Glück aui!
Der Jungarbeiter-Kongreß des
Saarbergbaus
In einer stattlichen Anzahl — die
Sitzgelegenheit reichte nicht aus —
versammelten sich Jugendfunktionäre
und Jugenddelegierte des Industrie¬
verbandes Bergbau, am Sonntag, dem
4. August 1946, zu einer Tagung. Diese
Zusammenkunft sollte den Boden ab¬
geben für gewerkschaftliche Jugend¬
arbeit im Saarbergbau. Der Verbands¬
leiter Oskar Müller referierte
über das Thema „Jugendproblem“
und nahm Stellung zu den Fragen:
1. Warum Jugendarbeit?
2 Organisation der Jugendarbeit,
3. Gewerkschaftliche Jugendförde¬
rungen.
Die Tatsache, daß die Jugend eine
streng parteipolitische * Jugendbewe¬
gung ablehnt und diese auch von den
Parteien nicht erstrebt wird, ist für
unsere Arbeit entsche;dend. Eine Ge¬
werkschaftsjugendbewegung muß das
Ideal sein. Aktive Teilnahme der Ju¬
gend an der Gewerkschaftsarbeit mit
der Zielsetzung, eine demokratische
Wirtschafts- und Gesellschaftsord¬
nung zu verwirklichen.
Was eine nicht partei gebundene
Jugendbewegung vermag, zeigt die
Tätigkeit der „Jungen Mädchen
von Frankreich“ mit vielseiti-
den auf Zirkel verteilten Interessen¬
gebieten. Auch der 14. Juli, den das
französische Volk mit größter Begei¬
sterung und Hingabe feierte, hat
unserer Jugend viel zu sagen. War es
doch der Tag, an dem der Freiheit
das Tor aufgestoßen wurde und die
Ewigkeitswerte Freiheit, Gleichheit,
Brüderlichkeit als Ideale der Ge¬
knechteten und Unterdrückten pro¬
klamiert worden sind.
Die Gewerkschaftsjugend, beson¬
ders aber die Jugend im Saarberg¬
bau, müssen eine klare Schau haben
für wirtschaftliche Notwendigkeiten.
Die Welt schreit nach Kohlen. Der
Wiederaufbau ist nur möglich, wenn
Kohlen gefördert werden. Mehr Koh¬
len fördern, bedeutet schnelleres Hin-
einwachsen in normale Verhältnisse.
Alles ist von der Kohle abhängig.
Nicht nur Backsteine, Zement, Eisen
zum Wiederaufbau, sondern auch Le¬
bensmittel. Kleider , und Schuhe. Ver¬
gessen wir auch nicht, daß Dünge¬
mittel aus der Kohle gewonnen wer¬
den und eine bessere Ernte gewähr¬
leisten..
Auf seine Tätigkeit als Bergmann
muß der Berglehrling und Jungknappe
stolz sein. Der Bergmann hat den
Schlüssel des Wiederaufbaues in der
Hand. Seine Tätigkeit verpflichtet
und jeder Tag, der gefeiert wird,
schadet der Wirtschaft. Wenn wir
aber unsere Pflicht tun, dann haben
wir auch ein Recht zu fordern. Und
wir haben Forderungen, auch die Ju¬
gend hat Forderungen. Sie muß aber
selber innerhalb ihrer Gewerkschaft
ihre- Forderungen und Wünsche her¬
aussteilen und dafür kämpfen, selbst¬
verständlich mit Hilfe dör Obmän¬
ner, der Sektions- und Verbands¬
leitung. Daher ist es dringend not¬
wendig, Jugendausschüsse zu
bilden und in den Orten Jugendgrup¬
pen zu gründen. Was gewerkschaft¬
liche Arbeit vermag, zeigt die
Schwerstarbeiterzulage, die für Ju¬
gendliche erreicht wurde.
Wünsche und Forderungen der
Jung-Kameraden zusammenzufassen
war Aufgabe der Aussprache, die
sich durch Gründlichkeit und lebhafte
Teilnahme auszeichnele. Sie hat u. a.
gezeigt, daß der dringend benötigte
bergmännische Nachwuchs gegenwär¬
tig völlig unzulänglich entlohnt wird
und im Interesse seiner Ertüchtigung
einer Aufbesserung bedarf. Ueber-
griffe von noch „preußisch handeln¬
den“ Beamten, wie das Anschnauzen
tvaren Gegenstand der Klagen. Eine
längere Aussprache galt dem Thema /
der Bergschule. Was hier zum Aus- i
druck gebracht wurde, gibt zu tiefer
Besorgnis Anlaß. Wir fühlen uns
verpflichtet, in aller Oeffentlich-
keit auf die mangelnde bergmännische
Tätigkeit angehender Steiger hinzu¬
weisen. Auch ist es ungesund, wenn
Leute, die nie den Weg zum Bergbau
gefunden hätten, heute, nachdem
ihnen die Felle weggeschwommen
sind, zum Bergbau kommen. Wir emp¬
finden es als ungerecht, wenn Abi¬
turienten und entlassene Offiziere den
ausgebildeten Bergleuten den Auf¬
stieg unmöglich machen oder er- |
schweren. Vergessen wir nicht, daß ;
sie, während die andern studierten,
am Leseband standen und 8 Stunden
bergmännische Tätigkeit verrichteten.
