Full text: Evangelisches Wochenblatt (13.1886)

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715 Postverzeichnis. Dreizehnter Jahrgana. — Preis pro Quartal 50 4. Ins.-Gebühr uro 8spaltige Zeile 209 d. Aufiage 5100 
aͤ Nennkirchen, nz den 8. Auqust 1886. 
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Bergfesltpredigt, 
gehalten am 18. Inli 1886 von Pfr. Eybisch in Heiligenwald. 
Tert: Matth. 19,63: Was nun Gott zusanmmengefüget 
jat, das soll der Mensch nicht scheiden. 
Seure Bergmannsgemeinde! Du hast dich gewun— 
dert— das eben verlesene Christuswort gerade zu 
* dem heutigen Tage zu vernehmen. Denn es ist 
ja Bergfefi, was wir hente feiern, und du magst 
mit Recht fragen, wie das Wort, das in heiliger 
Stunde einem jungen Paare zugerufen wird, wenn es 
vor Gottes Angesicht das menschliche Ja sich gibt, um 
das göttliche Amen zu empfangen, wie ebendasselbe 
Wort der Schar, die im Rückblick auf die schweren und 
gefahrvollen, aber mit Gottes Hülfe nun wieder glück— 
sich überstandenen Schichten eines ganzen Jahres und 
aller vorhergehenden Arbeitsjahre mit Loben und Dan— 
ten und lautem Jubelschall, im Ausblick auf die noch 
kommenden vielen oder vielleicht gar wenigen Schichten 
mit innigem Bitten und Flehen, im Hinblick auf die 
gegenwärtige Feierstunde mit Rührung und Erhebung 
dor dem Angesichte des Allerhöchsten erscheint, — wie, 
jage ich, der Knappenschar an ihrem Ehren- und Freu— 
dentage jenes Christuswort zugerufen werden könne. 
Indessen liegt die Beziehung doch wohl näher, als 
es auf den ersten Blick scheinen mag. Wie gar oft ein 
Wort und besonders ein Christuswort, für einen einzel— 
nen Fall geredet, sein Licht weit über diesen Fall hin— 
miswirft, so ist es auch hier. Das Ehegesetz, welches 
der große König des Hiinmelreiches hier proklamiert, 
ist eine goldene Regel, ein Lebensgrundgesetz, welches 
durch alle Höhen und Tiefen des Daseins hindurchgeht 
und deshalb schon den Bergmann, wie jedermann an— 
geht. Das ganze Leben des Menschen, das einsame, 
dvie das gemeinsame, ist der Inbegriff einer großen 
Fülle und Mannigfaltigkeit, das Ergebnis einer unend— 
süchen Wechselwirkung von Kräften, eine Vereinigung, 
eine Zusammenfügung, die Gott der Herr also geordnet 
hat, daß sie zu dem hehren Ziele wahren, befriedigten 
Lebens hier und dort uns dienen und führen soll, und 
ihr werdet mir zugestehen, daß es sich so namentlich 
mit dem bergmännischen Leben, mit der großen Haus— 
haltung einer christlichen Knappschaft verhält. Darum 
aͤber gilt es für sie, das, was Gott gefügt und zu— 
sammengefügt hat, nicht nur recht zu erkennen, dankbar 
anzuerkennen und immer wieder von neuem zu erbitten, 
sondern auch eifrig pflegen und fördern zu lernen, um 
so immer rüstiger die sauren Wochen zu bestehen, immer 
gesegneter das frohe Bergfest zu begehen, immer zu— 
versichtlicher den schönen Glückanf-Gruß zu tauschen und 
dadurch das wahre Glück und Wohlsein dieses und des 
zukünftigen Lebens zu finden. Und deshalb laßt es 
uͤns heute als eine goldene Bergmannsrege! 
hinstellen: 
Was Gott zusammengefügt hat, das 
soll der Mensch nicht scheiden. 
Auf viererlei Verhältnisse laßt mich für euch diese 
Regel jetzt auwenden, auf 
1) Mann und Weib; 
2) Hoch und Niedrig; 
3) Ernst und Freude; 
4) Zeit und Ewigakeit. 
J. 
Das Bergmannsfest ist ein Familienfest. Ein ande— 
res Bild als gewöhnlich bietet an diesem Tage die 
Straße da draußen uns dar. Während sonst die Knap— 
pen allein in schlichem Gewand und emsigem Schritt 
zu oder von der Schicht auf und ab eilen, so ist heute 
das Arbeitsgewand mit dem Feierkleid vertauscht, das 
euisige Gehen ist zum festlichen Wallen geworden, die 
Mänuner kommen nicht allein, sondern sie erscheinen mit 
Weib und Kind, frohlockend und dankend, eine feiernde 
Menge, eine einzige große Familie, die bei ihrer freund— 
lichen Nährmutter, der Grube, bei dem ewig treuen 
Vater und Erhalter der Menschenkinder zu Gaste ist 
und erfüllet wird mit Speise und Freude. Und so ist 
es recht und gut, so ist es die echte dentsche Art, wie 
sie der über den Sittenverfall des eigenen Volkes tief 
betrübte Römer vor 18 Jahrhunderten beschrieben hat, 
so ist es — was viel mehr sagen will — die Ordnung 
des Gottes, der es von Anfang an nicht gut fand, daß 
der Mensch allein sei, sondern ihm ein Weib zur Hülse 
Jab, so ist es der Wille des Heilandes, der auf Kanas 
Hochzeit war, und in dem heiligen und unverbrüchtichen 
Bunde mit seiner Gemeinde für den Ehestand das 
weihevollste Vorbild gibt, so ist es der Trieb des christ 
lichen Hausgeistes, der die rechten Ehegatten treibt 
einander durch die Welt, ja in den Himmel zu bringen, 
so daß ich sagen muß: wie Adam und Eva, wie Joseph 
und Maria, so hat auch den christlichen Knappen und 
sein Weib Gott zusammengefügt, und der Mensch soll 
sie nicht scheiden. 
Wie traurig schon, wenn Gott das selbst thut und 
die alte Klage erweckt: „Es ist bestimut in Gottet 
Rat, daß man vom Liebsten, was man hat, mnß schei 
den.“ seis nun, daß an dem Manne in dor unterirdi
	        
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