Full text: Evangelisches Wochenblatt (13.1886)

WwWeblchrad 
* 
85 
7 
—* 
1715 Postverzeichnis. Dreizehnter Jahrgang. — Preis pro Quartal 50 4. Ins.Gebühr pro 3spaltige Zeile MaA. Aunflage 5100 
M 27. Neunkirchen, *38 den 4. Juli LISSG. 
8. 
— 
—* 
Es ist noch Raum da. 
Luc. 14, 22. Der Knecht sprach: Herr, es ist 
zeschehen, was du befohlen hast. es ist aber noch 
Raum da. 
as Wort des Knechtes aus dem heutigen Evan— 
55 ist das Zeugnis der Knechte Gottes durch 
alle Zeiten hindurch bis an das Ende der Tage. 
— Schon in den Tagen Jesn Christi hier auf Erden 
erging die Einladung zum großen Abendmahl 
nuch an die, welche vor der Welt als die Armen, 
Krüppel, Lahmen und Blinden gelten. Von Geschlecht 
zu Geschlecht wiederholte sich die Erfahrung, daß die, 
velche als zuerst zum Reiche Gottes eingeladen anzu— 
sehen waren, von den himmlischen Gütern doch nicht 
recht etwas wissen wollen, sondern ihre irdischen Ange— 
egenheiten für wichtiger halten. Aber unter den an— 
dern, welche nicht gut genug zu sein scheinen, um zu 
Tischgästen Gottes eingeladen zu werden, findet sich 
herzliches Verlangen und frohe Empfänglichkeit für 
Gottes Gnadengaben. Zu ihnen schickt der Herr darum 
anch heute noch seine Knechte und von ihnen kommen 
diese auch heute noch wieder und melden ihm: Herr, 
es ist geschehen, was du befohlen hast: es ist aber noch 
Raum da! 
Aber auch das weitere Gebot des Herrn wird schon 
'ange befolgt. Die Knechte des Herrn sind ausgegangen 
und gehen auch heute hinaus zu denen, die draußen 
iind auf den Landstraßen und an den Zäunen, zu den 
Heiden, die ganz andere Wege gegangen sind, als zum 
Hause Gottes, und die, elend und ermattet, mit den 
ämmerlichsten Ruhestätten, an den Zäunen, sich begnü— 
gen. Es ist noch Raum da — so wird ihnen gesagt, 
damit sie alle Bedenken und alle falsche Scham fahren 
iafsen, damit sie kommen und das Haus des Herrn 
doll werde. 
Das ist eine tröstliche Aussicht für die Welt. Es 
ist noch Rum da! So weit Menschen wohnen, 
die noch nicht eingeladen sind, es ist für sie noch Raum. 
Da mögen die Boten hinausgehen zu den 1000 Mil— 
lionen Heiden und es ihnen allen in ihrer eigenen Sprache 
verständlich machen, daß sie inne werden, was es für 
sie bedeutet, es ist noch Raum da! Wie ermutigt das 
alle, welche das Werk der Heidenmission lieb haben, 
und alle, welche für dasselbe beten und direkt oder in— 
direkt an dem Werke mitarbeiten! In Gottes Hans ist 
noch Platz, da können sie noch alle hinein, auch jene 
hinsterbenden Volksstämme, für die auf der Erde kein 
Platz mehr zu sein scheint; auch jene Völker der Aus— 
breitung, welche sich mehren, finden dort für alle ihre 
Glieder die Stätte der seligen Ruhe und Befriedigung. 
Und die Zeit kommt näher und näher, da keine Sprache 
noch Rede mehr ist, wo man nicht die Stimme höret 
es ist noch Raum da! 
Aber die Stimme, die hinausruft zu den fernen 
Heiden, die redet auch zu uns hier in der Christenheit. 
Wie von dem großen Reichshause Gottes, so gilt es 
don vielen Gotteshäusern, daß noch Raum ist! Da 
sind in den Gemeinden Männer genug, die sich ent— 
schuldigen lassen, weil sie nicht kommen könnten. Ihrer 
teiner soll mein Abendmahl schmecken, sagt der barm— 
serzige Hausherr in seinem gerechten Zorn. Nein, sie 
verden nichts haben von allen Verheißungen und Ein— 
adungen Gottes, nichts schmecken von der Seligkeit, 
das Brot zu essen im Reiche Gottes, wenn sie bei ihren 
leeren Entschuldigungen bleiben und nicht bußfertig 
kommen und bitten um ein bescheidenes Plätzchen bei 
dem großen Abendmahl und zufrieden sind mit dem, 
vas den Krüppeln und Landstreichern geboten wird. 
Wenn sie aber also kommen wollen, ist auch für sie 
noch Raum da! Und es sind in unsern Gemeinden noch 
diele, die sich nicht getrauen, der Einladung zu folgen; 
sie drücken sich auf den Straßen und Gassen umher, 
sie können auch wegen ihrer Gebrechen nicht so, wie sie 
wollen; sie bedürfen der Führung und Leitung wie 
lahme und blinde Leute, aber auch ihnen soll es gelten: 
es ist noch Raum da! 
Aber was sagt das Wort uns, liebe Leser? Wir 
haben die Einladung gehört und sind gekommen, warum 
wird es uns denn auch noch bezeugt: es ist noch Raum 
da? Sage nicht, das geht mich nichts an. Denke 
vielmehr, daß du ganz und gar in das Reichshaus 
Gottes hineingehörst und doch noch nicht so ganz darin 
bist. Wenn du auch mit dem Herzen schon darin bist, 
so sorge, daß nun auch deine Hände und Füße, daß 
auch deine Gedanken und Pläne nicht draußen bleiben. 
Es ist noch Raum da, auch für deine Geschäfts- und 
Familiensorgen, auch für deine Leiden und Gebrechen, 
oder vielmehr für dich mit all diesen Beschwerden und 
Plagen. Du sollst das Brot essen im Reiche Gottes 
als ein glückseliger Gast an des großen Hausherrn 
Tische. Darum siehe zu, daß du nun auch deinen 
Platz einnimmst, frei von allen Zerstreuungen und los 
von allen äußeren Dingen, die die Fröhlichkeit, die 
einem Gaste ziemt, stören könnten, und freue dich, daß 
für dich noch Raum da ist, hier zeitlich und dort 
ewiglich! Amen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.