Full text: Evangelisches Wochenblatt (13.1886)

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V. 
1715 Postverzeichnis. Dreizehuter Jahrgang. — Preid pro Quartal 504. Ins.Gebühr oro 3spaltige Zeile a. Auflage 5100. 
I8 830. Neunkirchen, 53. den 25. Juli I886. 
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Das gesegnete Tagewerk. 
Luc. 5,5: Meister, auf dein Wort will ich 
das MNeß auswerfen. 
morgen Jünger, sondern die Jünger waren Fiisscher, 
und die Fischer waren Jünger. Darum gehorchten sie 
dem Worte ihres Meisters auch bei ihrem Tagewerk. 
„Meister, auf dein Wort willbich das 
Netz auswerfen“, sagt Simon Petrus. Er hat 
seine Bedenken gehabt; nach seiner Beobachtung war 
am Tage wenig Aussicht auf einen einträglichen Fisch— 
zug; die ganze Nacht hatten sie gearbeitet und nichts 
gesangen. Aber der, der alle Dinge weiß, versteht sich 
auch auf den Fischfang, und Petrus traut ihm, daß 
er ihm kein unnützes Wort sagt. Versteht dein Gott 
nicht auch deine Arbeit? Meinst du, daß er dir dein 
Tagewerk auch in dem Sinne als deine Privatangelegen— 
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uͤnd Erfahrung, nach weltlicher Klugheit und „wie es 
das Geschäft mit sich bringt“ verfahren sollst, oder 
muß nicht auch bei deinem Tagewerk das Wort des 
Meisters dir sagen, was du thun und lassen sollst? 
Uns zum Vorbilde erfährt Petrus sogleich, daß das 
Tagewerk des Jüngers, der dem Wort des Meisters 
folgt, ein gesegnetes ist. Er thut einen solchen Fisch 
zug, daß das Netz zu zerreißen droht; er muß Gehül— 
sen rufen und findet willige Hände, den reichen Segen 
zu bergen. Das ist nicht die Regel für jede einzelne 
Arbeit, aber es ist die Regel für das ganze Tagewert 
des Christen. Das wird nicht ungesegnet bleiben, weun 
es ausgerichtet wird in dem Glauben: „Meister, 
auf dein Wort!“ Ueber Bitten und Verstehen 
will der Herr noch immer an uns thun, auch bei un— 
serer alltäglichen, mühseligen, unruhigen Arbeit, wenn 
wir sie also im Gehorsam gegen ihn, und nicht nach un— 
serer Klugheit nur, oder nach dem Geiste der Zeit und 
nach dem Laufe der Welt treiben. Auch der Mangel 
an Ersolg bei unserer Arbeit, oder Schaden dabei wird 
uns nicht irre machen können, daß das ein gesegnetes 
Tagewerk ist, welches wir auf das Wort unseres Mei 
ters ausrichten. 
Den eigentlichen Segen empfing auch Petrus nicht 
in der großen Menge Fische, die er ebenso willig ver— 
ließ, wie alles andere Hab und Gut, sondern der Se— 
gen, der ihn niederzog auf seine Kniee, daß er zu Jesu 
Füßen bat: „Herr, gehe von mir hinaus, denn ich bin 
ein sündiger Mensch“ — dieser Segen war nicht in 
sein Netz, sondern in sein Herz gekommen. Hier erfuhr 
er es, daß der, dessen Worten er traute und gehorchte, 
in sein armes Leben eingriff und ihn, den Simon und 
seine Gesellen, seine Herrlichkeit sehen ließ. Das sollte 
nicht nur ein verdgändlicher Segen seiner Arbeit bleiben 
Syn dem Leben des Herrn Jesu und seiner Jünger 
Pn immer eins als ein besonderer Vorzug er— 
scheinen. Wir meinen das, daß die Jünger fort— 
* während mit dem Meister zusammen sein und 
sein Wort hören durften. Von früh bis spät, bei der 
Arbeit und bei der Ruhe war er bei ihnen und redete 
zu ihnen, und sie lauschten seinem Wort. 
Daran fehlt es nus in unserm Leben. Unser Tage— 
werk in der Arbeit, die einem jeden von uns nach sei— 
nem Maße auferlegt ist, müssen wir unter so viel Un— 
ruhe und Lärm verrichten, daß wir das Wort des 
Herrn dabei nicht vernehmen, obwohl er auch zu uns 
redet, weil er uns verheißen hat, daß er alle Tage bei 
uns sein wolle; ja, wir hören nicht nur kein Gottes— 
wort, sondern wir vergessen dabei so manches Gottes— 
wort, das wir vor kürzerer oder laängerer Zeit gehört 
haben, und wenn wir uns einmal darauf besinnen, so 
müssen wir uns schämen, daß unser Thun und Treiben 
im täglichen Leben so wenig zusammenfstimmt mit dem, 
was wir einst gehört haben, und was wir gerne be— 
wahren wollten in einem feinen, guten Herzen. Das 
ist nicht gut. Dadurch kommt ein Zwiespalt in unser 
Wesen, welcher unsern Frieden stört und unsere Kraft 
berdirbt. Dabei kann unser Tagewerk nicht ein geseg— 
netes werden, wie wir es uns doch gewißlich wünschen. 
Oder wäre es wirklich so, wie wir uns oft ein— 
reden, oder wie uns die Leute vorreden, daß unsere 
tägliche irdische und weltliche Arbeit und unsere Samm— 
lunig um Gottes Wort himmelweit verschiedene Dinge 
sind? Müssen wir immer erst den Sonntagsrock an— 
ziehen, unser Arbeitszeug fortlegen und ein besonderes 
Gesicht dazu machen, wenn wir Gottes Wort hören 
sollen? Gewiß sind Gottes Wort und unsere Arbeit 
himmelweit verschiedene Dinge. Aber du bist doch der— 
selbe Mensch, der heute Gottes Wort hört und der 
morgen in der Werkstatt oder in der Küche, im Laden 
oder in der Studierstube, auf dem Markt oder in der 
Fabrik, in der Grube oder auf dem Hüttenwerk sein 
Tagewerk verrichtet. Es waren dieselben Jünger, die 
die Nacht hindurch auf dem See ihr Fischerhandwerk 
getrieben, dann am Ufer ihre Netze wuschen, um bald 
ihr Tagewerk wieder zu beginnen, welche das Wort 
Ehristi hörten und nachher eben dieses Wort der Welt 
verkündigen sollten; sie maren nicht heute Fischer und
	        
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