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genng aussah und sich kaum auf der Bauk halten
ounte.
Die Bäuerin trat indes wieder zu ihr hin und
agte sauft: „Kommt mit mir, Frau!“ Dann nahm
sie ihr den kranken Franz ab, gab ihn der Rosi zu
kragen, winkte auch dieser, mitzukommen, und dann ver—
ichwand sie mit ihnen in die Kammer.
„Da sforge du jetzt für deine Mutter, daß sie in
das warme Bett kommt, indes ich hinaus will und für
meine Leute kochen,“ sagte sie. — „Ich habe mit mei—
nem Bauern geredet, daß er sich heut Nacht hinauflegt
und uns die Kammer überläßt.“
„Wie gut ihr seid! Gott vergelts euch tausendmah!“
eufzte das arme Weib der Davoneilenden nach und
ieß sich von Rosi auskleiden und ins Bett stecken.
Dann legte sie das glühende, fiebernde Büblein neben
sich und faltete die Hände über ihm wie im stillen
Hebet.
Nach einiger Zeit kam die Bäuerin wieder, trug
aus einer Nebenkammer eine gerichtete Wiege herbei
und stellte sie mit einem tiefen Seufzer am Fußende
des großen Himmelbettes auf. Nachdem sie die kleinen
Kissen und älles sorgfältig gewärmt hatte, legte sie das
Fränzele selbst hinein, schickte die Rosi hinaus und ließ
sich auf einem Schemel zur Seite der Wiege nieder,
das süße Kindchen ordentlich mit den Augen ver—
ichlingend.
„Grad so hat mein Jakobele zuletzt hierin gelegen;
acht Kindlein find schon darin gelegen, und alle acht
sind mir gestorben, ehe sie ein Jahr alt waren,“ sagte
ie traurig. „Wie ist doch Gott so verborgen! Wir
sjaben solsch großen Hof und Speise und Trank, und
vas der Mensch begehrt, in Fülle, aber keinen Leibes—
erben bringen wir auf, die Güter zu genießen und
uinser Herz an ihm zu erquicken, und ihr habt acht
Kinder und morgen vielleicht neun — und keine Acker—
iurche, sie drauf zu setzen; wie soll man das nehmen!“
„Aber der dem Vieh sein Futter gibt, den jungen
Raben, die ihn anrufen, läßt auch unsere acht nicht
»erhungern,“ erwiderte das Weib. „Vielleicht braucht
unser lieber Herrgott die vielen Armen in der Welt,
daß er der Reichen Herzen daran wetzt, und daß er
daun seinen Segen an die Gutthaten knüpft, die ihr
uns erzeigt. Wie vorhin der Steffensbauer den großen
Brotlaib hergeschleppt hat und ihr die viele süße Milch,
und wie die acht Kinder so wacker darauf losgingen,
da kam mir der Spruch in den Sinn: „Wer dieser
Heringsten einen nur mit einem Becher kalten Wassers
tränkt — es soll ihm nicht unbelohnt bleiben.“ Wie
ihr mich dann in euer eigenes Bett gelegt habt
—
zu Gott gefleht, er solle euch die Gutthat zeitlich und
ewig vergelten und soll euch auch noch ein gesund und
krästig Kindlein in die Wiege legen, das aufwächst zu
ꝛurem Erben und Stammhalter und euch die Augen
zudrückt, wenn eure Zeit kommt.“
Das Weib sprach all das mit eigentümlich erregter
Stimme, und ihre großen blauen Augen leuchteten da—
zei nur so, daß es der Bäuerin ganz feierlich wurde,
als ob sie eine Prophezeihung hörte; sie faltete unwill—
kürlich die Hände und sagte ‚„Amen“. Dann blieb sie
noch lange neben der Wiege sitzen, um das kranke Büub⸗
lein beschäftigt. Später ging sie hinaus, für den Haus—
halt zu sorgen, damit auch ihre Leute bald zur Ruhe
fämen. Es war dies heuie leichter zu bewerkstelligen.
weil es Sonnabend war, wo in keinem fränkischen
Bauernhause in die Nacht hinein gesponnen und sonst
gearbeitet wird, sondern der Abendsegen wird früher
als sonst gelesen, und dann geht alles zur Ruhe. Sr
auch heute.
(Fortsetzung folgt.)
Die 40. Hauptversammlung des evangel.
Vereins der Gustay-Ndolf-Sstiftung in
Düsseldorf.
(7. - 9. September I886.)
Zum erstenmale seit seinem Bestehen tagte der
Gustav-Adolf-Verein in diesem Jahre in der Rhein—
provinz, wo in Rücksicht auf die gemischt konfessionelle,
überwiegend katholische Bevölkerung die Veranstaltung
einer Häuptversammlung mit größeren Schwierigkeiten
als anderwärts verknüpft ist. Aus den Städten, bei
welchen diese Rücksicht nicht obwaltet, wie Elberfeld,
Barmen, Kreuznach ꝛc., war bisher eine Einladung an
den Verein nicht ergangen. Um so freudiger folgte er
der im vorigen Jahre durch den Vorsitzenden des rhein
Hauptvereins, Konfistorialrat Natorp, an ihn gerich—
—DDD
versammlung in Düsselhdorf, wo der Provinzial—
verein seinen Sitz hat, abzuhalten. Wie es in den
Verhältnissen einer großen, dazu überwiegend katholischen
Stadt begründet liegt, fehlte diesmal dem Festorte fast
ganz der äußere Schmuck an Fahnen und Kränzen, der
den Verein sonst wohl bei seinen Wanderversammlungen
zu grüßen pflegt. Aber inbetreff der gastlichen Auf
nahme der auswärtigen Deputierten und Gäste, die in
seht großer Zahl (ca. 800) herbeigeströmt waren, ist
Düsseldorf hinter keinem der früheren Festorte zurück
geblieben.
Erster Tag.
Im Anschluß an die 40. Hauptversammlung hatte
der rheinische Provinzialverein seine Jahres—
versammlung auf den Morgen des ersten Festtages
(7. Sept.) gelegt, und traten die Deputierten der rhein.
Zweigvereine, deren es jetzt 34 gibt, nebst den Depu—
tierten der 27 rhein. Frauenvereine in der städtischen Ton—
halle zu einer Sitzung zusammen. Als Gäste fanden
sich zu dieser Versammlung ein die Mitglieder des
Zentralvorstandes, Bischof De. Teutsch, aus Hermann
ladt (Siebenbürgen), der Präsident des Posener Kon—
sistoriums, Herr v. d. Gröben, der Vertreter de—
rhein. Konsistoriums. Oberkonsistorialrat Korten,
der Praäses der westf. Prov.Synode, Superintenden
Polscher, Geheimrat Firnhaber von Wies
baden u. a.
Nach dem gemeinsamen Gesang: „O heilger Geisi
kehr bei uns ein“ und einem von dem Vorsitzenden,
Koͤnsistorialrat Natorp, gesprochenen Gebet folgten
zunächst herzliche Begrüßungsworte seitens mihrerer
Gäste und dann erstattete der Vorsitzende den Jahres-
bericht des rhein. Hauptvereins. Aus
demselben teilen wir mit, daß die Jahreseinnahme des
rhein. Vereins sich auf die Summe von 94157
belaufen hat und somit die Leistungen des Rheinlandes
unter denen der 46 Hauptvereine in diesem Jahre die
erste Stelle einnehmen. In dieser Einnahme sind eine
Auzahl von Schenkungen und Vermächtnissen verzeichnet.
die zu kapitalisieren und deren Zinsen für die jähr—