Full text: Evangelisches Wochenblatt (13.1886)

ind auswärtige Gemeinden. Im ganzen kounten 104 bedürftige 
Hemeinden berüchsichtigt werden. Im nächsten Jahre soll die 
Provinzialversammlung in unserer Nähe, in Birkenfeld, statt— 
inden. — Am Nachmittage des 7. versammelten sich die Depu— 
ierten des Centralvereins. Der Vorsitzende, Prof. Dr. Fricke, 
varf dabei einen Blick auf die Katholikenversammlung in Bres. 
au, die kurz vorher getagt hatte. Ihr Vegehren nach einer 
Rüchberufung des Jesuitenordens, der die Schuld an der Er— 
niedrigung Deutschlands trage, bezeichnete er mit Recht als eine 
neue Kriegserkiärung an uns Evangelische von kathol. Seite. 
Auch sprach er den Wunsch aus, daß die Schile nicht wieder 
pom Staate an die Kirche ausgeliefert werde. Die Begrüßungs, 
predigt hielt Geueralsuperinteudent Dr. Baur in der Johannis- 
irche. — Am 8. hielt in derselben Kirche Hofprediger From- 
mel die Festprediat, die die evangelischen Gewissen wecite und 
chärfte: Rom sei gegenwärtig wieder mächtiger, denn zuvor, 
eine Priesterschrjt im Banne des Jesuitismiuns, und maucher 
derrate aus Gleichgültigkeit seinen Glauben um' der Silberlinige 
oder um eines Weibes willen. Es schloß sich die erste öffent— 
iche Versammlung daran. Weit über 1200) Teilnehmer hatten 
ich eingefunden. Der Präses konnte seiner Freude Ausdrug 
geben, daß dieselbe in einem so herrlichen Gotteshause. wie die 
Johanniskirche, tage, wo in Düsseldorf friher evana. Kirchen 
ich nicht an die Stxaße wagen durften, sondern in Hofräumen 
dleiben mußten. Als Festgabe des Rheinlandes an die bedräug— 
en posen'schen Glaubensgenossen wurden 180xXx1.4 überreicht. 
An den Kaiser erging ein telegraphischer Gruß: die Versamm— 
ung lasse es ihr erstes sein, dem Vater seines ganzen, durch ihn 
jesegneten Volkes ohne Unterschied der Konfessionihre ehrer⸗ 
ietigsten Gebetswünsche für ferneren Frieden umd Segen zum 
deile unseres Volkes einnütig darzubringen. Der Kaiser sandte 
einen Dank- und Segenswunsch zurück. Die Summe der in 
— VDD—— 
jaten und Stiftungen erhielt die Hauptkasse 12 im Betrage 
on, 18046 M, die Einzelvereine 125 im Bekrage von 80 0 
Rachmittaas besuchten die Gäste die Diakonissenanftalt zu Kai— 
„eswerth, die gegen Enden d. Mis. ihr 50jähriges Be— 
tehen feiern wird. — Die 2. Hauptversammlung am folgen— 
»en Tage brachte die Begrüßungen der Vertreter des evangel. 
Auslandes aus Belgien, Italien, Spanien. Siebenbürgen. Der 
Lertreter des Evaugelisationswerkes bon ElsaßVothringen be— 
richtete über den günstigen Stand desselben Von den'3 für 
die große Liebesgabe von 17600 4 vorgeschlagenen Gemeinden 
Branitz in Oberschlesien, Zell in Baden und Si. Avpoid wunde 
das erstere gewählt. 
