Full text: Evangelisches Wochenblatt (28.1901)

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Saarbrücken, den 3. Februar 
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Anflage 6800. 
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Wie aber hiernach die Arbeit selbst ein Segen, 
eine Wohlthat für den gefallenen Menschen ist, so ruht 
auch auf ihr ein Segen, eine besondere Verheißung 
Gottes, wenn sie in der rechten Weise begonnen und 
betrieben wird. Du wirst dich nähren deiner Hände 
Arbeit; wohl dir, du hast es gut. Das steht nicht 
vergeblich in der Bibel. Darum ist die Arbeit keine 
Schande bei den Christen. Die Heiden haben ihre 
Sklaven und ihre Weiber arbeiten lassen, und so sehen 
wir es noch heutzutage bei vielen heidnischen Völkern, 
daß die Männer so wenig als möglich arbeiten. Das 
Christentum hat die Arbeit zu Ehren gebracht, so daß 
sich keiner derselben schämen darf. Auch die Knechte 
und Mägde, welche keine unabhängige Stellung haben, 
sind nicht der Willkür ihrer Herrschaften preisgegeben. 
Sie haben noch einen höheren, unsichtbaren Herrn 
und sollen ihren Dienst bei ihrer irdischen Herrschaft 
nicht allein vor Augen thun, sondern im Aufblick zu 
dem höchsten, unsichtbaren Herrn, welcher alles sieht 
und weiß, was sie thun und lassen, was sie wirken 
und leiden, und welcher den, der im Geringsten treu 
ist, über Großes setzen will. Darum soll es bei 
Thristen keine Schande sein zu dienen. Mögen auch 
christliche Knechte und Mägde, sowie christliche Haus— 
frauen manche Gelegenheit zur Erbauung aus Gottes 
Wort nicht benützen können, wie sie gern möchten: 
von dem unmittbaren Verkehr mit dem Herrn im 
Himmel sind sie dadurch nicht ausgeschlossen, und das 
himmlische Erbe ist ihnen nicht vorenthalten. Denn 
es kommt nicht auf die Art und Weise des Dienstes 
an, ob es ein mehr äußerlicher oder ein geistlicher 
Beruf ist, sondern auf die Treue, und ob sie ihren 
Dienst im Aufblick zum Herrn erfüllen. 
Du wirst dich nähren deiner Hände Arbeit; wohl 
dir, du hast es gut. Der Segen der Arbeit wird 
nicht nur in jener Welt offenbar werden: auch der 
zeitliche Segen wird nicht ausbleiben. Wie kommt es 
aber, daß heutzutage so viele Arbeiter nichts davon 
wissen wollen, daß sie es gut haben? Warum wird 
allenthalben geklagt über mangelhaften Verdienst? Es 
giebt ja freilich Faͤlle, wo auch wahre Christen längere 
Zeit nur kümmerlich ihr Auskommen finden; aber 
schließlich werden sie doch sagen müssen: der Herr hat 
alles wohl gemacht, und es wird keine Familie eines 
wahren Christen verhungern müssen. Die Klagen 
über mangelhaften Verdienst haben häufig zwei Ursachen. 
Der Arbeiter beginnt und schließt sein Tagewerk nicht 
mit herzlicher Anrufung des Herrn im Himmel, sondern 
mit Fluchen und Schelten; er gehört nicht zu denen, 
Der Segen der Arbeit. 
Psalm 128, 1u.2: Wohl'dem, 
der den Herrn fürchtet und auf 
seinen Wegen gehet. Du wirst dich 
nähren deiner Hände Arbeit: wohl 
—S dir, du hast es gut. 
m Schweiß deines Angesichts sollst du dein 
MBrot essen, bis du wieder zur Erde werdest, 
S davon du genommen bist. So lautet das 
göttliche Gebot. Es ist freilich zunächst ein Fluchwort, 
gesprochen nach dem Sündenfall. Es ist eine Strafe 
für die Sünde, wenn der Acker dem Menschen Dornen 
und Disteln trägt, wenn er mit Kummer sich davon 
nähren muß und mit anstrengender Arbeit vom 
Morgen bis zum Abend nur notdürftig den Unterhalt 
erwerben kann für sich und die Seinigen, wenn nur 
wenige sorgenfreie, wahrhaft fröhliche Tage in seinem 
Leben zu verzeichnen sind. Aber Gott hat alles so 
weislich geordnet, daß die Strafe für die Sünde zu— 
gleich eine Wohlthat für den gefallenen Menschen ist. 
So ist auch die Arbeit eine Wohlthat für den ge— 
fallenen Menschen. Mancher hart angestrengte Arbeiter 
preist freilich die Leute glücklich, welche nicht arbeiten 
müssen, die Reichen, welche alles nach ihrem Belieben 
einrichten können, arbeiten, so lange und wo es ihnen 
gefällt, und aufhören und die Arbeit andern überlassen, 
wenn es ihnen entleidet ist; die Leute, welche da und 
dort genießen können, was ihnen für Geist, Seele 
und Leib angenehm scheint, die so ganz nach ihren 
Neigungen leben dürfen. Aber wenn du diese glück— 
lich gepriesenen Leute näher ansiehst, würde sichs wohl 
herausstellen, daß sie wirklich glücklicher sind als die 
andern, welche arbeiten müssen, um das tägliche Brot 
für sich und die Ihrigen zu verdienen? Ich glaube 
nicht. Wenn der Mensch nicht muß, so bleibt er an 
diesem und jenem hängen, unschlüssig, was er ergreifen 
soll und die Wahl macht Qual. Geht es dann nicht 
nach Wunsch, so macht er sich oder andern Vorwürfe 
darüber, daß dieses Mittel ergriffen wurde, während 
der, wel Ker muß, seiner Sache gewiß ist: ich habe 
nicht anders gekonnt. So ist die Ärbeit für den 
gefallenen Menschen ein Segen, und du wirst vielleicht 
schon in diesem Leben, jedenfalls aber in der Ewigkeit 
Gott dafür danken, daß du arbeiten mußtest, und die 
glücklich gepriesenen freien reichen Leute werden nur 
dann wirklich glücklich sein, wenn sie den Herrn bitten, 
daß er ihnen ihre Arbeit anweise. Sie werden auf 
diese Weise Arbeit genug finden, wo die Stimme 
Gottes ihnen sagt: du mußt.
	        
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