Full text: Evangelisches Wochenblatt (13.1886)

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1715 Postverzeichnis. Dreizehnter Jahrgang. — Breis pro Quartal 50 4. Ins.⸗Gebühr pro 3spaltige Zeile 20 3. Auflage 5100 
H B20. Neunkirchen, 553 den 16. Mai ISSG. 
—— 
Zum allgemeinen LCandes-Buß- u. Vettag. 
terhand Gottes, der wohl Geduld übt, doch nicht dazu, 
daß du deine Sinnesänderung immer wieder hinaus— 
schiebest, sondern daß du henute dich bekehrest, weil vielleicht 
schon morgen die Frist seiner Langmut abgelaufen ist. 
Und dann sollst du ohne Vergebung, ohne Hoffnung 
hinübertreten in die Ewigkeit? 
O lasset uns doch bedenken zu dieser unserer Zeit, 
was zu unserm Frieden dient. Die gläubigen 
Christen sind doch die glücklichsten Leute. Es ist gar 
khöricht, wenn manche meinen: wer fromm werde, der 
müsse der Freude den Abschied geben und einer trau— 
rigen Stimmung verfallen. Im Gegenteil: nur der 
Christ kann wahrhaft fröhlich sein, weil er nicht ver— 
'oren geht, weil nichts ihm schaden darf, alles ihm zum 
Besten dienen muß. Das Christentum ist vor allem 
Rettung aus dem Sündenjammer, Trost und Heil in 
allem Leid. In welchen Kreisen ists lieblicher, wo ge— 
betet oder wo geflucht wird? da, wo das Wort Gottes 
wohnt, oder da, wo der Weltgeist herrscht? Welche 
Hausväter werden von Kind und Kindeskind mehr ge— 
segnet, die, welche als christliche Vorbilder den Ihrigen 
sich widmeten, oder die, welche die Familie auf Wege 
des Unglaubens, der Weltlust verleiteten? Gerade um 
uns ghücklich zu machen, will uns freilich das Chri— 
tentum auch heilig machen, uns von der Sünde 
reinigen und scheiden, welche die Leute ins Verderben 
stürzt. Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern 
daß er sich bekehre und lebe. Der Kirche, der Bibel, 
dem Heiland ist es nicht genug, wenn wir uns bewegen 
lassen, grobe Sünden zu meiden, einen ehrbaren Wandel 
zu führen, zu edleren Gedanken uns zu erheben. Nein, 
vir follen zu ganzen Christen ernenert, zu gehorsamen 
eligen Gotteskindern verklärt werden, sollen unser herr— 
iches Ziel erreiche. Darum muß auch ein Christ 
mmer völliger sich bekehren von der Sündenlust zur 
Gottesliebe, von dem Weltsinn zum Himmelssinn, vom 
Fleischesleben zum Geistesleben; er soll wachsen in der 
Ddemut, im Erbarmen, im Vertrauen, in der Selbst— 
derleugnung, als ein Licht und Salz für seine Mit— 
erlösten. Will doch Gott, daß je der mann geholfen 
werde, es jammert den Heiland jeder Seele, die sich 
nicht zur Buße kehrt; und wenn wir daher auch fürch— 
ten müssen, daß viele ihren Sinn nicht ändern, so wis— 
sen wir doch nicht, wer durch des Herrn Gnade und 
Geist noch sich retten läßt, und wollen darum mitleidig 
alle zu gewinnen suchen nach unsern Kräften, weil Gott 
mit ihnen Geduld hat, weil es auch für sie kein Heil 
gibt als in der Buße, als im Glauben an Jesum 
Der Herr hat Geduld mit uns, und, will nicht, 
daß jemand verloren werde, sondern daß sich jeder⸗ 
mäann zur Buße kehre. 2. Petri 3.9 
— Wort Buße hat für den natürlichen Sinn, 
für des Menschen Stolz und Trägheit einen wi— 
drigen Klang. Der griechische Ausdruck bedeutet: 
Sinnesänderung, der hebräische: Umkehr, 
Wiederkehr. Nun wird außer ganz abgestumpi— 
ten oder hochmütigen Leuten jeder so viel zugeben: 
„Besser werden sollte es bei mir; dies und jenes 
habe ich nicht recht gemacht, ich hätte sollen meinen 
Zorn bezwingen, meinen Angehörigen liebreicher mich 
widmen; mein Gewissen wäre ruhiger und mein Leben 
glücklicher, wenn ich meine Jugendzeit fleißiger benutzt, 
sittsamer zugebracht hätte, ich habe von meiner Ver— 
gangenheit manches zu bereuen, sollte von nun an diese 
Gewohnheit mehr ablegen, jene Pflicht treuer üben, 
fester besiegen meine Leidenschaften, mutiger bleiben in 
der Trübsal.“ Aber auch das werden alle, die sich 
ernster prüfen, schon erfahren haben: „Mit meinen 
eignen flüchtigen Vorsätzen kann ich nicht die einzelnen 
Fehler abschütteln; meine Kraft ist viel zu schwach, als 
daß ich könnte von heute an etwas Böses völlig lassen, 
das ich gestern noch gethan habe, es wohnt in mir eine 
Sündenneigung, es versucht mich eine Macht der Fin— 
sternis, darum brauche ich eine Kraft und einen Schutz 
von oben, ich bedarf eines Versöhners und Erlösers, 
der mich rein und frei, neu und stark macht und mit 
seinem Geiste mich regiert.“ 
Wer noch von Gott getrennt ist, muß sich zu ihm 
kehren, sonst geht er verloren; wer noch von dem Hir— 
ten und Bischof der Seelen abgeirrt ist, muß zu ihm 
sich wenden, sonst hat er keinen Frieden. Ach wie 
gehen Tausende doch so friedlos dahin! Du fühlst eine 
innere Unruhe, ein Hungern der Seele, aber du bist 
zu bequem oder zu zerstreut oder zu kleinmütig, um 
von ganzem Herzen die Gnade zu ergreifen; du magst 
dich nicht zurückziehen vom weltlichen Getümmel und 
dich nicht losreißen von irdischen Sorgen, um in stiller 
Sammlung deinen Zustand zu erforschen; du verhüllst 
und beschönigst mit selbstgerechten Ausreden deine sünd— 
haften Handlungen, Worte und Gedanken, statt im 
Gebet aufrichtig und demütig deine Schuld dir anfdecken 
und strafen zu lassen vom heiligen Geiste; du gestehst 
wohl deine Versäumnisse und Uebertretungen ein, aber 
fürchtest nicht genug das Flammenauge und die Rich—
	        
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