kirchl iche Bewußtsein, das Geiülll, gleichfalls einer großen
wohlgeordneten Gemeinschaft anzugehdren, die ihre Lebens
ordunngen aus evaugelischen Gruudjätzen heraus empfangen hat.
Wie schwer dat es 3. B. gehallen, bis die einzelnen Landes
kirchen sich über einen gemeinschattlichen Buß- uünd Bettag ge—
einiat haben; die Folge war, daß die Vergnügungssfüchtigen
in unierer Gegend scharenweise an dienem Tage üher die
piälzische Grenze zu ziehen pflegen. Das Gesühl der Rotwen
digkeit sesterer Vereinigung ist in wachsender Stärke verbreitet.
Dieie Erkenntnis liegt auch den Antrage v. Hammerstein
zugrnnde, der am 7. Juni in Abgrordnetenhause verhandelt
wird. Die kirchliche Konferenz der westfälischen Grafschast
Park hat in der Zuversicht, daß derselbe die krüftigste Unter—
stütung aller evangel. Volisvpertreter finden werde, ihren Vor
stand beauftragt, eine dahingehende Bitte an die Vorstände der
lonservativen, freikanservatibven und national liberalen Parteien
zu richten, und will die Superintendenten ersuchen, den Gegen
—
bringen. Die Riederrhein. Pastoralkonferen;z bat sich
in ähnlichen Sinne ausgesprochen. Es ist eine thörichte Ver—
kennung der warklichen Lage der Dinge, wenn die liberale Presse
darin nichts anderes sieht, als einen Versuch der von ihr so ge—
nannten „Orthodoren“, die „Herrschaft“ an sich zu hringen, die
Freiheit der Wisseischaft und des Teulens auszurotten u. dal.
— das ist eine äußerst kurzsichtige VBetrachtnngsweise. Wie gut
die höchste Wissenschaft und der schlichte Christenglaube mit
riunguder Hand in Hand gehen können, zeigt sich an dem aud
23. ai im höchsten Alter entschlaäfenen Geschichtsschreiber von
Rante, in dem die Gegenwart den auf seinem Felde berühm
testen Setehrten verloren hat und der dabei als einfacher frommer
evangelischer Christ lebte und starb. Wie jetzt unsere Parteien
zusammengesetzt sind, ist auf Annahme jenes Autrags wohl nicht
zu rechnen, aber wir sind überzeugt, daß sich die in ihm liegende
Wahrheit doch Bahn brechen wird,—
In NRNußlanud herrscht große Vegeisterung über einen Befehl
des Katserses au die Flotte im Schwarzen Meere, in dem er
seine Frende darüber bezenat. daß sie nininehr, nachdem sie iich
vor Jahren für das Wohl RNußlauds aufgeopfert habe, wie
dererstanden sei: sein Wille sei auf eine friedliche Entwickelung
des Volkswohles gerichtet, allein gewisse Umsiände könnten die
rfüllumg dieser Wünsche erschweren und ihn zur bewaffneten
Verteidigung der Reichswürde zwingen u. s. w. Mau meiute
darin eine Hindentung darauf zu finden, daß die Pläne auf
geutwung des türkischen Reiches wieder hervorträten, und der
Petropolit von Moskau sah schon den Augenblick nahen, wo
das Ehristenlreuz wieder auf der Sophienmoschee in Konstan-
tinopel erglänzt — doch ists bis dahin noch ein weiter Weg,
ind azunächst dauert der Groll des russischen Setbstherrschers
üiber den Fürsten Alerander von Vulgarien fort, weil die—
ser den russischen Einflußz in seinem Lande durchkreuzt und de
brochen hat.
In Italten dauert die Cholera noch fort und fordert in
Venedig und andern Städten ihre Opser. Dazu hat sich ein
Ausbrüch des Aetna auf Sizilien gesellt: die Labamässe, die
dem senerspeienden Krater entströnit, rüdt schnell vor, bis 70 mm
in der Stunde, und ist verheerend in die am Fuße des Verges
liegenden Ortschaften eingedrungen.
