wurden zu seinen Ehren veranstaltet. Er hat durch sein gesetztes
und dabei offenes, freundliches und bescheidenes Wesen üherall
einen sehr gewinnenden Eindruck gemacht. Auch war es hübsch,
daß er inmitten aller der rauschenden Vergnügungen doch nicht
versäumt hat, am evangelischen Sonntagsgottesdienst teilzu—
nehmen. Nun beginnt mit dem Anfang des Sommerhalbjahres
wieder der Ernst der strengen Arbeit. In dieser Woche bezieht
er die rheinische Universität Bonn gleich seinem Vater und
Großvater, wo er eine Reihe von Vorlesungen besuchen und
seiner weiteren wissenschaftlichen Ausbildung obliegen wird.
Der kaiserliche Vater wird ihn begleiten. Auf den 24. April
ist ein großer allgemeiner Kommers der Studentenschaft in dem
größten dortigen, 1200 Personen umfassenden Saale festgesetzt,
bei dem der Kaiser selbst das Wort ergreifen wird. Einen
aäheren Bericht darüber müssen wir auf das nächstemal
aufsparen.
Unter den zahlreichen Versammlungen, die die jetzige Zeit
des Jahres mit sich zu bringen pflegt, ist der internationale
irztliche Kongreß gegen den Alkohol besonders bemerkenswert,
der kürzlich in Wien stattgefunden hat. Alles, was dazu dient,
um den Verwüstungen entgegenzuwirken, die das Laster der
Trunksucht anrichtet, muß mit Freuden begrüßt werden. Der
enge Zusammenhang, in dem der Alkoholmißbrauch und Ver—
armung, Krankheiten und Verbrechen miteinander stehen, liegt
auf der Hand. Sehr beachtenswerte Angaben über die Ver—
bindung namentlich von Verbrechen mit der Betrunkenheit
vurden auf dem Kongresse gemacht. Eine eingehende Unter—
suchung über denselben Gegenstand, über die Alkoholfrage inner—
halb der deutschen Marine, hat auch die „Marinerundschau“
deröffentlicht. Daß auch dort eine solche besteht, läßt sich
leider nicht leugnen, obwohl mit Recht der Ruf unserer Marine
inbezug auf Nüchternheit und gesittetes Benehmen der Mann—
schaften besser ist als der der meisten anderen Marinen. 1894
his 1899 kamen 1671 gerichtliche Bestrafungen wegen rein
militärischer Vergehen in unserer Marine vor, wobei in 637
Fällen, gleich 38,1 Prozent, Trunkenheit zu Grunde lag. Bei
den Fällen militärischen Aufruhrs lag in 88,2 Prozent Trunken—
heit zu Grunde, bei thätlichem Angriff in 75,4 Prozent, bei
Ungehorsam in 35,3 Prozent, bei Aufwiegelung 33,3 Prozent,
bei achtungswidrigem Betragen in 24,2 Prozent der Fälle.
Bei den disziplinaren Bestrafungen spielte in rund 40 Prozent
der Fälle Trunkenheit mit. Diese Zahlen reden eine deutliche
Sprache, berücksichtigen aber noch nicht die Eigentumsvergehen,
störperverletzungen, Sittlichkeitsverbrechen u. s. w, die in der
Trunkenheit begangen werden. Angesichts solcher Thatsachen
verlangt die „Marinerundschau“ mit vollem Rechte, daß durch
Regulierung des Alkoholgenusses in den Kantinen, strengere
Bestrafung der Trunkenheit und rücksichtslosere Dienstentlassung
don Trunkenbolden aller Grade, sowie durch Schaffung von
Seemannabäusern dem Trinken energisch entgegengetreten werde.
In Oesterreich geht die evangelische Bewegung trotz aller
Anfeindungen und Verfolgungen, die ihr bereitet werden, in
ihrem Gange unaufhaltsam vorwärts. Aufsehen hat es hervor—
gerufen und heftigen Wideripruch im österreichischen Reichsrate
hat es erfahren, daß der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand
sich an die Spitze des katholischen Schulvereins gestellt und
damit statt der einem Thronfolger gebotenen Zurückhaltung sich
in die politischen und religiösen Kämpfe seines Landes hinein—
gestürzt hat. Seit langer Zeit hat ein Schriftwerk nicht einen
solchen Sturm des allgemeinsten und tiefsten Unwillens ent—
sesselt wie die in über 200 000 Exemplaren verbreitete Broschüre
des Rektor Graßmann über die liguoristische Moral und die
Mißbräuche in der römischen Beichtpraxis. Bischöfliche Hirten—
briefe sind darüber erschienen, große ultramontane Versammlungen
dagegen gehalten worden. So u. a. am Ostermontage in Köln,
wo ein Kaufmann Racke aus Mainz in einer langen, reichlich
mit allerlei auf die Heiterkeit seines Publikums berechneten
Witzen gespickten Rede sein Herz über alles ausschüttete, was
die Ultramontanen gegen uns Evangelische auf dem Herzen
huben. Wenn jene diese Rede als herrlich preisen, so ist das
aur ein Beweis, wie bescheiden und dürftig ihre Ansprüche an
eine solche Rede sind. Jedenfalls haben wie solche Geaner nicht
zu fürchten.
Schwere Verluste haben unser Expeditionskorps in China
hbetroffen. Nachdem ein tüchtiger deutscher Offizier, Hauptmann
Bartsch, vor den Thoren von Peking von einem chinesischen
Mörder erschossen worden war, hat in der vorigen Woche ein
großer Brand den Teil des kaiserlichen Palastes, in dem Graf
Waldersee mit seinem Stabe seine Wohnung hatte, vernichtet.
