Full text: Evangelisches Wochenblatt (28.1901)

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Wie erkenne ich Gott? 
Joh. 1, 48: Wer mich siehet, 
— siehet den Vater. 
Derr, zeige uns den Vater. So lange Menschen— 
—2 herzen schlagen, brennt diese Frage in ihnen. 
Das Sehnen, nicht nur des Philippus, nein 
der ganzen Menschheit findet darin seinen Ausdruck. 
Nicht die Furcht vor den wilden Naturmächten und die 
ingstliche Mühe, vor ihnen persönlichen Schutz zu 
finden, ist die Wiege des Gottesglaubens. Auch nicht 
die Verehrung der Verstorbenen, deren Seele man 
untilgbar gedacht. Nein, der lebendige, barmherzige 
Bott hat dem Kinde auf Erden die Sehnsucht ins 
Herz gepflanzt. — Auch du mußt dich auseinander⸗ 
setzen mit deinem Verhältnis zu Gott. Ja, wären 
wir bloß Fleisch, das eine zeitlang in blühender Körper⸗ 
gestalt, um dann zu zerstieben als Staub in alle Winde; 
wär' unser Geist nichts als besondere Bewegung der 
Behirnnerven, die der Tod stille stellt, dann könnte 
man über die Frage zur Tagesordnung übergehen. 
Man hats versucht, man versucht es immerdar. Manche 
sind weit gekommen, nach ihren Reden, ihrem Thun 
zu schließen, die Gottessehnsucht, die Fähigkeit zum 
ewigen Leben aus ihrem Innern zu bannen. Alber 
merkwürdig, fie haben, ohne daß sie selbst den tiefsten 
Grund ahnen, einen Verlust erlitten, um den sie nimmer 
zu beneiden sind. — 
Sie haben mit der Welt, mit dem eignen Ich 
einen Vertrag geschlossen, das Gewissen zu binden. 
Weltliebe und Selbstliebe sind schlechte Herren. Wer 
weiß, was in dem Gewissen des Einzelnen vorgeht? 
Lassen wir uns von der lustigen Außenseite nicht täuschen. 
Wir tragen den Richter mit uns. Die Urteile, die er 
pricht, vollstreckkt das Leben. Die ewige Gier und 
hhre Nichterfüllung, die währende Lust am Streit und der 
bittere Nachgeschmack, die Sucht zu lügen und der Verlust 
der Glaubwürdigkeit — kann das wohl locken, ohne 
Gott dahin zu leben? 
Nicht ohne Gott, nicht wider Gott, nicht der Spott 
über den Glauben als Priestertrug, damit gehts vicht, 
Das Verlangen nach Gott brennt weiter. 
Wie finde ich die Loösung? Hat die Heidenwelt 
das richtige getroffen, mit ihren unförmlichen Götzen— 
bildern oder den fein gemeißelten — das bleibt sich 
gleich? Mit ihren tausendfachen Aeußerlichkeiten und 
Zeremonien? Ich denke, der sittliche Zustand giebt die 
Antwort. 
Völlig erhellt ist das Rätsel durch Jesu Persönlich— 
keit. „Philippus, wer mich siehet, siehet den Vater.“ 
Was er ist, das kann kein Verstand ausdenken; 
was er will, das schauen wir an Jesu. In ihm hat 
Gott mit unvergleichlicher Macht und Klarheit gewirkt. 
Jesus ist die vollkommene Verneinung des Bösen, so 
der Vater. Keine Menschenseele will er zerstampfen 
im lohenden Zorn, in allen schaut er noch einen Rest 
von heiligem Wollen, der geschont werden muß, der 
Vater will dasselbe. Der Sohn weiß, alles Unheil 
in der Welt kann nur überwunden werden durch die 
Wirkungen einer Liebe, die durch nichts sich beirren 
äßt, der Vater kennt kein anderes Handeln. Vergleiche 
nur, frage nur, welcher Geist Jesum getrieben in seinen 
engen, kleinen Verhältnissen und sinne darüber, wie du 
dich verhalten sollst und dir wird klar, was göttlich, 
was ungöttlich ist. Bedenke nur, wie hoch er die Ziele 
des Lebens sich und der Menschheit gesteckt und stehe 
ehrlich dir selbst Rede, worauf deine Arbeit zielt und 
du wirst ermessen, was der Vater will. 
Gott kennen an Jesu ist keine Arbeit des Verstandes 
in stiller Studierstube, dann bleibt der Name Schall 
und Rauch. Es ist eine That des Wollens. Was 
Elektrizität ist, kein Mensch kanns sagen. Daß sie 
vorhanden, beweisen ihre Wirkungen. 
Wolle nur einmal Gott ergreifen, so werden, wie 
Jesus gewesen und die anhebende Umwälzung deiner 
innern Welt, die wachsende Kraft deiner Seele, deine 
neue Stellung zur Umgebung wird an der Stirn die 
Wahrheit tragen: Er hat Gott gefunden. Amen. O. L. 
Die FJamilie Wellborn. 
Aus dem Englischen für das „Evangel. Wochenblatt“ bearbeitet 
von Pfarrer emer. J. F. 
(Fortsetzung.) Eachdtuck verboten.) 
Am andern Morgen kam Herr Wellborn, um sich 
von seinen Kindern zu verabschieden. Nachdem er 
gegangen, wurde denselben eine Viertelstunde Zeit ge— 
lassen, ihren Schmerz auszuweinen; dann übergab die 
Oberin sie einer älteren Nonne, welche bestimmt sei, 
im besondern ihre Erziehnng zu leiten, und welcher sie 
sich in allen Dingen unterwerfen müßten; dann mußten 
sie alsbald dem Unterricht beiwohnen. Inn die 
Beschwister gehofft, im Verlauf desselben sich einmal 
ein Wörtlein zuflüstern zu können, so sollten 
sie auch darin getäuscht werden, denn während Lydia 
in den Musiksaal geführt wurde, mußte Alice sich in 
der deutschen Sprache unterrichten lassen, und während 
diese am Zeichenunterricht teilnahm, war jene einer 
Gruppe von Schülerinen zugeteilt, welche mit Stickerei 
heschäftigt war.
	        
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