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1715 Postver zeichnis. Dreizehnter Jahrgang. — Preis pro Quartal 50 4. Ins. Gebühr vro 3spaltige Zeile 20 8. Auflage 5100.
Neunkirchen, *45* den 12. September 1886.
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Die häusliche Liebe.
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3 betrachten heute die Liebe zwischen
2y38Elhtern und Kindern. „Kinder sind
26 Gabe des Herrn,“ sagt der Psalmist; der
— Herr versagt sie, er gibt sie, er nimmt sie, er
erhält sie nach seinem Wohlgefallen. Und warum er
dem einen Hause versagt, was er dem andern gibt,
varum er dem einen Hause nimmt, was er dem an—
dern erhält, das sind heilige Rätsel, die nicht hier,
sondern droben ihre Lösung finden werden. Kinder
sind eine Gabe des Herrn; wo sie aber nun vom Herrn
gegeben sind, da erweitert sich nicht nur die Lebens—
freude, sondern auch die Lebenspflicht und damit auch
die Liebespflicht. Die Kinder sollen ihre Eltern, die
Eltern ihre Kinder lieben, sagt uns der Tert.
„Ihr Kinder,“ sagt Paulus, „seid gehorsam den
Eltern in allen Dingen, denn das ist dem Herrn ge—
fällig!“ Zunächst eine Erinnerung an das vierte Gebot,
eine Erinnerung an die königliche Glorie, die von Got—
tes Gnaden aus dem Antlitz der Eltern unantastbar
glänzt. „Du sollst deinen Vater und deine Mutter
ehren!“ das ist das erste Gebot, das Verheißung hat,
ein Gebot für jedes Menschenkind, ein unverbrüchliches
Gebot auch für jedes Christenkind. Es ist ja nicht
knechtischer, sondern eben kindlicher Gehorsam gemeint,
Gehorsam, der aus der Liebe entspringt und in der
Liebe geleistet wird. Die Christenkinder sollen in ihren
Eltern Gottes Statthalter auf Erden sehen und sollen
ihre Liebe zu Gott, den sie nicht sehen, beweisen in
ihrer Liebe zu den Statthaltern Gottes, die sie sehen,
und sollen diese Liebe vor allen Dingen darin beweisen,
daß sie ihre Eltern und Herren nicht verachten noch
erzürnen, sondern sie in Ehren halten, ihnen dienen,
gehorchen, sie lieb und wert haben. So hat Jesus
Christus, der Hochgelobte, da er weiland in Kindes—
gestalt auf Erden lebte, allen Kindern zum Vorbild
die kindliche Liebe geüht. Es werden uns aus seinen
Kinderjahren nicht zärtliche Worte mitgeteilt, die er an
Joseph und Maria gerichtet habe, aber es wird uns
ausdrucksvoll gesagt: „Er ging mit ihnen und war
ihnen unterthan.“
O ihr Kinder unter uns, ihr kleinen Kinder und
ihr großen Kinder, haltet Jesum Christum täglich vor
Augen und erbittet euch täglich von ihm seinen heiligen
Geist, daß ihr euren Eltern täglich die gehorsame Liebe
leisten möqgt, die dem Herrn gefällig ist. Wisset. der
liebe Gott ist ein sehr guter Gott, aber ungehorsamen
Kindern gegenüber ist er ein drohender Gott, und seine
Drohung lautet fürchterlich: „Ein Auge, das den Vater
verspottet und verachtet, der Mutter zu gehorchen, das
müssen die Raben am Bach aushacken und die jungen
Adler fressen.“ Und meint ihr, das sei nicht so schlimm
gemeint, ja doch, es ist so ernst gemeint, als es gesagt ist.
Mit Schrecken stehts z. B. geschrieben in der Familien—
geschichte des Reformators Justus Jonas in Halle. Ein
Sohn dieses trenen Dieners Gottes verspottete alle Mah—
nungen des Vaters, verachtete alle Thraͤnen der Mutter;
er ist als Mann in Kopenhagen wegen gemeiner Verbrechen
hingerichtet worden, zur Speise für die Raben und Adler.
O ihr Kinder, bittet euren Heiland und eure Eltern dazu
um Vergebung für allen euren Ungehorsam und ehret in
der Kraft des Herrn Vater und Mutter, die Majestäten
des Hauses, damit euch Gottes Drohung nicht treffe,
sondern Gottes Verheißung an euch wahr werde und
es euch wohl gehe und ihr das ewige Leben ererbet!
„Ihr Väter,“ ruft Paulus weiter und meint die
Mütter mit, ihr Eltern, „erbittert eure Kinder nicht,
daß fie nicht scheu werden!“ Also nicht nur die Kin—
der haben Pflichten gegen die Eltern, sondern auch die
Eltern gegen die Kinder. Kinder sind kein Spielzeng,
Kinder sind kein bloßer Schmuck des Hauses, Kinder
sind auch keine Engel vom Himmel, sondern Kinder
sind unsterbliche Menschenseelen, den Eltern anvertraut,
daß sie sie erziehen sollen zu Menschen Gottes, zu allem
guten Werk geschickt. Als anvertrautes Gut, von
dem ihr Rechenschaft geben müßt, als hohe Aufgaben
für die Zeit und für die Ewigkeit sollen eure Kinder
vor euren Augen stehen, ihr Väter, ihr Mütter; er—
ziehen sollt ihr sie und dieses Wort birgt Mühen in
sich; herausziehen sollt ihr sie aus der Welt, heran—
ziehen sollt ihr sie ans Kreuz Christi, hinaufziehen
sollt ihr sie in die Höhe, zu Gott im Himmel. Und
das geht nimmermehr durch die bloße Lehre; das Le—
ben, euer Leben muß mit erziehen. Stimmt das eigene
Verhalten der Eltern nicht mit dem, was sie von den
Kindern verlangen — o Kinderaugen sehen scharf und
ziehen aus dem Zwiespalt zwischen Wort und Wandel
der Eltern den bittern Schluß: Meine Eltern messen
mit zweierlei Maß, mit einem weiten für sich und mit
einem engen für mich! Schont ihr der Ruthe, wo es
gilt, ernst zu strafen, denn auch Kinder sind Sünder,
straft ihr aber, wo Schwächen der Kinder eure Bequem—
lichkeit stören — dann verderbt ihr die ganze Erziehung,
danmerbittert ihr die Kinder und macht sie scheu. dann