Er selbst rettete sich mit knapper Not durch ein Fenster, der
Chef seines Stabes aber. General von Schwarzhoff, kam
n den Flammen um, Außerdem wurde viel wertvolles Hab
ind Gut von dem Feuer verzehrt. Ehe die Entschädigungs—
orderungen der Mächte, worunter die von Deutschland von
240 Millionen Mark, bezahlt sind, wird wohl an eine Heimkehr
nicht gedacht werden und die Entwirrung dieses verwickelten
Fnotens kann noch lange dauern.
(Das Missionsfest in Saarlouis) am vorigen
Zonntag stand unter dem zeitgemäßen Zeichen der Chinafrage.
Schon im Festgottesdienst gab dem Festprediger Herrn Pfarrer
Abeling die China-Mission die Bilder zur Illustration seiner
refflichen Predigt über das Sonntagsevangelium vom guten
dirten, aufgrund dessen er die Mission nach ihrem Grund,
hrer Art und ihrem Ziel der zahlreich erschienenen Gemeinde
nit warmen Worten ans Herz legte. Aus seiner Chingerfahrung
edete sodann Herr Missionar Maus zu den 150 Kindern, die
m Kindergottesdienst sich lautlos um den seltenen Gast scharten
Bilder aus China bot derselbe in seiner Predigt im Filial
dostenbach seinen Zuhörern dar, die einen evangelischen Missionar
ioch nie bei sich gesehen hatten und darum mit doppelter
Freude begrüßten. Und wieder andere Chinabilder waren es,
nit denen der Unermüdliche in seiner fesselnden Art die „in
»rangvoll fürchterlicher Enge“ versammelten Mitglieder aus
»eiden evangelischen Gemeinden, Zivil und Mililär, in der
gemeinde-Versammlung in zweistündigem Vortrag zu fesseln
»erstand. Seine Entwicklung des chinesischen Gottesbewußtseins,
der Schöpfungslehre mit dem Doppelprinzip in der Natur:
Schatten und Licht, Jam und Jeung, der Ausgestaltung des
yottesbegriffs in Brahmaismus, Buddhismus und Taoismus,
eine Schilderungen aus dem sozialen Leben, Verlobungs- und
dochzeitsgebräuche, Stellung der Frau, Wertung der Kinder
ind der Eltern und endlich seine auf eigene Erfahrung ge—
zründete Beurteilung der jetzigen chinesischen Frage, der ge—
jeimen Gesellschaften u. a. fanden eine sehr dankbare Zuhörer—
chaft, um so dankbarer als uns in Saarlouis vor kurzem ein
Vortrag geboten worden war, der bei Besprechung der religiösen
Zeite der Chinafrage zwar die Jesuitenmission bis in den
dimmel erhob, aber in allzuweitgehender Vorsicht die Existenz
iner evangelischen Mission gänzlich verschwiegen hatte. In
echter Erkenntnis, daß es gelte, die Jugend für die Mission zu
rwärmen, wenn im späteren Leben die Herzen für diese
vichtige Frage des kirchlich-christlichen Lebens Verständnis
saben sollen, erbot sich sodann unser lieber Gast am
etzten Tag seines Hierseins, am Montag Morgen nochmals
u den Kindern in der Schule zu sprechen und mächte an der
dand der Karte mit ihnen in sehr ansprechender lehrreicher
Weise in Gedanken eine Reise von der heimatlichen Saar zur
ernen Missionsstation in China. Durch Wort und Schrift hat
derr Missionar Maus die Herzen der Gemeindeglieder für das
Werk der Mission zu gewinnen gewußt und wird es gewiß
—ä8
hun, die er inzwischen danach besucht hat. Der Vorrat von
Schriften des Herrn Missionar Maus „Ursachen der China—
virren“ und „das große Leidensjahr 1900 in der China—
Mission“ war sehr schnell vergriffen. Für die Gemeindeglieder
ei hierbei bemerkt, daß dieselben zum Preise von 40 u. 25 Pfg
hei dem Ortspfarrer noch nachträglich bezogen werden können.
Als kleines Zeichen für die Aufnahme, die unser lieber Chinamissionar
Jefunden, kann vieleicht auch die Sammlung gelten, die ein—
chließlich Schriftenverkauf 121 Mk. betrug. Möge die Hoffnung
zerechtfertigt werden, daß auch aus den Chinawirren der Jetzt-
zeit nach einer Thränensaat eine Freudenernte auf dem Arbeits-
eld der evangelischen Mission erwachse.
— (Einem armen Schuhflicker) wurde zu vielen
stindern noch eins geboren. Da tröstete er sein betrübtes Weib
nit den Worten: ‚Lat et sin; gift Gott dat Häseken, gift he
ok dat Gräseken!“ Der hat Luthers Wort verstanden? „Wir
alte Narren essen mit den Kindern, nicht sie mit uns!“ Und
das Wort der Schrift: „Kinder sind eine Gabe des Herrn.“
Ribeskalender.
Frang.: Joh. 12, 2026 Epistel: 1. Joh. 4, 9- 14
Morgens: Abends:
Sonntag, 28 April Jes. 40, 24-41. Psalm 66.
Vvniih, 29 „Ppfalm 37, 14211. 10 Kor. 11, 1216.
Dienstag, 3) 37, 25 40. „11, 17-34.
Mittwoch, 1 Mai Joh. 14, 14-14. 12, 12-11.
Donunerst, 14, 15-24. 132 12-—31
Freitag, 3. „Psalm 1198, 49- 64. 13.
FTamstag, 4 Joh. 14 2544. Psalm 93.