Wir klagen anl
Wir klagen an,
die falschen Pädagogen,
Die uns als Lehrer
wurden vorgesteilt.
Die nur zum WafTenhandwerk
uns erzogen.
Ein falsches Bild uns gaben
von der großen Welt.
Die nur vom Heldentum und
von dem Führer sprachen
Und daß der Tod für’s Vaterland
so süß.
Verächtlich nannten sic die
Kranken, Schwachen,
Nur Deutschland sei das wahre
Paradies.
Die uns als halbe Kinder
schon zu „Helden4 machten
Und unterdrückten in uns
jede Menschlichkeit,
Die alles Geist'ge zum Ersterben
brachten
Und gelten ließen
nur die Grausamkeit.
*
So habt ihr uns geformt
und uns erzogen.
Millionen Tote klagen
uns darum als Mörder an.
Doch Ihr? ihr habt schon damals
nur gelogen
Und lügt auch weiter.
Doch wir klagen an!
Seine künftige Arbeit hat der Jung¬
arbeiter-Kongreß in Richtlinien fest¬
gelegt, die wir gesondert herausge¬
stellt haben.
Die Richtlinien des Jugenxl- Kongresses
des Jngend-
1. Einhaitun
Schlitzes,
2. Gleicher Lohn fiir gleiche
A rbeit,
3. Betreuung der Berglehr¬
linge und Jung - Knappen
uml Ueherwaciiung ihrer
Berufsausbildung durch ge¬
werkschaftlich qualifizierte
Kräfte,
J. Umgruppierung der poli¬
tisch belasteten Lehrhäuer
in den Lehrsfolien,
5. Gewerkschaftliche Mitar¬
beit an der Gestaltung des
Lehrplanes und des Lntee-
riehfes an den B e r u f s -
s e h ii len.
6. Ein freier Arbeitstag oder
ein zweiter Sehultag in
der Woehe fiir die Berg¬
lehrlinge unter lt> Jahren,
7. Ausschaltung von aktiven
e!i e m a 1 ige ii Parteigenosse n
und Militaristen als Schüler
der Bergsehule,
8. Geordnete Verhältnisse fiir
Jugendliche, die in Lagern
nntergebraeht sind,
!), Wiedereröffnung der Werks-
liihlinthcken und Beschaf¬
fung bester und fortschritt¬
licher Literatur,
1«.
Förderung
staltung.
der ITrlanbsu-c-
Für die gewerkschaftliche Jugend¬
arbeit im Betrieb werden zur Verfü¬
gung stehen:
1. Ein Jugendobmann, der der Sek¬
tionsleitung angebört.
2. Eine Sprechstunde, die der Re-
triebsobmann und der Jugendob¬
mann gemeinsam durchführen.
, 3. Ein Jugendaktiv, 5 bis 10 der
besten Jungkameraden, die am
Gewerkschaftsleben aktiv teil-
nahmen.
Dem kulturellen Bedürfnis und dem
Fortbildungswillen der Jugend wird
durch Schulungskurse, Literatur und
Bibliotheken Rechnung getragen wer¬
den. Es sind Schulungskurse geplant
und ein Schulungsheim wird zur Ver¬
fügung stehen, das eine zweckmäßige
Weiterbildung gewährleisten soll.
Die Erwartungen, die man der Ta¬
gung entgegenbrachte, haben sich er¬
füllt. Sie hat gezeigt, daß der Nach¬
wuchs im Saarbcrgbnu den gewerk¬
schaftlichen Gedanken erfaßt hat und
bereit ist, in die Spuren seiner Väter
zu treten. Glückauf dieser Jugend!
Sch.
Habt Vertrauen!
