Full text: Evangelisches Wochenblatt (28.1901)

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VIII. Jahrgang. — Preis pro Quartal b0 F Ins.Gebühr pro 3spaltige Zeile 20 5 Auflage ⁊000 
Saarbrücken, den 27. Oktober IPOI. 
9. 
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Festpredigt,“) 
gehalten zur Gemeinde-Jubelfeier in Merzig 
von Pfarrer Lenße-Saarburg. 
5. Mos. 33, 274: Meine Zuflucht der alte Gott 
und unter den ewigen Armen. 
(Schluß.) 
II. 
2 H schauen zurück, wir blicken vorwärts. Hoff⸗ 
3 J. nungsflammen, das Dunkel der kommenden 
I Toge durchlichtend, brechen aus dem Wort: 
„Meine Zuflucht der alte Gott und unter den 
ewigen Armen.“ 
Großes ist gelungen — aber sind wir am Ziel? Sollen 
wir selbstzufrieden die Hände in den Schoß legen, darf 
die Freude am Erreichten uns thatlos werden sehen? 
Das wäre die Klugheit des Seefahrers, der auf halber 
Meereshöhe den Dampf abstellen und statt nach dem 
Hafen den Kiel zu richten, sein Schiff Wind und Wellen 
preisgeben wollte. 
Ernste Fragen legen sich auf das Gemüt. Zuerst nach 
dem äußern Ergeben in der Zukunft. Wird die Ge— 
meinde weiter ihre Aeste treiben und unter segnendem 
Schatten der Gäste wachsende Menge herbergen oder wird 
unerwartet ein Sturm den Stamm zerbrechen und die 
Wurzel aus dem Erdreich heben? Wird nach aber fünf— 
zig Jahren in doppelt vergrößertem Gotteshaus eine fest— 
liche Gemeinde sich lobend zusammenfinden oder wird die 
Glocke verstummt, die Kirche verschwunden sein? Wird 
weiter ins Land sich gedehnt haben der Kranz evange— 
lischer Anbetungsstätten oder nicht? Scheltet mich nicht 
um diese Fragen. Jede Gemeinde ist als Teil verwoben 
ins Große des Staates. Schwere Wetter drohen schon 
lange. Der Blitz kann niederzucken und wer will fagen, 
wie weit seine Flammen zünden. Wir wissen nicht, welche 
Pläne der Ewige am Webstuhl der Zeiten spinnt, wir be— 
denken, daß alle Herrlichkeit der Erde, alles Bestehende 
der Bürgschaft ewiger Dauer entbehrt. 
Und wie wird's im Innern sich gestalten? Kampf— 
entschlossen stehen auf dem Plan die Feinde, bereit die 
Burg christlichen Glaubens zu stürmen. Von allen Seiten 
bläst es zum Angriff wider den heiligen König in Wort 
und Schrift. Es geht ein finsterer Geist durch unser 
deutsches Volk. Ein Geist des Hohnes wider alles Ewige. 
Ein Geist der Zerstörung, der lieber heute wie morgen 
Glaube und Liebe, Friede und Versöhnung in den Herzen 
zerstören möchte. 
*) Auf mehrfach geäußerten Wunsch veröffentlichen wir nach— 
stehende am 29. September gehaltene Festpredigt. (Vergl. Evan— 
gelisches Wochenblatt Nr. 41.) 
Ein Geist unzähmbarer Leichtlebigkeit und Genuß— 
gier. Er dringt durch Häuser und Gassen, die Klugen 
schlägt er in seinen Bann und die Unweifen, die Dienen— 
den und Gebietenden. Wird er, der dunkle Riese, das 
ganze Volk noch in Ketten legen? Wird er auch in 
unsrer Mitte siegreichen Einzug halten, die Kirche ent— 
völkern, aus den Ehen die Treue, aus den Gewissen Sitt— 
sichkeit und Keuschheit treiben, mit einem Wort das christ— 
iche Leben erwürgen? Sage keiner, das sei zu schwarz 
zemalt. Heb deine Augen auf und spitze die Ohren — 
hörst du das Grollen nicht? 
Ernsten Christen ist bange, aber sie zagen nicht: 
„Unsere Zuflucht der alte Gott und unter den ewigen 
Armen.“ Eine feste Burg ist unser Gott, er läßt sich 
nicht entthronen. Der im Himmel spottet der Feinde. 
Freilich darf nach freiem Willen der Mensch handeln und 
die Freiheit mag in himmelstürmende Zügellosigkeit ent— 
arten — das wird sie immer, wenn nicht sie sich dem hei— 
ligen Geist vermählt — aber daran halien wir fest: alles, 
was geschieht, muß Gottes ewigen Liebeswillen sich ein— 
ordnen, der die Welt zur Lebensvollendung führen will. 
Er lenkt die Weltgeschicke mit starkem Arm. Es hilft 
nichts, dieser unser Glaube muß ins Feuer zur Probe. 
Im Kampf unter Wunden und Leiden hat Jefus sich die 
Krone der Bewährung, der ewigen Einheit mit dem Vater 
errungen. Keinen andern Weg zum Ziel, zum Sieg weiß 
er für seine Gemeinde und das Kreuz von Golgatha bleibt 
der Wegweiser. Wir beharren fest: was auch die Zu— 
kunft bringen mag, Gott läßt sein Wertk nicht im Stich, 
auch diese Gemeinde nicht. Doch nur unter einer Be— 
dingung: weiche du nicht von ihm! Mit Gott in den 
Nebel der Zukunft, das Auge voll Mut, im Herzen den 
Trost: Herr Gott, Du bist unsre Zuflucht für und für. 
III. 
Ja, daß die Feier nicht vorüberglänze, wie ein fallen— 
der Stern, fondern zündende Funken werfe in die er— 
regte Seele, verklinge Dank und Hoffnung in der Gegen— 
wart heilige Forderung: Dienet dem Herrn. 
Der Herr hat Großes an uns gethan, die verachtete 
Schar hoch zu Ehren gehoben. Lobe den Herrn meine 
Seele und vergiß nicht, was er dir gutes gethan, der dir 
Wachstum geschenkt und fröhliches Blühen, Hirten, in 
denen die Liebe zum Evangelium glüht, Stätten wö du 
magst anbeten. Lob ihn mit frommem Wandel, lob ihn 
mit mannhaftem Bekennermut. An Glaubenstreue allein 
bindet Gott den Gemeinde-, den Lebenssegen. Und klingen 
der Männer Namen an dein Ohr, die mit treuem Lieben 
und ernstem Schaffen nach Gottes Sinn sich gemüht um 
das Gedeihen des Edelreises, die mit nimmer erlahmender 
Kraft gesucht, gebaut, geworben: gedenket eurer Lehrer, 
die euch das Wort gesagt, schauet ihren Glauben an, 
folget ihrem Wandel nach.
	        
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