Full text: Der Saar-Freund (7.1926)

nebietes, die lange Hand in Hand gingen, be 
der Abwehr von Angriffen auf unser Deutsch 
tum und bei Versuchen, unsere Heimat zu be— 
freien (Zentrum, Sozialdemokraten und 
Deutsch-Saarländische Volkspartei) wieder ge— 
meinsam ihre Stimme erhoben haben, „um dem 
einmütigen Wunsche der Bevölkerung feier 
lichst Ausdruck zu geben, daß das Saargebie! 
in friedlicher Vereinbarung zwischen Deutsch— 
land und Frankreich möglichst bald demübrigen 
Deutschland zurückgegeben wird“e. 
Wenn in der Erklärung der Parteien zunächst die Annähe 
rung zwischen Deutschland und Frankreich begrüßtt wird, so ent 
spricht auch dies der Auffassung weitester Kreise der Bevölkerung 
an der Saar. Und es ist auch richtig, was die „Saarbrüccker 
Zeitung“ (Ar. 31826) hierzu schreibt, nämlich, daß die Bevölke 
rung die Franzosen nicht haßt und durchaus in der Lage wäre 
ihre guten Eigenschaften zu schäßzen und der Kampf daher nich 
geßen die Franzosen als solche gehe, sondern gegen die Angrifft 
auf das Deutschtum. Sie hätte hinzusetzen können, daß die 
Mehrheit der Saardeutschen, wenn sie «cich nichts 
gegen die Franzosen als Volk und Nachbarn hat, do ch von 
französischer Kultur und Zivilisationam lieb 
sten ganz verschont bleiben möchte und ihre 
deutsche Eigenart so unverfälscht wie möglikck 
erhalten will. Deswegen können wir doch einer deutsch 
französischen Verständigung freundlich und fördernd gegenüber 
stehen, ja sogar gut Freund miteinander sein. Der eine muß eber 
den andern in Ruhe lassen, vor allem, soweit es sich um national⸗ 
oder kulturelle Angelegenheiten handell. Doch das nur nebenbei 
Allgemein hat man hier auch besonders freudig davon Kennt— 
nis genommen, daß die Sozialdemokratische Partei, die eine Zeit— 
sang auch bei allgemein deutschen Fragen von großer Wichtig 
keit allein marichierte, sich wieder mit den beüden anderen Par 
teien, die für ein gemeinsames Handeln in Frage kommen und 
hierzu stels bereit waren, zusammengefunden hat. In Fragen 
die eine Erleichterung unseres harten Loses unter der Fremd 
horrschaft oder gar die baldige Rückforderung des Saargebiete? 
zu Deutschland betreffen, darf es bei uns keine Trennung geben 
müssen wir gemeinsam vorgehen, wenn der arößtmöglichste Er 
folg ertzielt werden joll. 
Daß man auch in sozialistischen Kreisen Frankreichs, Eng— 
lands und Belgiens mehr und mehr einsieht, daß die Saarfrage 
im Sinne der Bevölkerung des Saargebietes, d. h. im deutschen 
Sinne, gelöst werden muß und zwar sobald wie möglich, zeigl 
u. a. auch eine gFemeinsame Forderung der soziali— 
stischen Parteien dieser Länder und der deutschen, die au' 
der sogenannten Vierländerkonferen;, die am 21. und 22. Nop 
d. J. in Luxemburg stattsand, aufgesteilt wurde. Sie lautet: 
„Die sozialistischen Parteien müssen dafür sorgen, daß im Zu 
sammenhang mit der Lösung des Rheinproblems das Schick 
sal der Bevölkerung des Saargebietes endgültig 
und ihrem Willen entsprechend geregelt werden. Es liegt im 
Interesse keines Landes, die harte Zert, die der Versailler Ver— 
trag der Saarberölkerung auferlegt hat, fortdauern zu lassen 
Eine freundschaftliche Regelung. sür die alle Voraussetzungen be 
reits geschaffen sind, würde die deutich-französische Annüherung 
wirtjam fördern.“ 
So begrüßenswert solche Willenserklärungen auch sind und 
so sehr ihre Urheber uns auch zu Dant verpflichten, so können sie 
uns doch nicht veranlassen, die Augen vor den Tatsachen zu ver 
schließen. Wir sind eben sehr vorsichtig. ja mißtrauisch in diesen 
Dingen geworden. Das soll beileibe nicht heißen, daß wir nich 
gewiß wären, daß der Tag unserer Wiedervereinigung mi 
Deutschland kommen wird. Davon sind wir von jeher selsenfes 
überzeugt gewesen, sonst hätten wir den schweren Abwehrkamp 
nicht so erfolgreich führen können. Ebenso gewiß wie wir also 
wissen, daß der Befreinngstag auch für uns kommen wird, ebenso 
sicher sind wir aber auch davon überzeugt, daß es noch recht vieler 
und zäher Arbeit bedarf, bis unser Ziel erreicht ist. Wer die fran 
zösische Einstellung kennt und die Aeußerungen der französischen 
Presse. namentlich auch die der letzten Tage, ruhig auf sich wirken 
läßt, das Echo beachtet, das selbst die ruhigen und zurückhalten— 
den Ausführungen Stresemanns bei der Besprechung der außen 
vpolitischen Lage am 23. und 24. November im Reichstage in 
Ftankreich gesunden haben. und gelesen hat, was Herr Levacher 
der erste Vorsißkende der Zentrumssfraktion des Saarlandesrats 
kürzlich in einer gräßen Versammlung im Sitädtischen Saalbae 
in Saarbrücken über die Lage der saarländischen Außenpoliti 
und die in Genf gemachten Erfahrungen sagte, der wird ungeführ 
ahnen, was es noch alles zu sun gibt, bis wir sagen können, unse 
Ziel ist erreicht. 