Als am 9. November 1918 im Walde
von Compiègne der Waffenstillstand
zwischen Deutschland und den sieg¬
reichen Ententemächten unterzeich¬
net wurde, fand für die damaligen
Zeitbegriffe das blutigste Kapitel der
Weltgeschichte seinen Abschluß. Für
Millionen von Soldaten kam das Ver¬
stummen des Kriegslärms einem Still¬
stand in ihrem bisherigen Leben
gleich. Sie, die noch eben täglich,
stündlich, ja jede Sekunde mit dem
Tode oder mit dem Verlust ihrer Ge¬
sundheit rechnen mußten, sahen aber,
daß auch für sie das Leben weiter
ging. Und als nun die Truppen demo¬
bilisiert wurden, standen sehr viele
von ihnen ratlos diesem neuen Leben
gegenüber. Die meisten von ihnen
waren Jugendliche, Schüler, Lehr¬
linge, Jungarbeiter, die, kaum dem
Knabenalter entwachsen, der blut¬
gierige preußische Militarismus als
Kanonenfutter in die Schlacht gewor¬
fen hatte. Jugendlich in ihrem Le¬
bensalter waren diese jungen Men¬
schen aber innerlich und äußerlich im
Trommelfeuer zu Männern gereiit.
Jugend ohne Jugend. In ihren Augen
spiegelte sich noch das Entsetzliche
der Maleriaischlachten, das Töten und
Töten-sehen, der grausame Augen¬
blick von Verstümmelungen, Jammern
und Eiend. Alles das hatte sie ihre
Jugend vergessen lassen. Sie hatten
keinen Beruf, keinen Gedanken an
eine friedliche Arbeit kennen gelernt,
nur die Front, den Kommiß und die
Waffen. Nun war das alles vorbei
und vor ihnen stand das Leben, der
Alltag, die Notwendigkeit, einen Be¬
ruf zu ergreifen, zu arbeiten.
Sehr viele packten zu und gingen
mit stummer Entschlossenheit ans
Werk. Aber viele fanden keinen Weg
ins Leben. Manche wurden ein Opfer
der Nachkriegszeit, wurden aufge¬
sogen im Schlamme der Großstadt¬
unterwelt, bevölkerten die Land¬
straßen', verbrachten bettelnd und
stehlend ihr Dasein und lullten bald
die Gefängnisse.
Und doch waren viele bereit, wenn
auch zögernd, sich helfen zu lassen,
und da waren es namentlich die Ge¬
werkschaften, die sich dieser jungen
Generation annahmen und sie auf den
rechten Weg wiesen. Viele von ihnen
wurden gute Arbeiter und überzeugte
Gewerkschaftler. Wenn nun die heu¬
tige Jugend vor den gleichen Pro¬
blemen steht, die manchmal noch
trostloser erscheinen, dann können
wir damalige Kriegsjugend nur sagen,
kommt zu uns, laßt euch raten und
helfen, wir kennen eure Depression,
wir haben es selbst erlebt und fanden
damals auch ältere Freunde in den
Gewerkschaften, die unseren Weg ins
Leben erleichtern halfen. Und wenn
wir, die wir heute an unsere gewerk-
Die Kulturabteilung der Einheitsge¬
werkschaft beabsichtigt in der kom¬
menden Spielzeit für die Mitglieder
und deren Angehörige eine Theater¬
gemeinde aufzubauen, die es er¬
möglicht, den Theaterbesuch zu
tragbaren Preisen zu ermöglichen.
Die Theatergemeinde soll denselben
Charakter tragen wie früher die
Volksbühnenvereinigungen.
In der kommenden Spielzeit wer¬
den Opern, Operetten, Schauspiele
und Lustspiele dargeboten. Für die
Mitglieder der Theatergemeinde ist
eine Jahresmiete für acht Vorstel¬
lungen vorgesehen, die diese Theater¬
darbietungen einschließen. Jeden
Monat kann das Mitglied eine
Theatervorstellung besuchen. Der
Preis belrägt RM. 21.— und ist zahl¬
bar in 3 Raten a RM. 7,—. Die erste
schaftliche Kraft glauben, euren Gang
in das alltägliche Lehen unterstützen
können, so tun wir das schon aus
Dankbarkeit den alten Freunden zu
lieb, die auch damals uns halfen, den
Kampf ums tägliche Brot in ehrlicher
Arbeit zu beginnen. M. Hs.
Rate ist beim Erhalt der Teilneh¬
merkarte fällig, die zweite am 1 De¬
zember und die dritte am 1. Februar
1947.
Die Miete 1 berechtigt zum Besuch
am Sonntagnachmitlag, die Mieten
2, 3, und 4 sind für die,, Montag¬
abendvorstellungen vorgesehen.
Wer Mitglied der Theatergemeinde
werden will, wende sich bitte an die
Gewerkschaftsbüros Cecilienstr. 11
und Brauerstr. 6— 8, an die Betriebs¬
obleute in den Betrieben oder an die
Kreisbüros der Einheitsgewerkschaft
in Saarlouis, Alte Braijerstr. 3, St.
Ingbert, Kaiserstr. 43, Völklingen,
Poststr. 27, Homburg, Danisstr. 1,
Merzig, Triererstr. 91 und Wiebels¬
kirchen Gewerkschaftsbüro, Ecke
Luisenstr.
Unsere Kulturarbeit