— Voöltklingen. Durch Verfügnng der Königlichen Me—
zierung in Trier sind auf Anordnung des Herrn Ministers
der geistl. ꝛc. Angelegenheiten die evangelischen Schulen in Völk—
lingen aus der Kreisschulinspeküon des Herrn Dr. Rachel
ausgeschieden und unter die Aufsicht des Veringsschulinspettors,
herrn Pfarrer Ihse in St. Johann gestellt worden. Lokal—
schulinspektor dieser Schulen ist schon seit mehreren Monaten
der, hiesige epv. Pfarrer. Es war also wohl nur eine einfache
Folge, daß sie auch einer evang. Beringsinspektion zugeteilt
wurden, zumal da die andern ev. Schulen der Gemeinde von
aAlters her und ununterbrochen zu dieser Inspektion gehörien.
Auch die Völtlinger ev, Schulen treten durch diese genannte An—
ordnung nur in ihr altes Verhältnis zurück, aus dem sie vor
etwa zehn Jahren bei Anstellung eines Rektors genommen wur—
den. Der am Tonnerstag, den 27. Mai, in Gersweiler abge—
haltenen Konferenz der St. Johanner Inspektion wohnten so—
mit zum ersten Mal wieder jämtliche Lehrer der evangel. Ge—
meinde Völklingen bei. Es hat damit auch ein vor Jahresfrist
donseiten der ey. Presbyter und Repräsentanten zu Völklingen
und Oher-Völtlingen an die Königliche Regierung gerichtetes
Gesuch seine erwünschte Erledigung defunden.
— St. Wendel. Unser Reichskanzler hat bekanntlich in
den jüngsten Verhandlungen über das neue Kircheugeseß
den Hoffnungen starklen UÜUnsdruck gegeben, die er in die nun—
mehr eingetretene Friedensperiode setzt. während von anderer
Seite Befürchtungen entgegengesetzter Art geäußert wurden.
Ain eigentüniliches Licht fällt auf jene Hoffnungen durch die
Lorgänge, welche sich hei der Gründung der hiesigen höheren
Töchterschule abgespielt haben und die zu wichtige Interes
en herühren, um nicht hier beiprochen werden zu sollen. Das
Bedürfnis einer solchen Schule besteht hier schon lange, und es
st länast ein berechtigter Wunsch vieler Familien gewesen, ihren
Löchtern eine die Ziele des Elementarunterrichts überschreitende
usbildung zu ermöglichen: als Grundlage derjenigen Durchbil—
hung, die sie später in auswärtigen höheren Lehranstalten ver—
zollnündigen sollten. Selbstverständlich konnie die Ahsicht da—
ei nur die sein, den Töchtern aller gebildeten Familien ohne
Unterschied der Konfession jene Wohlthat zukommen iu lassen
ind den Religionsunterricht der zu gründenden Schule den
Beistlichen der beiden Konfessionen zu übertragen, und eine andere
Anwgassitug der Sache ist niemalhs gehegt worden. Dement—
prechend irat auch ein euangelisches Mitglied dem Kuratorimn
der Schnle bei. Dieser ursprüngliche Zweck der Schnle ist nun
an der Klippe des Religionsunterrichtes gescheitert, sie ist zu
Awas ganz anderem geworden, als wozu sie bestimmt war.
leber die Einzelheiten der bezüglichen Vorgänge ist uns zi
venig bekannt, um darüber etwas, mitteileit zu können, zur
dennzeichnung der Sachlage genügt die Thatsache, daß das End
rgebnis der gepflogenen Verhandlungen in die Erklärung der
atholischen Mitalteder des Knratoriums auslief, „es sei durch—
nus ihre Absicht, diese Schule mit durchaus konfessionellem Eha—
atter zu erhalten — wie reimt sich das mit dem irsprüuglichen
Zivech der Schule? —) und darauf zu halten, daß der Unterricht
m derselben auch stets in latholischen Geiste und in katholischer
Richtung erteilt werde.“ Tamit ist mit diirren Worten den
öchtern der hiesigen evangelischen Familien die Thüre vor der
Naie zugemacht, sie sind einfach hinausgewiesen und an die Luft
geseßt. Au der Töchterschule in Saarbrücken wird der kathol.
