeln, in ihm die Liebe zu sei¬
nem Beruf wecken und ihn lehren,
seine körperlichen und geistigen
Fähigkeiten zur Anwendung zu brin-
gn. Der Lehrling muß wissen, daß er
Achtung und Treue seinem älteren
Berufserzieher schuldet und vor
allem, daß seine Arbeit nicht nur sich
selbst, sondern darüber hinaus der
Allgemeinheit von Nutzen ist.
Nur der Tüchtige wird sein Ziel
erreichen. Und der Jung-Gewerk-
schaftler soll nicht nur ein guter Ge¬
werkschaftler, sondern in erster Linie
ein guter und tüchtiger Arbeiter sein.
Denn nur durch seine Leistung er¬
ringt er sich das Vertrauen seiner
Kulturnotizen
(AEP) André Maurois, der Verfas¬
ser einer Reihe vielbeachteter Bio¬
graphien und Mitglied der Académie
Française, ist aus den Vereinigten
Staaten, wohin er 1940 geflüchtet war,
nach Frankreich zurückgekehrt. Seine
Haltung in der Emigration wird von
den Schriftstellern der französischen
Widerstandsbewegung einiger Kritik
ausgesetzt.
(AEP) Der nach langjährigem
Aufenthalt in Amerika nach Paris
zurückgekehrte französische Film¬
regisseur René Clair beginnt dem¬
nächst mit den Aufnahmen eines von
Kollegen und macht ihn befähigt, sein
Können weiter zu bilden und in
einem demokratischen Staat die
Stelle zu bekleiden, die er sich durch
Fleiß und Eifer selbst erarbeitet hat.
Darum, junge Kollegen, nützt eure
Lehrzeit, sie ist eine schöne Zeit,
jeder Geselle oder Meister, der etwas
kann, wird euch dieses bestätigen.
Habt ihr aber Nöte oder berufliche
Schwierigkeiten und werdet nicht
fertig damit, dann kommt zu uns Ge¬
werkschaftsfunktionären, wir beraten
und helfen euch gerne. Die Einheits¬
gewerkschaft wird immer ein offenes
Ohr für euch haben. M. HL.
ihm selbst geschriebenen Films „Si¬
lence est d’or" (Schweigen ist Gold).
Er schildert darin das Pariser Leben
um die Jahrhundertwende und insbe¬
sondere die Persönlichkeit des Schöp¬
fers des Zeichentrickfilms, Georges
Méliès.
(ЛЕР) Zu Beginn 1947 wird in der
Schweiz der II. Internationale Kon¬
greß für wissenschaftliche Finne ab¬
gehalten. Die erste internationale
Zusammenkunft dieser Art hatte 1945
in Paris statfgefunden.
(AEP) In Paris ist eine Straße nach
dem im vergangenen Jahr verstorbe¬
nen bedeutenden französischen Lyri¬
ker und Essayisten Paul Valéry um¬
benannt worden.