Das so schön verlaufene Gustav-Adolf-Fest gestaltete sich zu⸗ 
leich zu einer protestantischen Autwort auͤf die erwähnte Ka— 
holikenversammlung in Breslau. Man hätte erwarten dur— 
en, daß in Geist und Haltung derselben sich der „Friedens⸗ 
chluß“ des Frühjahrs in höherein Grade geltend machen würde, 
ils es thatsächlich der Fall war. Derseloe güt dem Nitraämoön— 
anismus nur als ein Schritt weiter zur Erreichung feiner leß— 
en Ziele und seiner auch dort hervoͤrgetretenen Forderungen: 
derrschaft über die Schule, Wiederherstellung des Kirchenstaates, 
iamentlich aber Zurückberufung der Orden, zumal des Jesuiten⸗ 
rdens, in denen Ront dermalen seine eigentlichen Kerntruppen 
ind willenlos seinem Winke folgenden Kriegsvölker findet. Wir 
denken, daß ihm der deutsche Staat darin sein: Vis hierher und nicht 
veiter! entgegen sezen wird. Einen großen Rauem in den Ver 
sjandlungen nahmen übrigens die Vereine und Werke der „Cha⸗ 
itas“ die kathol. Missionen und die sozialpolitischen Arbeiten 
ind Aufgaben ein, in denen manche treffende Wahrheit gausge— 
prochen ward und worin die katholische Kirche, weil auf zahl⸗ 
eichere Arbeitskräfte und viel groͤßere Mittel als wir gestüßt, 
ine umfangreiche und eingreifende Thätigkeit entwickelt. 
Fürst AUlerander von Bulgarien hat sich schweren 
herzens und von der Anhänglichkeit besonders seines Heeres 
egleitet von seinem Volke getrennt, dem eisernen Gebote Ruß⸗ 
auds und der Notwendigkeit gehorchend. Die Gefahr aber, die 
dem europäischen Frieden durch das stätige Anwachsen des rus⸗ 
ischen Kolosses droht, ist durch diese Beseitigung des Fürften 
vohl eher verarößert als vermindert worden 
—ABischmisheim. Am 10. Mai 1876 war es, als das 
rste Missionsfest hier gefeiert wurde. Es war also hohe Zeit, 
in zweites zu feiern. Das ist denn auch am 12. ds. Hits, 
eschehen. Beidemale war ein bairischer Pfarrer aus der Nach— 
arschaft der Festprediger; damals Herr Vikar Werlie von Ens— 
eim, diesmal Herr, Pfarrer Ferkel von Sa Ingbert. 
dener wurde der Besuch des Festes begünstigt durch die unter 
es erbaute Eisenbahn Saarbruücken St. Ingbert,“ zumal die 
apferen und opferbereiten Vischmisheimer sich eine Haltestelle 
rstritten hatten. Das achteckige Kirchlein mit seiner hohen, 
ingasherumlaufenden Empore war dicht gefüllt Geprediät iurcde 
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iber Apostelgesch. 16, 65J10. Die Gemeinde lauschte mit ge— 
spaunter Aufmerksamkeit, den tief durchdachten Auͤsführungen 
des Redners. Von der freudigen Erregung der Kaisertage“ zu 
Straßburg ausgehend, mahnte derselbe zu Aleicher Begeisterung 
für die Siege und das Regiment unseres himmlischen Königs. 
Die Freudigkeit in der Missionsarbeit wurde aus 
den, Renf des Macedoniers: „Kommherüber und hilf uns“, der 
ugleich ein Ruf von Oben ist, und auf die Führumg 
des Her,een bei der Ausbreitung, seines Reiches gegründet 
Sin Glaubenswerk, eine Liebespflicht und eine Ehrensache ist 
die Mission für die Kinder Gottes — das wurde im ersten 
Teil gusgeführt. Die Wege des Herrn mit seinen Boten find 
freilich oft kein Eilen, sondern ein Verweilen; aber dann gebie— 
tet er auch wieder einmal ein kräftiges WBorwärts, wie in 
unserer Zeit; wo so viel offene Thüren sich zeigen, und es auch 
nicht an kraftvollen Persoönlichteiten sehlt. Die Kollette ergal 
m ganzen 28 M. Die Nachversammluug war sehr stark besucht. 
Zu der herrschenden tropischen Hitze paßte der Juhalt des erften 
Vortrages, welcher in jenes heiße Afrika mit den schwarzen 
Yenschen und den weißen Ameisen führte und auf die drei Vähn 
recher Vivingstone, Stanley und Gordon hinwies. Ter christ 
liche Charakter und die Thätigkeit des Leßtgenannlen wurde 
ausführlich behaundelt. Herr Lehrer Thum deckte das Geheimmie 
der Erfolge solcher Männer und der Mission auf; das Geheim— 
nis ihrer Kraft liegt im Worte Gottes umd im Gebel. 
