Full text: Evangelisches Wochenblatt (13.1886)

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1715 Bostverzeichnis. Dreizelniter Jahrgang. — Preis pro Quart il 50 4. Ins. Gebühr pro 3spaltige Zeile M A. Auflaqe 5200 
Neunkirchen, 53 den 31. Oktober 1886. 
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Zum 31. Oktober. — 
Sie klingen noch aus alten Zeiten 
Herüber uns an Herz und Ohr 
Die Hammerschläge, die geweihten, 
Womit aus hohe Kirchenthor 
VUNartinuns einst zu Gottes Ehre 
Die Sätze schlug in Geistesmacht, 
Die schnell des Ablaß falsche Lehre 
Jin dentschen Laud zu Fall gebracht. 
Ein Schlag wars auf des Papites strone, 
Wiewohl der Mönch es nicht geahnt; 
Ein Schlag wars, der dem Gottessohne 
Den Weg bei Tausenden gebahnt; 
Fin Schlag, der an der Kirche Thoren 
Zu lautrein Gottesworte rief, 
Das, unter Sahungen verloren, 
Still vor der Menschen Augen schlief. 
Schlag an, Martinus! — noch bis heute 
Bedarf dein Volk dein Mahnungswort, 
Daß es nicht, falschen Trostes Beute, 
Vertiere seinen ewgen Hort. 
Thut Buße! Durch das ganze Leben 
Soll ziehen noch dein scharfer Ton, 
Wenn anders über uns soll schweben 
Die Huld des Herru vom Himmelsthron. 
Ja, dieser Lutherton erschalle 
Belebend durch das Voltkt des Herrn, 
Daß es, von Gott gefreiet, walle 
In Seines Wortes Schranten gern; 
Daß es in Jesu Christi Schutze, 
Der es mit seinen Geist berührt, 
Dem alten Feind der Seelen trutze, 
Der Macht und List zu Felde führi. 
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— — 
Stehet im Glauben, seid männlich und — 
seid stark. 
i. Kor. 10, 13. 
Leibe dieses Todes?“ und die Antwort daranf: Got: 
sei Dank durch Jesum Christum! Weil er vor dem 
dreimal heiligen Gott gebebt hatte, darum bangte er 
vor keiner Menschengewalt. Weil sein erschrockenes 
Gewissen durchleuchtet war mit dem Troste: Deine 
Sünden sind dir vergeben! darum konnte er ein so 
helles Licht in der Finsternis anzunden. Weil er sich 
in Gott gebunden wußte durch Ehristum, darum war 
er so frei von allem, was nicht Gott war, und pre 
digte in feurigen Zungen die Freiheit der Kinder Got 
tes. Wenn sich unser Reformationsfest auch an den 
31. Oktober anschließt, an dem der erste Hammerschlag 
zur Grundsteinlegung für den Aufban der evangelischen 
Kirche geschah, als der „Herzog der Reformation“ er 
scheint Luther erst auf dem Reichstage zu Worms, wo 
er in Demut mutig, trutzend ohne Trotz das unver 
geßliche Wort sprach: „Hier stehe ich, ich kann nicht 
anders, Gott helfe mir, Amen!“ 
Stehet im Glauben, so mahnt der Apostet 
Hier stehe ich, so ruft der Reformator. Er hatte 
einen festen Boden unter den Füßen, er stand auf dem 
Felsgrunde der Schrift. In ihr hat er den Hort gött 
licher Offenbarung und die Norm aller Heilswahrheit 
erkannt und an dem Zeugnis des Geistes gespürt, das 
wir in ihr Gottes Wort und nicht menschlich. Wor! 
besitzen. Er hatte aus ihr für sich und sein Volk den 
köstlichen Schatz gehoben, daß der Mensch aus Gnader 
gerecht wird durch den Glauben an Jesum Christum 
Als er die unendliche Wonne eines gottbegnadigien und 
gottversöhnten Herzens in jenem herrlichen Traktat pot 
dier stehe ich! 
Ich kann nicht anders! 
Hott helfe mir! Amen. 
8 sind 309 Jahre, da schlug ein Mönch zu Wit— 
E der als geschworener Doktor der heiligen 
— Schrift und als berufener Beichtvater der Gemeinde 
verpflichtet war, wider die greulichen Wölfe auf 
der Wacht zu stehen, welche der Herde nicht verschonen, 
doll heiligen Zorns 95 Thesen wider den Unfug des 
Ablasses an das Hauptportal der Schloßkirche an. Nie— 
mand meldete sich zum disputieren, — die Weltgeschichte 
hat die Disputation übernommen, — der Mönch aber 
ahnte nicht, daß diese Disputationssätze zu Reforma— 
mationssätzen werden und diese Hammerschläge die Man— 
ern Roms erschüttern sollte. Martin Luther ist 
zurch Gottes Fügung ein Schwertgewaltiger im Him— 
melreich, ein Prophet des deutschen Volks, der Bahn— 
hrecher einer nenen Zeit, der Entdecker einer neuen 
Welt geworden. Wenn man fragt, was das Wesen 
der Reformation ausmache, ob der Kampf wider das 
Papsttum, oder die Denkfreiheit, die Gewissensfreiheit, 
die Volksfreiheit, so ist er selbst die Antwort darauf, 
denn er hat die Reformation in sich zuvor durchlebt 
ind in ihm ist sie verkörpert. Offenbar ist der Kern 
der Reformation die Frage des geängsteten Gewissens: 
Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem
	        
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