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Zum Jahresanfang.
Ps. 62, 2, 3: Meine Seele ist stille
zu Gott, der mir hilft, denn er ist
mein Hort, meine Hülfe, mein Schutz.
Ein Jahr geht hin, das andre kommt;
Nur Eines bleibt und stehet fest,
Und das ist eins, das ewig frommt,
Daß Gott die Seinen nicht verläßt.
Das Jahr wird alt, das Jahr wird neu:
Gott aber ist stets neu und alt,
Neu in der Lieb', alt in der Treu,
Laßt uns auch leben dergestalt
58 diesen Worten eines alten Liedes be—
äö— grüßen wir das neubegonnene Jahr und
C rufen einander zu: Gott zum Gruß und
den Herrn Jesum zum Troste. Es ist und bleibt ja
wahr: Mit Gott hör' auf, mit Gott fang an, das ist
die beste Lebensbahn. Doch was heißt das: WMeit
Gott aufhören und mit Gott anfangen? Nun gewiß,
Gott den Herrn Himmels und der Erde, der da war,
der da ist und der da sein wird, den ewig treuen
Gott, mit hinübernehmen aus dem alten ins neue
Jahr, auf Ihn, der uns bisher geholfen hat, auch für
die Zukunft unser Vertrauen setzen und vom ganzen
Herzen sprechen: Meine Seele ist stille zu Gott.
Das soll die Losung sein, Licht auf unserm Wege,
Trost im Leiden, Kraft im Leben, Heil im Sterben.
Unser Psalmwort ist ein Wort aus Herz und
Mund des königlichen Sängers, welcher in seinen
Lebensschicksalen des Lebens Höhen und Tiefen reichlich
durchgemessen hat und zu der Erkenntnis gekommen
ist, die das Fundament seines Lebens ausmacht, daß
der Mensch, auch die großen Leute und die mensch—
lichen Güter und Mittel nichtig sein. Er hat gelernt,
nicht auf Menschen, nicht auf Gewalt, nicht auf
Reichtum sein Vertrauen zu setzen. Tausendfach haben
diese seine Gedanken durchkreuzt, und gerade das,
worauf er am meisten gebaut, hat ihn im Stiche ge—
lassen. So hat die Schule der Erfahrung ihn gelehtt,
was in allen seinen Psalmen immer wieder durch—
klingt: „auf Gott allein, so soll es sein. Er ist der
rechte Hort. Wer auf ihn baut, auf ihn nur traut,
ist selig hier und dort.“
Mödte es doch auch bei uns so sein. Wir sind
freilich sehr geneigt, Gott den Himmel zu lassen und
uns die Erde anzumaßen und das alte Wort der
Väter zu vergessen, daß an Gottes Segen alles gelegen
ist. Wir pflegen zu viel von menschlichen Kräfien
und Mitteln zu halten und zu wenig daran zu denken,
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1.
daß der Weg unseres Lebens in doppeltem Beleise
fahren muß: Menschliches Thun muß göttlichen Segen
haben, irdisches Beginnen göttliches Gelingen.
Da müssen wir denn in der Schule des Lebens
immer erfahren, daß auf allen Lebensgebieten unserm
Thun bestimmte Schranken gesetzt sind, die uns ein
lautes Halt zurufen: bis hierher und nicht weiter.
Tausendfache Demütigungen werden uns zu Teil, die
uns lehren, die Grenze unseres Vermögens inne zu
halten und was darüber hinausliegt, von Gott zu er⸗
warten. Und erst dann, wenn wir gelernt haben, daß
all unser Sorgen uns nicht hilft, daß all unser Thun
eitel ist, daß all unsere Arbeit trüglich ist, wenn
Gott nicht unsere Hilfe und Kraft ist, erst dann
lernen wir sagen: Meine Seele ist stille zu Gott, der
mir hilft.
„Wenn ihr stille bliebet, so würde euch geholfen.
Durch Stillesein und Hoffen werdet ihr stark sein.“
Stille sein zu Gott hat nichts zu thun mit der
energielosen Willensschlaffheit, in der man die Hände
in den Schoß legt und läßt die Dinge gehen, wie sie
gehen. O nein — es setzt voraus Willenskraft, Fleiß,
Berufstreue, Arbeitslust und Freudigkeit, den Willen
Bottes zu thun, alltäglich wieder sein Werk mit frischen
Händen anzugreifen, aber dabei und in alle dem
richtet das Herz sich hinmmelwärts und spricht: die
Hülfe muß von oben kommen.
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Lebensenergie, die den Mut der Demut hat, die eigene
Schwachheit zu bekennen und sich an die Kraft zu
halten, die gerade in dieser Schwachheit mächtig, ist,
— das ist geduldiges Harren und Warten, bis die
Stunde kommt, auf die man lange gehofft hat, für
die der Herr der Ewigkeit aber noch keine Zeit gehabt
hat, — das ist nie murrendes, immer zufriedenes
Aushalten auch unter schwerem Druck, bis die
Spannung nachläßt, wie Gott schon längst es vorge—
sehen hat. Stille sein zu Gott ist volles unbedingtes
Vertrauen unter Ausschluß alles Mißtrauens, als
könne oder wolle Gott nicht alles zum Besten wenden.
Es ist nur in dem Maße in uns da und kräftiq, als
wir Herren geworden sind unserer Eigenwilligkeit,
unserer Ungeduld, der Vorgreiflichkeit, in der wir alles
selbst gestalten wollen, und der Ichheit, in der wir
uns von Gott lösen.
Der Jahresanfang liegt dunkel vor uns. Aber
aus der Erfahrung wissen wir, daß es Mühe und
Arbeit, Leid und Thränen uns bringen wird, Stunden
und Tage, in denen unser äußeres und inneres Leben