r
Msch ru Nn nien —*
5
*
V
—
9.
1715 Poftverzeichnis. Dreizehnter Jahrgang. — Preis pro Quartal 60 4. Ins. Gebühr pro Zspaltige Zeile M 4. Auflage 5100.
A 18. Neunkirchen, I63 den 2. Mai ISSG.
— *
Ich lebe.!
Ev. Johaunnis 14, 19.
ie freudenreiche Osterbotschaft ist recht eigentlich
das Evangelium. Die Apostel predigten ja frei—
lich den gekreuzigten Christus, den Juden ein
Aergernis und den Heiden eine Thorheit, denen
aber, die gerettet werden, eine Kraft Gottes zur Selig—
keit. Sie predigen auch den gen Himmel gefahrenen
Christus, den Hohenpriester zur Rechten Gottes, zu
dessen Gnadenstuhl wir mit Freudigkeit hinzutreten
mögen und Hülfe empfangen auf die Zeit, da, uns
Hülfe not sein wird. Aber noch viel mehr, noch viel
begeisterter, noch viel nachdrücklicher predigen sie den
auferstandenen Ehristus, der um unserer Gerechtigkeit
willen auferweckt ist, der den Tod verschlungen hat in
den Sieg, den Lebensfürsten, den Siegeskönig. Das
ist recht eigentlich der Mittelpunkt ihrer Verkündigung,
denn das kann sich ja auch niemand vorstellen, daß
auf einen Gestorbenen, wenn auch unschuldig Gestorbe⸗
nen, eine christliche Kirche hätte errichtet werden können.
Dazu gehört der Auferstandene, der Lebendige, der sie
erhaͤlt und beschützt, regiert und heiligt.
Darum soll deun auch durch diese Osterzeit hindurch
die Osterharfe weiter tönen. Ihre Melodie soll tiefer
in unser Herz, weiter in unser Leben dringen. Und
so wollen wir uns denn heute das große Wort ver—
gegenwärtigen: Er lebt! Es will mir oft scheinen,
als wüßten das nur recht wenige Christen. Bei einer
großen Schar sieht es wahrlich so aus, als wäre ihnen
der Heiland doch nur ebenso lebendig, wie wir von
unsern Seligen sagen, daß sie in einer andern Welt
fortleben. UÜnd bei andern wieder sieht es gar so aus,
als hielten sie ihn für bloß ebenso lebendig, wie alle
großen Männer der Weltgeschichte noch fortleben, ob—
wohl sie gestorben sind, im Gedächtnis der Nachkommen,
in ihren Werken und Thaten. Daß unser Herr Jesus
Christus lebt als dieselbe Person, als derselbe Heiland,
wie ihn seine Jünger nach dem Osterfeste vierzig Tage
lang gesehen haben, — daß wir nicht anders mit ihm
daran sind, als sie es waren in den Tagen und Stun—⸗
den der Freudenzeit, wo er nicht gerade sichtbar mit
ihnen waudelte, — es sind nur wenige doch, die das
ganz klar erkennen, und noch wenigere, die das jest
glauben.
Aber das gerade will doch die Auferstehung besagen.
Das und das ' allein ist die Osterbotschaft. Das andere
alles ließe sich glauben auch ohne die bestüraten Wächter
und das leere Grab und die predigenden Engel. Das
andere alles würde auch die Welt glauben, und der
Unglaube nähme es ruhig an und haͤtte gar nichts da⸗
wider. Dann wäre ja der Herr nichts weiter als ein
Mensch und nichts mehr als ein Prophet — wo wäre
ein Anstoß? Aber dies ist es, daß wir einen Heiland
—VVD
Person, ebenso ein wirklich vorhandener Herr ist, wie
er zur Zeit der drei Gnadenjahre Israels gewesen ist.
Rub ist er jetzt unsichtbar, während er damals sichtbar
gewesen ist. Sein Leib ist nun verklärt und nicht mehr
irdisch. Darum gilt sein Wort: Ich bin bei euch
alle Tage bis aun der Welt Ende. Darum
mahnt er“ den Thomas: Selig sind, die nicht
sehen und doch glauben.
Ihr seht doch, was das für einen himmelweiten
Unterschied macht. Ein Heiland, der nicht mehr per—
önlich lebte — ja, lieber Christ, den kannst du wohl
ioch lieben. Du liebst ja deine Toten auch noch. Den
annst du noch verehren. Du verehrst ja manchen Ab—
geschiedenen auch. Du kannst ihm noch nachfolgen.
Sagt doch die Schrift selbst: „Gedenket an eure Lehrer,
die euch das Wort Gottes gesagt haben, welcher Ende
schauet'an und folget ihrem Glauben nach.“ Nur
eins fehlt, aber gerade das wichtigste, das unentbehr⸗
iichste in diesem Thal des Todes, der Heimat des Lei—
des dem Lande der Sünde: Er kann dir nicht
mehr helfen — ebensowenig, wie dein heimgegan—
gener Vater oder Bruder dir helfen kann. Er kann
ir alles sein, nur kein Heiland mehr, wie er eben der
Unzahl von Leuten, die ihn so ansehen, viel noch ist,
nur kein Heiland. Und ich wollte lieber viel entbehren
auf Erden, lieber gar nicht geboren oder doch ganz jnng
gestorben sein, ehe ich des Elends inne ward, das auf
Erden ist, als ohne einen Heiland leben, der mir helfen
kann.
Laßt uns diesen Osterklang doch recht ins Herz
fassen! Wenn uns die Versuchung anficht mit ihrer
so verschiedenen, auf jedes Menschen Herz so listig ein—
gerichteten Kunst, die doch immer dasselbe will: uns
smachen vom Glauben, laßt uns doch daran denken:
Er lebt, der einst in der Wüste den Teufel dreimal
von sich wies, zu dem der Fürst dieser Welt in der
Duntelheit seiner Passionsstunden kam und fand nichts
an ihm, und wenn er unsichthar ist, so ist er darum
nicht weniger mächtig. Die Sünde kann uns ja auch
vergewaltigen und übermögen. Ach, wir wissen ja, wie
uft de descsieht. wie das ein ewig wahres Wort iit.