Full text: Evangelisches Wochenblatt (28.1901)

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242 Postverzeichnis. — 
Ar. 27. Saarbrücken, den 7. Juli IODOI. 
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J. 
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Petri Fischzug. 
Luc. 5, 1211. Es begab sich aber, da sich das 
Volk zu ihm drang, zu hören das Wort Gottes, 
und er stund am See Genezareth und sah zwei 
Schiffe am See stehen; die Fischer aber waren 
ausgetreten und wuschen ihre Netze: trat er in 
der Schiffe eines, welches Simons war, und bat 
ihn, daß er's ein wenig vom Lande führte. Und 
er setzte sich und lehrte das Volk aus dem Schiff. 
Und als er hatte aufgehört zu reden, sprach er zu 
Simon: Fahre auf die Höhe, und werfet eure 
Netze aus, daß ihr einen Zug thut! Und Simon 
antwortete und sprach zu ihm: Meister, wir 
haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts ge— 
fangen; aber auf dein Wort will ich das Netz 
auswerfen. Und da sie das thaten, beschlossen 
sie eine große Menge Fische, und ihr Netz zerriß. 
Und sie winkten ihren Gesellen, die im andern 
Schiff waren, daß sie kämen und hülfen ihnen 
ziehen. Und sie kamen und füllten beide Schiffe 
ooll, also daß sie sanken. Da das Simon Petrus 
sah, fiel er Jesu zu den Knieen und sprach: Herr, 
zehe von mir hinaus! ich bin ein sündiger 
Mensch. Denn es war ihm ein Schrecken an— 
'ommen und alle, die mit ihm waren, über diesem 
Fischzug, den sie mit einander gethan hatten; 
desselbigen gleichen auch Jakobus und Johannes, 
die Söhne des Zebedäus, Simons Gesellen. Und 
Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht; denn 
don nun an wirst du Menschen fahen. Und sie 
führten die Schiffe zu Lande und verließen alles 
und folgten ihm nach. 
322 war in der ersten Frühlingszeit der Wirksamkeit 
Jesu, als er vom Schifflein Petri aus der dicht— 
gedrängten Volksmenge das Wort vom Reiche ver— 
kündigte. Gerne hatten die Schiffer nach der durchwachten 
Nacht ihre Arbeit ein wenig eingestellt; nachdem sie dort 
nichts gefangen, empfingen sie jetzt doch einen geistlichen 
Segen. So darf Jeder in seinem Berufe den Herrn mit 
Petrus einladen:; „herein zu mir!“ Ruhen die 
Hände von der Arbeit auf dem Acker oder in der Werk— 
statt, so thut es der Seele gut, wenn sie wieder Atem holt 
in der Himmelsluft des Gotteswortes und des Gebets. 
Doppelt erquickend wird ihr eine solche Ruhe bei dem 
Herrn sein, wo sie still und froh ihn kann wirken lassen 
und seine Strahlen fassen, wenn das irdische Tagewert 
aicht nach Wunsch gegangen ist. Wer erlebt nicht in seiner 
Arbeit Täuschungen, niederschlagende Mißerfolge? Wem 
zringt nicht sein Beruf statt des erhofften Segens auch je 
und je Sorgen? Dem Landmann lacht die reichste Ernte. 
dem Kaufmann winkt der lohnendste Gewinn — und mit 
zimem Male ist seine Hoffnung zerstört. Wohl dem, der 
über der irdischen Arbeit mit ihren Sorgen und ihrem 
Segen nicht versäumt, für seine Seele zu sorgen, der über 
die irdischen Dinge seinen Geist zu dem Wort des Herrn 
erhebt und ihn immer wieder anruft: „Komm du mit 
deinem Wort herein zu mir — auch in meine Arbeit und 
in meine Ruhe!“ — Dann weist der Herr auch selbst 
wieder hinein in das Tagewerk des irdischen Berufs: 
„Fahre auf die Höhe, und wirf dein Netz aus!“ Gehe an 
deinen Pflug, an deine Feder, an deine Maschine — auf 
das Wort des Herrn, thue dort nach seinem Willen, was 
dir obliegt, mit Treue und Zuversicht, so wirst du nicht 
umsonst seiner Güte warten. Da sprich: „Willst du mir 
etwas geben hier, so will ich dankbar sein dafür; auf dein 
Wort werf' ich aus das Netz und sag' in meiner Arbeit 
stets: das walte Gott!“ Denn alle unsre Arbeit macht es 
nimmermehr allein aus, daß wir auch im Irdischen Leben 
und Genüge haben. „Arbeit und Mühe nährt keinen 
Menschen, sondern Gottes Gnade.“ (Luther.) Wenn die 
rechte Stunde sich gefunden, wird der gütige Herr, der der 
Seele das Brot vom Himmel giebt, auch das tägliche Brot 
bescheren Jedem, der mit Gebet und Gotteswort sein 
irdisch Tagewerk heiligt: 
Ueberreichlich war der Fischzug, der dort auf des 
Herrn Wort geschah. Ein Schrecken ergreift den Petrus, 
denn er erkennt in dem großen Fang den Segen des Herrn 
und in diesem Segen eine wunderbare Machtthat des— 
selben. Wie ein Blitz durchzuckt sein Herz die Erkenntnis: 
Solche Macht verleiht der allmächtige Gott keinem sün— 
digen Menschen; ein Heiliger und Gerechter muß es sein, 
auf dessen Wort solches geschehen. Der Herr Jesus hat 
eben darum die Werke dessen gewirkt, der ihn gesandt, 
weil er in der innigsten heiligsten Gemeinschaft mit dem 
Vater stand. Ihm gegenüber fühlt Petrus sein eigenes 
sündiges Wesen; er fürchtet, daß von diesem Heiligmäch— 
tigen ein verzehrendes Feuer ausgehe und ihn vernichte, 
und ruft bittend und bekennend: Gehe hinaus von 
mir, ich bin ein sündiger Mensch. Welch gewaltiges 
und unwillkürliches Zeugnis von der überwältigenden 
Hoheit des Herrn liegt in diesem Ausruf des Petrus! 
Hier ist's die Demut, die sich nicht für würdig und 
fähig achtet, dem Herrn nahe zu weilen. Wie weit sticht 
von ihr ab der Hochmut jener Pharisäer, die Jesus den 
beleidigendsten Vorwurf machen wollen, indem sie sagen: 
„dieser nimmt die Sünder an!“ Beide irren; der Herr 
bleibt nicht ferne von den Sündern, er tritt nicht hinaus 
aus ihrer Gemeinschaft, sondern er tritt hinein in ihren 
Kreis. Nicht wird er durch ihre Ungerechtigkeit befleckt; 
vielmehr wir sollen durch seine Gemeinschaft begnadigt, 
entsündigt, geheiligt werden. Lieber als gefürchtet und 
geflohen will er von uns gesucht und geliebt sein. Wird 
uns im Licht seiner heiligen Wahrheitsmacht unsre 
Schwachheit und Unbeiligkeit immer wieder aufgedeckt, se
	        
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