Full text: Der Saar-Freund (7.1926)

114/43146 * 
Nachrichten aus dem 
ab getrennten 
Saar- und Pfalzgebiet 
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hummer 17 * 7. Jahrgang 
3 —8 36 V* 
Mitteilungsblait 
des 
Bundes der Saor Vereine 
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Berlin, 1. September 1920. 
Das Ergebnis von Köln. 
Auf dem Breslauer Katholikentag hielt am 21. August 
Reichskanzler Dr. Marx eine vielbeachtete Rede über die 
gegenwärtige Lage der Außenpolitik. Dabei streifte er auch 
kurz die Saarfrage und stellte fest, daß der gegenwärtige 
Stand der Saarpolitik zwar gewisse erfreuliche Fortschritte 
aufweise, daß aber trozdem die Reichsregierung 
ihrerseits in der Saarfrage nicht die 
ßände in den Schoß legen werde. Bei der 
borsichtigen abwägenden Art, mit welcher Reichskanzler 
Dr. Maͤrx gewisse außenpolitische Probleme zu behandeln 
pflegt, ergibt sich aus seinen Worten eine Bestätigung der 
Auffassung, wie sie vom Saar-Verein und Saar⸗-Freund bis⸗ 
her vertreten wurde und wie sie bestimmend war für die 
Arbeit, die von beiden Organen zu leisten ist. Man wird 
dem Reichskanzler bestimmt nicht vorwerfen können und 
wollen, daß er die Entwicklung der außenpolitischen Lage 
allzu pessimistisch beurteilt. Wenn er dennoch zwar einen 
gewissen Fortschritt in der Saarfrage feststellt, aber gleich— 
wohl auch für die Zukunft die Notwendigkeit unterstreicht, 
daß die deutsche Reichsregierung sich der Saarfrage unver—⸗ 
mindert annimmt, so heißt bäs aus der diplomatischen 
Sprache in die allgemeine Verkehrssprache übersetzt, daß 
die Saarfrage noch nicht die Entwicklung 
genommen hät, die man erwarten durfte, 
erwarten dürfte gerade nach Locarno. 
Saar-Verein und Saar-Freund sind keine amtlichen Ein⸗ 
cichtungen, so daß sie sich weniger auf diplomatische Gewunden⸗ 
heiten einzustellen brauchen, wenn sie zur Saarfrage etwas 
jun sagen haben. Ihre Austzabe im Interesse der Aufklärung 
über das Saargebiet ist es, die Dinge so zu zeigen, wie sie 
ind und nicht so, wie sie erwünscht wären. Der Aufklärungs- 
arbeit kann es nicht dienen, wenn beispielsweise die Frage 
der französischen Saarbesatzung von dem Ge⸗ 
ichtspunkt aus behandelt würde, daß hiexin schon wesent⸗ 
liche Fortschritte erzielt worden seien. Weil eine Saar⸗ 
besatzung unvereinbar mit den Saarstatutsbestimmungen ist, 
stellt sie einen Vertragsbruch dar. Ihn so zu nennen liegt im 
Interesse sachlicher Aufklärung. Für uns kann auch nicht 
in Frage kommen, daß wir die ungeheure Not inm 
SZaargebiet, wie sie von allen Gliedern der Saarbevöl⸗ 
lerung uünd der Saarwirtschaft empfunden wird, lediglich als 
die unabwendbaren Folgen der Frankeninflation darstellen, 
ohne darauf chinuvüen dah die Einführung der 
Frankenwährung seinerzeit eine Eigenmächtigkeit des 
damaligen französischen Saarpräsidenten Rault war, die 
ebenfalls einen Vertragsbruch darstellte. Man braucht des— 
halb kein Gegner des Völkerbundes zu sein, wenn man ihm 
vorwirft, daß er diesen und manchen andern Vertragsbruch 
durch die Saarregierung sanktioniert hat. Bis tief in das 
ozialdemokratische Lager hinein ist man auch heute noch da⸗ 
von überzeugt, daß der Völkerbund, wie er sich bisher der 
Welt in seinen Maßnahmen und Entscheidungen zeigte, nicht 
der Völkerbund ist, dei den idealen Zielen und völkerver⸗ 
öhnenden, friedenschaffenden Bestrebungen entspricht, die 
oon einer Völkergemeinschaft für kulturellen Fortschritt, 
Völkerdemokratie und Weltversöhnung gefordert werden 
muß. Nicht dadurch enwickelt sich das Kind zum edlen und ge— 
rechten Menschen, daß man ihm seine Unarten und üblen 
Angewohnheiten ungerügt durchgehen läßt. Nur Aufzeigen, 
wo Fehler, wo Maängel, wo böser Wille vorliegen. kann 
Abhilfe bringen. 