Herr Levacher hoffi, daß uns die Verhandlungen späté 
stens im Jahre 1928 zu Deutschlaäandzurückführe; 
werden, rechnet also auch noch mit zwei Jahren, sagte aber ar 
anderer Stelle seiner Darlegungen auch: „Wenn Deutschland zun 
zwanzigsten Male in Genf gewesen ist, dann sind wir einen große 
Schritt weiter“. Wenn man solche Ausführungen auch nicht wöri— 
lich nehmen soll, so zeigen sie doch, daß selbst ein sjo gesunde 
Optimist wie Herr Levacher es ist, dem im Verein mit anderer 
führenden Politikern des Saurgebiets zweifellos auch schon groß— 
politische Erfolge beschieden waren, sich, weil er die Verhältniss⸗ 
genau kennt, darüber klar ist, daß die Kämpfe um die Be 
freiung der Saar noch längst nicht zu Ende sind 
Daraus ergibt sich sir alle Deutschen, besonders aber für alle zu 
sttündigen Stellen im Reiche und auch für den Bund der Saar 
Vereine, gemeinsam mit uns mit allem Nachdruck dahin p 
arbeiten, daßßz auch für die Saarbevölkerung die Stunde der Be 
freiung bald schlägt. 
Das Saargebiet will heim. 
Der Landesrat leitete seine 4. Sitzungsperiode am 22. Re 
vember mit einer bemerkenswerten Kundgebung ein. Dies— 
war doppelt bemertenswert: Einmal wegen ihres Inhalts, zun 
andern, weil nach langer Zeit auch die Sozialdemo 
kratische Partei des Saargebiets sich mit der 
übrigen politischen Parteien zu dieser Kundgebung wieder zu 
sammenfand. Ausgehend von der Tatsache der deutsch-französischer 
Verhandlungen über eine Bereinigung der zwischen beider 
Lündern bestehenden Differenzpunkte hielt es der Landesrat fü 
zeitgemäß und zweckmäßig, als den einmütigen Willen der Saar 
gebietsbevölkerung vor aller Welt das Folgende zu erklären: 
„Das Saargebiet begrüßt auf das aufrichtigste die Au— 
näherung zwischen dem denutischen Vaterlande und Frankreich 
Es ist davon überzeugt, daß die Befriedung Europas und die 
Zukunfst der beiden großßen Länder davon abhängt, daßz die 
Streitpunkte zwischen ihnen endlich beseitigt werden. Einer 
der wesentlichsten ist die Frage des Saargebiets. Der Landes 
rat als die gewählte Vertretung des Saarvolkes häli es in 
dieser Luge sür seine Pflicht, de in einmütigen Wunsche 
der Bevölkterung feierlichst Ausdrud zu geben 
daß das Saargebiet in friedlicher Verein— 
barung zwischen Deutschland und Franukreich 
möqlichst bald dem übrigen Deutichland zu 
rühnegeben werde“ 
Die „Saarbrücker Zeitung“ versieht diese Kundaebung unte 
andetem mit folgender kreffenden Bemerkung: 
Wenn wir uns all die Jahre mit letztet Kraft gewehrt haben 
so geschah es nicht, weil wir von vornherein etwas gegen die 
Franzosen hatten, sondern weil wir Deutsche sind. Es ist das Er— 
hebendste gewesen in den vergangenen Jahren für jeden Saar 
deutschen, daß all das Ungemach, das wir erdulden mußten, uns 
nur noch fester und enger zusammenschloß. Nur die Achtung 
vor dem Volkstum kann die Befriedung Europas bringen, wie 
nur aus einem wahrhafit nationalen Menschen ein gute! 
Europäer werden kann. Denn wer hier verwaschen ist. ist es auch 
dort. Lasse man uns also endlich wieder dahin, wo wir hin 
gehören und wo unser Herz uns gebieterisch hinzieht. 
Daß die Rückkehr zum deutschen Vaterlande der einmütige 
Wunsch der ganzen Saarbevölkerung ist, das ist oft genug zum 
Ausdruck gekommen. Der Landesrat hat sich ein großes Verdiens 
erworben, daß er das gerade jetzt noch einmal ausgesprochen hat 
Es ist eine einfache Wahrheit zwar, aber die einfachen Wahr 
heiten haben oft den schwersten Stand. 
Die „Saarbrücker Landeszeitung“ nimmt gleichfalls zu dieser 
Erklärung Stellung und meint, daß sie der augenblicklichen 
politischen Lage sachlich gerecht wird und geeignet ist, die Dinge 
in unserem Sinne voranzutreiben. Sie ist also politisch 
wützlich. Es liegt auch durchaus im Sinne des gesunden 
polilischen Menschenverstandes, daß die Parteien, die im Reich 
gemeiniam die Verständigungas- und Refriedungspalitik treihen,
	        
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