Wchru Mn ,
*
F
— —
1715 Postverzeichnis. Dreizehnter Jahrgang. — Preis pro Quartal 50 4. Ins.Gebühr pro 3spaltige Zeile 298. Auflage 4800.
AMé 9p. Nennkirchen, *533 den 28. Februar 1886.
—**
Meine Kraft ist in den Schwachen mäütig.
2(ECor. 129
—ies Kernwort der heutigen Epistel hat der helden—
J Sänger der Freiheitskriege E. M. Arndt
—— samt dem andern Motto „den Tapfern hilft das
Glück“ unter sein Bild geschrieben. Das deutet uns
an, daß wir den kühnen, entschlossenen, todesmutigen
Apostel Paulus ganz mißverstehen würden, wenn wir dies
Wort zum Deckmantel eines weichlichen, schwächlichen
Christentums machen wollten. Wie sollen wir denn aber
das vereinigen, daß das Christentum dem Glaubigen
einmal ein so tiefes Gefühl von Schwachheit und zugleich
solch starken, zähen Heldenmut gibt, daß jeder wahre Christ,
seinem Herrn „dem Lamme Gottes“ und dem siegreichen
„Löwen aus Judas Stamm“ ähnlich, Lammes- und
doch zugleich Löwen-Natur an sich hat?
Das Evangelium von der Erlösung der Sünder
durch die Liebe des Sohnes Gottes zeigt dem Menschen
einmal, welchen unendlichen Wert seine unsterbliche gott—
ebenbildliche Seele hat, und mit wie teurem Preis die—
selbe zu einem königlichen Kinde Gottes erlöset ward,
dann offenbart es aber auch dem Menschen durch den
Geist der Wahrheit, wie unendlich tief sein natürliches
Verderben ist, wie gottentfremdet, bösartig, trotzig und
verzagt sein Herz und besonders wie unfaͤhig zu allem
beharrlichen Thun des Willens Gottes. Da kann es
gar nicht anders sein, als daß der vom Lichte des
Wortes Gottes über sich selbst, seine hohe Berufung und
sein Sündenelend erleuchtete Mensch sich aufs liefste
schwach, arm und elend fühlt, denn der Gegensatz zwischen
dem, was er ist, und denm, wozu er geschaffen, und was
er einst in der Aehnlichkeit Christi wieder werden soll.
ist zu groß.
Der gottentfremdete Mensch dagegen kennt weder
den Adel seiner Seele und die Höhe seines Berufs, noch
auch die Sündigkeit und Heuchelei seines verfinsterten
Herzens. Deshalb ist es ihm möglich, in Stumpfheit
und Gleichgültigkeit gegen die hohen, dem Menschen—
geiste gesteckten Ziele und Ideale und in Selbstzufrieden—
heit mit seinem eigenen „guten Herzen“ (das er nie an
der Wahrheit, sondern nu durch parteiischen Vergleich
mit andern prüft), sich selbst für gui und stark zu halten
und auch mauche Widerwärtigkeiten des Lebens ohne
tiefern Schmerz und Beugung zuů ertragen. Das Christen—
tum dagegen mit seiner Sehnsucht nach so hohen Zielen
macht wirklich, daß der Christ die Leiden dieser Zeit,
die den Geist niederhengöonden Krgufhnten die Poirnioen
Verhältnisse und sündlichen Verwirrungen und Ver—
irrungen in seiner Familie und seinem Volk in der mit—
leidenden Liebe Jesu Christi tiefer fühlt und mitträgt,.
als der unempfindliche Weltmensch.
Macht das Christentum aber deshalb, weil es das
Gefühl für das Elend des Menschengeschlechts vertieft,
den Menschen weichlich und schwächlich? Wer dies dem
Evangelium vorwerfen wollte, den wollen wir nur hin—
weisen auf unsern tief und zart fühlenden Heiland,
unser ewiges Vorbild, wie er fest und todesmutig den
bittersten Leibes- und Seelenleiden entgegen geht; keiner,
der die Lebensgeschichte eines Paulus und der andern
Apostel aus der Apostelgeschichte und ihren eigenen
Schriften und besonders auch die Aufzählungen der über—
menschlichen Leiden und Kämpfe des Paulus in unserer
heutigen Sonntagsepistel liest, kann (mag er sonst von
Religion denken, was er wolle) leugnen, daß diese
Männer die größte Tapferkeit und Freudigkeit, den
größten Leidens- und Todesmut an den Tag gelegt
haben, und nicht in trunkener Begeisterung, sondern in
nüchterner, klarer Gemütsstimmung allen Gefahren ent—
zgegen gingen. Woher hatten aber sie, die Schwachen,
und woher erlangen wir denn diese Kraft? Geraͤde darin
besteht die Kraft des Christen, daß er sich im Gefühl
seiner Schwachheit ganz hingibt an den Heiland, der
ihm von Gott gemacht ist zur Weisheit, zur Gerechtig—
keit, zur Heiligung und zur Erlösung, daß er seine
schwache Glaubenshand in der Hand des treuen Heilan—⸗
des, der ihn mächtig ergriffen, fest in treuer kindlicher
Liebe ruhen läßt, und nun weiß, mein Glaube ist der
Sieg, der die Welt überwunden hat. Die größte Ge—
wißheit seiner Seligkeit fühlt der Christ, wenn er, ganz
an sich verzagend, in treuer Hingabe der Gnade seines
treuen Heilandes traut, und den sichersten Trost und den
unbeugsamsten Mut empfindet er, wenn er, in der Ge—
meinschaft und Aehnlichkeit der Leiden Jesu Christi
(Phil. 3, 10, Röm. 8, 35—839) das Wort Gottes im
Herzen tönen hört: „Fürchte dich nicht, was du leiden
mußt!“ „Der Herr hilft den Elenden“ Jes. 57, 15.
Darum laßt uns recht klein und schwach vor unserm
Gott und Heiland uns fühlen und Ihm, dem starken
Erlöser, ganz vertrauen, dann werden wir auch in der
Liebe zum Heiland, der sich so selbstverleugnend für uns
aufgeopfert, alle weichliche Leidensscheu und schwächliche
Ungeduld überwinden, fest und unbeweglich sein und
immer zunehmen in dem Werke des Herrn, sintemal
wir wissen, daß unsrer Arbeit an uns und an andern
nicht vergeblich ist in dem Herrn Amaen