Auch die Missionsleute daheim müfsen tiefer ins Wort hinein 
und eifriger ins Gebet! — In seinem Schlußwort betonie der 
Festprediger, nachdem er die Feuer der Vischmisheimer Kalt: 
Hfsenn zum Gleichnis benutzt hatte, den Segen regelmäßiger 
kleiner Gaben für die Mission, jede Woche eiwaä Pfennige, 
die durch Sammler oder Samnilerinnen erhoben werden. die 
Erfolge dieser PfennigsKollekteneVereine sind 
nicht unbedeutend; sie bilden sowohl in Basel als auch in Bar— 
nmen einen ziemlich großen Bruchteil der Einnahmen; in unserer 
Synode kamen im Jahre 188386 1089 .4 34 durch diese 
Kollektenbücher zusammen. Vielleicht finden sich auch in Bisch— 
misheim einige junge Mädchen, die solche Sammelbücher über 
iehmen. Man möge nur den Herrn Pfarrer getrost um Be— 
schasfung derselben bitten und daun einen kräftigen Anfang mit 
dem Sammeln machen; das würde ein bleibender Segen vom 
diesjährigen Feste sein. Mögen auch die fo zahlreich verkauften 
Liederhefte und Wiissionsschriften ihre Werbedienste fortseßen! 
Auch dazu, sollen unsere Feste mitwirken, daß das geistliche Lied 
wieder mehr in den Haͤufern erklinge. Singt also fleißig, 
ihr lieben Bischmisheimer, Eltern, Kinder und Nachbarn, imi 
zinander, bis zum nächsten Feste. das wir dann, wills Gott, 
uinter freiem Himmel auf eurem schattigen Kirchplabe feiern 
tkönnen. 
— Die Zahl der evangelischen Studenten der 
Theologie auf den deutshen Univerfitäten betrug 
im Winter 1876777 nur 1542, im Sommer 1875 dagegen 44641 
und im letzten Winter 4312 CLeipzig 675, Verlin 601, Halle 
532, Erlangen ZuB, Tübingen 363, Greifswald 300 Königsberg 
240, Goöttingen 225, Breslau 156, PMarburg 159, Jend 132 
Straßburg 102, Gießen 93. Bonn 85. Kiel 95, Rostod 64, Hei 
delberg 62), in die sein Sommer 4633. 
— dDie Zahl der Studenten an den 20 deutschen 
Universstäten betrug im letzten Sommersemester —A 
und zwar studierten in Berlin 4131 in Leipzig 3060,. München 
3035, Halle 1518, Breslau 1425, Tübingen 1403. Würzbuͤrg 
1363. Freiburg 1319. Bonn 1203 Göoͤtlingen 1056 Heidelberg 
1036. Greifswald 1016, Marburg 939, Erlangen 909, Königs- 
derg 871. Straßburg 846, Jena 655, Kiel 540 Gießen 513 und 
Rostock 313. Im Vergleich zum Sommer 1880 hat die Zahl 
der Studierenden um 7033 zugenommen. Die einzelnen Fakul⸗ 
äten sind an dieser Zunahme sehr ungleich beteiligt. Am größ⸗ 
ten war der Zuwachs bei den evangelischen Theologen, deren 
Zahl in fünf Fahren von 2315 auf 4083 gestiegen ist; die katho— 
lischen Theologen sind von 636 auf 1183, die Studenten ver 
philosophischen Fakultäten von 8816 auf 8919 gestiegen, nur 
bei den Juristen zeigte sich ein Rückgang von 8201 auf 4014 
— (Gute Antwort.) „Habt ihr denn dem lieben Gott 
so gar viel zu danken?“ sagte eines Tages der reiche Wirt zu 
seinem Nachbar, dem armen Weber, „weil ihr jeden Äbend singt: 
Nun danket alle Gott?, Denn euer Handwerk wirft ja so wenig 
ab, und ihr habt eine starke Familie; da muß es doch in eurem 
Hanse knapp genug hergehn?“ „Ift wohl wahr, Herr Nachbar,“ 
sagte der Arme; „aber mit den Danken verhäit es sich so: für 
das, was wir haben, danken wir Gott, weil es uns wohlthut 
für das aber, was wir nicht haben, danken wir Gotl. well wö 
es nicht brauchen.“ 
— (Auch ein Voxteil vom Christentum.) Ein 
Bauer lebte in hartem Sinn ohne ernstes Nachdenken in der 
Taa hinein. kalt gegen Gott. grob gegen feine Mimmenichen um
	        
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