m
Nachrichten aus dem
ab getrennten
Saar- und Pfalzgebiet
—— — — —
Nummer 8 7. Zahrgang
Mitteilungsblait
des
Bundes der Saar⸗Vereine
*
Berlin, 1. Marz 1926
Unsern toten Helden zum Gedenken!
Van Eisenbahninspektor Th. Klein, Münster i. Westf.
1914.
Ein Sommer, hell und sonnenklar,
Stolz zog der Held
Voll —* ins Feld.
Das warl!
1918.
Ein Herbst so nebelgrau und trüb,
Ein Grab im Sand
Im fremden Land.
Das blieb!
Nein, es blieb mehr: jene kameradschaftliche Dreue
die wir denen schuldig sind, die als Werdende und Hoff—
nungsreiche in langen und ernsten Kriegsjahren mit uns
gestrebt und gelitten, jene engste Brüderlichkeit, die
uns jahrelang mit denen verband, die da alles gaben für
das deutsche Vaterland, jene treue Kameradschaft,
die uns neben eisernem Tatwillen auch in diesen schicksals—
schweren Nachkriegsjahren allein wieder aus den Niede—
rungen der Knechtschaft auf die lichte Höhe der Freiheit
wird führen können.
Das Schicksal hat im Weltkriege gegen uns entschieden.
Unser armes Vaterland hat heute noch immer Demütigung,
Kriegslasten und harte Entbehrungen zu ertragen. Die
Blutopfer der Millionen haben die für uns unglückliche
Entscheidung nicht verhindern können. Aber wenn auch in
der Wirrnis dieser düsteren Tage der Ausweg ins Freie
schwer zu erkennen ist, wenn auch der steinige und ent—
behrungsvolle Weg, den wir unter täglich neuen Opfern
gehen müssen, die höchste Anspannung aller geistigen und
körperlichen Kräfte fordert, wenn wir ihn überwinden und
aus der Tiefe heraus finden wollen, wenn wir auch immer
wieder dem Schicksal grollen, wir können und werden die
Leistungen unseres Voltes und die Opfer unserer teuren
Toten keinen Tag vergessen können. Sie leben in unseren
Herzen, sie werden forktleben in unserem Volke und in der
Feschichte
Deutschland ist noch mit dem verächtlichen Falschurteil
belastet, daß es den Krieg gewollt und herbeigeführt habe.
Die Nebel der Lüge beginnen zu zerreißen. Wir sind es
unseren Toten schuldig. nicht zu ruhen, bis dieses Urleil be—
seitigt und uns Gerechtigkeit vor der Welt widerfahren ist.
Erst dann wird es möglich sein, an die Wurzel der noch be—
stehenden nationalen Verbitterung heranzukommen und eine
I — friedliche Atmosphäre über Europa sich entwickeln
zu lassen
.. . Gräber im Boden der Heimat, Gräber
in fremder Erde. Mancher Vollendete schläft daheim
unter grünem Hügel aus, zu dem wir allezeit und alltag
Erinnerungsgrüße tragen können.“ Gar viele, viele
Werdende aber und Hoffnungsreiche sind in fremdes Land
gebettet und nur der Wind, der aus der Heimat weht, und
nur die Sonne. die auch übder der Heimat iteht, grüßen
kosend und heimlich die taugetränkten Gräber unseret
Teuren. Darüber aber schwebt der unsterbliche Eenius der
Menschheit: Die Treue zum Vaterland.
Die Lebenden grüßen die Toten, die Jünglinge und
Männer, die Blut und Leben ohne Bedenken für Volk und
Nation hingegeben haben. Wir danken ihnen die Treue
und den Opferwillen für unser Vaterland und wir wollen
das heilige Erbe pflegen, das sie uns übermacht haben:
Treue um Treue — und die ernste Mahnung:
„Rimmer wird das Reich gerstöret,
Wenn ihr einig seid und treu!“
Wie im ganzen übrigen Deutschland, so hat auch dan
Saargebiet am Volkstrauertag, dem 28. Februar, unserer
gefallenen Helden aus dem Weltkrieg gedacht. Es liegt in
der Eigenart der Saardeutschen, die von Kindheit an dazu
erzogen wurden, den deutschen Helden aus den Spichern⸗
Tagen des Jahres 1870 ein ehrendes Andenken zu bewahren,
uind ihre Ruhestätten im Saarbrücker Ehrental sowie die
Kriegergräber auf den Spicherer Höhen in Ordnung zu
zalten und zu schmücken, daß sie der treuen Toten auch aus
em Weltkrieg in ehrender, dankbarer Erinnerung gedachten.
Trotz des regnerischen Wetters war die Beteiligung der
SZaargebietsberölkerung an diesem Volkstrauertag außer⸗
ordentlich stark. Um die Mittagsstunde klang ein viertel⸗
tündiges Gedächtnisläuten durch das ganze Land. In
Saarbrücken fanden vor den Toren der Stadt im Ehrental,
wo die Gefallenen der Schlacht von Spichern ruhen, und auf
den Ehrenfriedhöfen der Gefallenen aus dem Weltkrieg
Trauerfeiern statt, bei denen Ansprachen hielten Dr.
Schlich, Pfarrer Reichard und Rabbiner Dr. Jakob.
Bon der Regierungskommission nahmen an der Feier das
deutsche Mitglied Koßmann und das tschechische Mitalied
Dr. Vezenski teil.
Aus manchen Orten des Saargebiets wird berichtet, daß
der Trauerzug zu den Friedhöfen größer als jemals gewesen
sei. Sämtlhische Sport⸗, Theater, und Kino—
eranstaltungenwarenseingestellt, eine Maß⸗
iahme, zu der sich bekanntlich die Preußische Regierung nicht
sJatte bereit finden können. Fast alle Häuser batten halb—
nast geflaggt.
x
Wenn das deutsche Volk einen Tag im Jahre bestimmt,
an dem es gemeinsam seiner Gefallenen gedenkt, die hinaus—
gezogen sind, Vaterland. Freiheit und Recht zu verteidigen,
dann wird dieser gemeinsame Trauertag ein Miittel sein, es
hinauszuheben über kleinliches Gezänk des Tages, es zu⸗
ammenzuschließen und durch diesen Zusammenschluß zu
stärken im Kampf für die eigene Freiheit und die Befreiung
der noch unter Fremdherrschaft lebenden Volksgenossen.
Otto Andres,
Oberlandesgerichtsrat, Vorsitzender des Bundes det
Sadarvpereine.