So war der sechsten Tagung des Bundes der Saar-Vereine, 
die vom 14. bis 15. August in Köln stattfand, die Aufgabe 
gestellt, einmal zu zeigen, was im Saargebiet geschehen ist, 
geschehen ist gegen Recht und Vertrag, zum andern, was ge— 
tan werden muß, um die baldige Rückkehr des Saargebiets 
zum deutschen Vaterland, zur deutschen Volksgemeinschaft zu 
erleichtern. Gerade an dieser Stelle istin der Festnummer 
des Saar-Freund von den verschiedensten berufenen Persön⸗ 
ichkeiten gezeigt worden, welche Enwicklung die Verhältnisse 
in der Saar unter den Verwaltungsmaßnahmen der vom 
Pölkerbund eingesetzten Regierungskommison genommen hat, 
es ist nachgewiesen worden, wie wenig man im allgemeinen 
äiber die Vorgänge an der Sagar im übrigen Deutschland 
anterrichtet ist, mit we Mitteln versucht wurde, in das 
Deutschtum an der Saar Bresche zu legen. In der Mitglieder⸗ 
versammlung der Bundestagung ist durch den Vorsitzenden 
des Bundes, Oberlandesgerichtsrat Andres, wie auch 
durch den Geschäftsführer, Verwaltungsdirektor Botgel, ein 
eingehendes Bild von der Arbeit gezeichnet worden, die be— 
timmt wurde. durch die Entwicklung der Dinge an der Saar. 
In seinem Bericht über die Arbeit des Bundes der Saar— 
Vereine im Jahre 1925 stellte Herr Vogel ausdrücklich fest, 
daß der Bund der Saar-Vereine keine selbständige 
politische Aktion durchzuführen hat, daß seine Haupt— 
ätigkeit vielmehr die Aufklärungsarbeit ist, die hinsichtlich 
zer Saarfrage im de und Auslande zu leisten ist und um so 
olanmäßiger geleistet werden muß, als die französische Pro— 
»aganda im Sinne der Clemenceauschen Lüge von den 
150 000 Saarfranzosen unbeirrt weiter arbeitet. Aus dieser 
Aufklärungsarbeit ergibt sich von selbst die politische Auf⸗ 
zabe, die der Bund der Saar-Vereine zu übernehmen hat: 
SsSolange das jetzige Saarregime mit dem 
ausgesprochenen Ziel der Schaffung neuer 
taatspolitischer Verhältnisse an der Saar 
hesteht, solange muß das Vaene deutsche 
Voltder saardeutschen evölkerung in 
unermüdlichen, hartem Abwehrkampf zur 
Seite stehen. Herr Vogel stellte dabei die Frage, ob 
ich in der Saarfrage national-oder staatspoli— 
bische Gefahren gezeigt hätten, nachdem man selbst in 
Frankreich anerkennen mußte, daß es politisch den Kampf um 
die Saar verloren hat. Es konnte ihm nicht schwer fallen, 
ziese Frage zu bejahen an Hand jener Beispiele, die in der 
Zusamrirsfassung der von der HSaarregierung durchge⸗ 
ihrten Mahnahmen sich acs eine Mißachtung des Se lbit⸗
	        
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