Full text: Evangelisches Wochenblatt (13.1886)

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5. 
1715 Postverzeichnis. Dreizehnter Jahrgang. — Preis vpro Quartal 50 4. Ins.⸗Gebühr pro 3spaltige Zeile MA. Auflage 5100. 
34. Neunkirchen, 553 den 22. August 1886. 
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Bergfestpredigt, 
gehalten am 18. Juli 1886 von Pfr. Eybisch in Heiligenwald. 
Text: Matth. 19,6: Was nun Gott zusammengefüget 
jat, das soll der Mensch nicht scheiden. 
III. 
ehen wir nur noch einen Schritt weiter und sehen 
G das für euch so besonders wichtige Verhältnis 
von Ernst und Freude. Das Benrgfest ist 
ein Freudenfest, eine Erholung nach langer Arbeit, 
eine Erquickung nach dem Schweiß und der Mühe eines 
zanzen Jahres — wer wollte sie dem wackern Knappen 
nicht von Herzen gönnen? Aber doch dürfen wir der hellen 
Freude düstern Zwillingsbruder nicht vergessen. Das 
Bergfest ist zugleich auch ein ernstes Fest, eine Erinne— 
cung an schwere Erfahrungen und traurige Unglücks— 
älle, eine Hinweisung auf wilde Wasser und schlaägende 
Wetter. Wie könnten doch die Lebenden diesen Tag 
seiern, ohne der treuen Toten zu gedenken, die für 
immer feiern; wie dürften wir fröhlich sein mit den 
Fröhlichen ohne zu weinen mit den Weinenden; wie 
dürften wir Ernst und Freude von einander scheiden, 
die wie Regen und Sonnenschein Gott der Herr für 
alle Menschen, besonders für den Knappen so eng zu— 
sammengefügt hat! Wie traurig daher, wenn wir et— 
liche dieses Weges finden, die den Ernst scheiden von 
der Freude, dem Trübsinn, der keinen Lichtstrahl mehr 
gewahrt, der Verzagtheit, die nimmer aus der Tiefe 
zu Tage fährt, der Verzweiflung sich hingibt, die end— 
lich mit Herzeleid in die Grube hinunter fährt, als ob 
es im Bergrevier nicht heißen dürfte: „Auf den Regen 
folgt die Sonn, aus das Trauern Freud und Wonn, 
auf die Angst und bittre Pein stellt sich Trost nund 
Labsal ein.“ Wie traurig aber auch, wenn wir etliche 
dieses Weges finden, die die Freude scheiden vom Ernst 
uind dem Leichtsinn, welcher Tugend und Sitte nicht 
achtet, der Ausgelassenheit, die der schwarzen Farbe 
des Bergkittels vergißt, der eiteln Vergnügungssucht 
fröhnt, die dem Knappen so gar nicht anstehen will, weil 
x vor anderen Menschen täglich sein Totenhemd trägt. 
Wie selig darum endlich die wahrhaft christlichen Knap— 
pen, welche gelernt haben, am guten Tage gutes Muts 
zu sein und den bösen auch für gut zu nehmen, welche 
nit dem Apostel weinen, als weinten sie nicht, und sich 
freuen, als freuten sie sich nicht, die dieser Welt brau— 
hen, aber sie nicht mißbrauchen, dieweil sie mit aller 
ihrer Lust vergeht. Und darum ihr Fröhlichen, die ihr 
auf diesen Tag schon lange gewartet habt, freuet euch 
immerhin, aber gebet zugleich dem ernsten Gedanken 
Raum, daß Gott euch um das alles wird vor Gericht 
führen; und ihr Traurigen, deren Gedanken vielleicht 
bei einem stillen Grabhügel verweilen, seid immerhin 
traurig, aber gebet doch auch Raum dem Lichte dieses 
Tages und der apostolischen Mahnung: „Freuet euch 
in dem Herrn alle Wege und abermal sage ich, freuet 
euch;“ und ihr Festgenossen alle, die ihr Weihe und 
Weisung für Euer Thun hier an heiliger Stätte empfangen 
wollt, laßt mich das Bild der wahren Knappen, der ernst— 
freudigen und freudig-ernsten Christen auch vor die Augen 
malen, indem ich, an einen trefflichen Gewährsmann mich 
anlehnend, von ihnen, Gott gebe von uns allen sage: 
Sie begehen den Tag der Freude mit Würde und kran— 
zen den Ernst des Lebens mit Blumen, sie lassen sich 
durch Gottes Güte zur Buße leiten und halten auch in 
hösen Stunden daran fest, daß ihnen alle Dinge zum 
Besten dienen müssen, sie rufen zur Schutzwehr gegen 
die Sünde mitten ins heitere Leben das Bild des Todes 
und zum Sieg über die Welt mitten in den Kampf 
des Todes den Wonnegedanken der Unsterblichkeit. Sie 
hegrüßen den Geliebten am Morgen mit der Frage 
m Herzen: Wie! wenn ich von dir mich heut trennen 
ollte? und mildern die Trennung, wenn sie nun nahet 
durch das Wonnegefühl himmlischer Bande, die kein 
Beschick mehr zerreißen kann. Sie schlagen mit heiliger 
Verachtung die Schätze des Lasters aus und ergreifen 
mit Ruhe, ja mit Begier die Dornenkrone ihres gött— 
ichen Meisters. So gehen sie durch den Ernst zur 
Freude, durch die Freude zum Ernste und golden und 
mmer goldener wird ihnen die Jesusregel: „Was Gott 
zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“ 
Und nun, teure Bergmannsgemeinde, das Letzte, das 
Höchste, die eine große Hauptsache, die allem bisher 
Gesagten schon zu Grunde liegt, nämlich 
IV. 
das Verhältnis von Zeit und Ewigkeit. Das 
Bergfest ist ein weltlich, irdisch Fest, wie das Erntefest, 
das der Landmann begeht, aber doch kommt ihr, wie 
ener, zuerst hierher ins Bethaus, um zu danken und 
zu bitten, um Gottes Wort über euer Feiern und Ar— 
deiten zu vernehmen und so dasFest doch auch zu einem 
irchlichen und christlichen zu machen. Und so ist es 
recht und wahrhaft würdig und wohlgethan. Neben 
der Grube drüben steht die Kirche hier. Zu dem 
Grubenglöcklein dort, welches euch immer wieder zur 
Arbeit in die Erde hinunterweist, gesellt sich hier das 
Kirchengeläut, welches euch immer wieder zur Andacht
	        
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