Full text: Evangelisches Wochenblatt (28.1901)

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—1989 . 2 
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2421 Dostverzeichnis 
Xr. 7. Saarbrücken den 17. Februar 
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Gebuühr pro 3 spaltige Zeile 20 ). Auflage 6800. 
590. 
— * Die Salbung von Bethanien. 8— 
Naßet sie in Frieden! kümmert nicht dies Weib, 
Weil sie noch hienieden salbte meinen Leib! 
Ihre Opfergabe duftet süß durch's Haus, 
Und sie hat zum Grabe mich gesalbt voraus. 
Arme zu versorgen habt ihr alle Zeit; 
Thut es heut' und morgen, wie die Not gebeut! 
Fort vom Weltgetümmel gönnt am heil'gen Tag 
Noch dem Geist zum Himmel seinen Flügelschlag! 
Ach, nicht oft begegnet Lieb' mir hier zu Land; 
Darum sei gesegnet, milde Frauenhaud! 
Wem die Welt erloschen in der Andacht Glut, 
Rechnet nicht nach Groschen seines Dants Tribut. 
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Beim Eintritt in die Basstonszeit. 
Luk. 18, 31 43 
ie Kirche darf wieder die Passion des Heilandes 
S feiern. Die ergreifendsten Klänge tönen in 
—— — Zeit auf ihrer Harfe. „Ein Lamm 
geht hin“, so zeugt sie; „Der am Kreuz ist meine 
Liebe“, so bekennt sie; „Ach, sieh' ihn dulden, bluten, 
sterben!“ so mahnt sie; „Sei mir tausendmal gegrüßet!“ 
so dankt sie; „Herzliebster Jesu, was hast du ver— 
brochen?“ so fragt sie; „Für uns hast du gelitten“, 
so betet sie; „Erbarm' dich unser, o Jesu!“ so fleht 
sie. Beim Eintritt in diese Zeit aber klingt eine Geister⸗ 
stimme: „Ziehe deine Schuhe aus von deinen Füßen! 
Der Ort, da du stehst, ist heiliges Land.“ Jesus 
selbst aber muß in dieser ganzen heiligen Zeit im 
Mittelpunkt unsrer Gedanken stehen! 
Als Held ging er dem Schwersten mit stiller Fassung 
und heiliger Willigkeit entgegen. „Hinauf nach Jeru— 
salem!“ wie hell klang sonst diese Losung in JIsrael. 
wenn man hinaufzog in Haufen, die da wallten mit 
Frohlocken und Danken in feiernder Menge! Hinauf 
zum Hause Jehovahs, zum frohen Festesjubel! Auch 
diesmal Festpilger auf allen Straßen mit hoher Frende 
auf dem Angesicht, mit dem Psalm auf den Lippen: 
Jerusalem wir freu'n uns unstes Glückes, daß wir in 
deine heil'gen Thore gehn, daß wir im Haus Jehovahs 
dürfen steh'n! Jerusalem, du Stadt der heil'gen Feste, 
da man die schönen Gottesdienste hält, die Slühle des 
Gerichtes find gestellt! Sei uns gerüßt! Heil allen, 
die dich lieben! Geb' Gott, daß Fried' in deinen 
Mauern wohnt und Glück in deinen Prachtpalästen 
thront, Jerusalem!“ (Psalm 122.) Anders bei Jesus 
Der Eine, der gekommen ist, daß sie Leben und volles 
Sei es arm und wenig, was dein Herz gethan— 
Er, dein großer König, blickt's in Guaden au; 
Der zur Witwengabe mild sein Aug' gewaudt, 
Hat bei kleiner Gabe große Lieb' erkannt. 
Wo man je wird melden, was der Herr vollbracht 
Da wird mit dem Helden auch der Magd gedacht, 
Die zum namenlosen, martervollen Streit 
Ihm den Weg mit Rosen liebend noch bestreut. 
Noch in Himmelshöhen, noch in Edens Luft 
Muß den Herrn umwehen dieser Narde Duft 
In der Engel Chören, königlich verklärt, 
Wird er die auch ehren, die ihn so geehrt. 
Hdarl Gerok. 
Genüge hätten, ach! er redet von Leiden und Tod, 
die ihn erwarten! Eine furchtbare Reihe ist's, die er 
aufzählt! Spott, Schmach, Verspeiung, Geißelung, 
Tötung sieht er über sich verhängt. Doch er wiüll 
ausrichten, wozu der Vater ihn gesendet; er will die 
Weissagungen der Propheten jetzt zur Erfüllung kom— 
men lassen, die da reden von dem Knechte Gottes, der 
sein Leben zum Schuldopfer hingiebt, der stille leidet 
wie das Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; 
er will das Opferlamm sein, das im Leiden und Tod 
den Gehorsam bewährt; er will das Lösegeld geben für 
diele; er will in freiwilligem Erdulden von Kreuz und 
Tod ringen um das Heil einer verlorenen Welt. Ist 
ihm nicht bange vor der Taufe, damit er sich soll 
taufen lassen? Und doch geht er den Weqn, an dessen 
Ende er mit fürchterlicher Klarheit das Entsetzliche 
winken sieht! Welch ein Held! welch ein Streiter, der 
dem grimmigsten Feind widersteht, der den größten Sieg 
erkämpft! — Er voran, seine Jünger mit ihm, nach 
ihm! Er will Nachfolger haben auf seinem Kreuzes⸗ 
weg, starke Seelen, die von seinem Geiste beseelt, von 
seinem Mut erfüllt, mit seiner Kraft angethan, ihre 
Jerusalemswege gehen. O wie sind wir auf denselben 
so klein an Heldenmut und an Willigkeit, des 
Vaters Rat uns gefallen zu lassen! Welch ein Grauen 
und Beben, wenn es gilt, einem kommenden schweren 
Tag entgegenzugehen! und doch sind wir auf solchen 
Wegen nicht ohne das herzstärkende Vorbild des An—⸗ 
fängers und Vollenders unsers Glaubens! 
Der Meister der Liebe vergißt auf dem schwersten 
Weg sich selbst um der Liebe willen! Auf dem Pas-— 
sionsweg hat der Herr Zeit übrig für das Elend eines 
Einzelnen, der an seinem Wege steht. Wenn er gerade 
jetzt sich auf sich selbst zurückgezogen hätte, um in
	        
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