Religionsunterricht anstandslos von dem betresfenden Geistlichen
erteilt, derselbe Fall waltet bei dem hiesigen paritätischen Bro—
jumnasinm und bei der Ackerbauschule ob — es ist durchaus
anerfindlich, warum derselbe Grundsatz nicht anch in den danz
udlegen Verhältnissen der Töchterschule in Geltung stehen soll
ind warum man es dahin getrieben hat, den Besuch derselben
den evangelischen Töchtern unmöglich zu machen. Wir lasen
ünnst mit, Frenden solgende schönen Worte eines katholischen
Blauties: „Jeht gewinnen die Katholilen wieder die rechle Freu—
zigkeit, au den nationalen, Aufgaben mitzuarbeiten. Die
Lrfüllung unserer patriotischen Pflichten wird üns jetzt recht zu
iner Befriedigung des Herzens. Tie Einigung Teutschlands,
velche 1501 äußerlich hergestellt wurde, vollendet sich iim Jahre
Sotz. Es tlonnte lein besseres Mittel gefunden werden, die
nonarchische iund nationale Gesinnung der Kathotiken zu beleben,
als die Beendigung des umendlich verbitterten und alle bürger
ichen Verhältnisse vergiftenden Knlturkampfes.“ Wir haben
ins, wie gesagt, dieser Worte von Herzen gefreut, — eutsprichi
huen das Verfahren, das bei Begruͤndung der Tochterschule
efolut worden ist? Wir hegen nicht die Erivartung, daß das
elbe redressiert werden wird sondern haben nur die Thätsache
onstatieren wollen und beschräuken uns auf die Frage: ist es
patriotisch und national, in dem hier vorliegenden Falle den
w oft latholischerseits betouten Grundsatz der Gleichberechtigung
in eine einfache Unterdrückung der evangelischen Minderheil zu
verwandeln? ist das hier eingeschlagene Verfahren ein Weg ziir
Finigung oder zur Zwietracht? ist es ein Symptom des Frie
dens“ oder muß es nicht vielmehr verbitternd auf unsere bürger—
lichen Verhältnisse wirken?
— Womn Büchertisch.) Im Verlage der Agentur des
Rauhen Hanses ist soeben erschienen: „Unssere weibliche
zugeud“. Seelsorgerliche Erfahrungen und Ratschläge von
Wilh. Baur, hr. theol., Generalsuperintendenten der Rthein—
groninz. 126. Preis brosch. 8S)4, feine Ansg. I« —
Dies Büchlein verdankt, wie der hochwürdige Herr Verfasser
ni Vorwort bemertt, seine Entstehung dem Wunsch, den Kreis
mmoöoden der Rheinprovinz, denen als Gegenstand für ihre dies—
ährigen Verhandlingen „die Fürsorge für die kon—
irmierte weibliche Jugend“ deheben worden ist, zu⸗
zleich eine Cinführung in die Sache zu bieten. Und dasn ist
es in der That in hohem Maße geeignet. Der Herr Versasser,
der wie kaum ein anderer an der Lösung dieser wichtigen Frage
der inneren Mission, über welche anch auf den Kongressen für
J. M. wiederhoit verhandelt worden ist, durch Wort, Schrist
und That jahrelang erfolgreich mitgearbeitet hat, berichtet nicht
nur mit erschöpfender Sachlunde von demjenigen, was bei uns
und anderwäris barmherzige, seelsorgerliche Christenliebe von
HMännern und Frauen anf diesem Arbheitsfelde versucht und ge⸗
leistet hat, sondern bietet anch aus dem reichen Schatze seiner
Eriahrungen in seiner bekaunten formpollendeten Weise allerlei
»rprobte und bewährte Ratschläge zur Bewahrung und Rettung