Full text: Der Saar-Freund (7.1926)

gleich zusammen und beschlossen, gegen die Unterdrückung der 
jffentlichen Meinung fortan einmütigen und bis zum äußersten 
entschlossenen Widerstand zu leisten. Auf diesen Beschluß hin 
wurde das nächste welsche Elaborat von der Saarbrücker 
Stadtpresse abgelehnt mit der Bemerkung, sein Ab⸗ 
druck sei mit Rücksicht auf den Leserkreis unmöglich. Eine Maß— 
regelung der hier Widerstand leistenden Zeitungen, wie erwartet 
wurde, wagte man jedoch nicht. Die kleine Landpresse, 
damals zumeist wirtschaftlich in bedrängter Lage, war jedoch 
gezwungen. dem militärischen Drucke nachzu— 
geben. Niit dem nächsten Artikel aus der französischen Küche er⸗ 
schien zugleich der Befehl, den übersandten Bericht unweigerlich 
und unbedingt zu bringen. Die um ihre Ehre kämpfenden Saar⸗ 
brücker Blätter suchten und fanden einen Ausweg. Sie hatten die 
Verpflichtung, auf der vordersten Spalte der 
ersteen Seite dse Bekanntmachungender Militär— 
behörde zu veröffentlhichen. Man einigte sich nun 
dahin, den Artikel als Bekanntmachung des Gene— 
rals aufzufassen und ihn an der gekennzeichne— 
ten Stelse alssolcheerscheinen zu lassen. Ein herz⸗ 
liches Lachen über diesen Streich befreite an jenem Tage die be— 
drückten Gemüter des ganzen Saartals und führte weiterhin zur 
Wiederholung des probaten Mittels. Die Militärverwaltung 
hüllte sich in Schweigen, die Verbitterung aber, die sie beherrschte, 
löste sich dann von Zeit zu Zeit als Strafe für den Ungehorsam 
in Zeitungsverboten aus. Troz strengster Vorzensur traf 
diese Maßregelegung die Saarbrücker Zeitung“ am 13. 
und 14. Dezember 1918, die „Volkszeitung“ am 31. Januar 
und 1. Februar 1919, die „Volkssst im me“ am 18. November 
bis 1. Dezember 1918. 
Aehnlich, wenn nicht noch übler, erging es den Blättern in 
Saarlouis. Saarbrücken sollte erst mit den aufgenötigten 
Axtikeln für Frankreich gewonnen werden, Saarlouis betrachteten 
die Franzosen jedoch trotz der deutschen Haltung seiner Presse, 
Behörden und Bevölkerung bereits als ihre Domäne. Sie er—⸗ 
Hofften. daß sie im Kreise Saarlouis mit Ausnahme einiger 
Bürgermeistereien nach Abschluß des Friedens für immer 
bleiben würden“ (Eberstleutnant Poulet). Nach län⸗ 
geren Quälereien bei der überaus scharf durchgeführten Vorzensur 
erhielten die Zeitungen einen Artikel aus dem „Echo de Paris“ 
„Vergangenes und gegenwärtiges Leiden der 
vom Feinde besetzten Länder in Frankreich'“, die 
Wiedergabe einer Rede des Erzbischofs von Cambrai. 
Zu aleicher Zeit wurden die Verleger aufgefordert. auch weiterhin 
Aufsätze. die ihnen zugehen würden. ohne Erklärung über den 
Ursprung zu veröffentlichen Sämtliche Zeitungenließen 
den Befehl, die Bischofsrede zu bringen, unbe— 
ach tet. worauf ihnen folgendes Schreiben zuging: 
„Am 29. Januar habe ich Ihnen zwecks Veröffentlichung eine 
Erklärung des Marschalls Foch an amerikanische 
Journalisten übersandt. 
Am 28. Januar habe ich Ihnen zu gleichem Zweck eine Rede 
des Erzbischofs von Cambrai über das Elend der Be— 
pölkerung in den besetzten Gebieten von Frankreich zugehen lassen. 
Bisher ist keiner der beiden Artikel in Ihrer Zeitung erschienen. 
Sie werden gebeten, sie morgen aufzunehmen, widrigenfalls 
das Erscheinen Ihrer Zeitung bis auf weiteres 
verboten wird. Poulet, 
Militärverwalter des Kreises Saarlouis.“ 
Dieser Drohung des als Draufgänger bekannten Poulet 
mnußte sich die Presse fügen. Das Kreisblatt wollte 
indessen der peinlichen Sache noch ausweichen und sie mit folgen⸗ 
der Einleitung veröffentlichen: 
„Seitens der französischen Militärverwaltung geht uns Nach⸗ 
stehendes zur Veröffentlichung zu“ doch wurden diefe Worte bei 
der Vorzensur gestrichen. Die Redaktionen erhielten im Anschluß 
hieran noch Zensuranweisungen übermittelt, in denen es u. a. 
heißt: „Artikel oder Informationen, die der Presse von einer 
amtlichen Seite zugehen, dürfen nicht mit der Vorbemer⸗ 
kung ‚amtlich“. „asus amtlicher Quelle“ oder mit Fin⸗ 
leitungen wie, von amtlicher Quelle erfahren wir 
uiw. veröffentlicht werden.“ 
Die Drangsalierung der Saarpeesse nahm in 
der Folgezeit kein Ende, aber erfolglos; sie blieb standhaft wie 
die Bepölkerung. Um hier Wandel zu schaffen, wurde unter der 
Patenschaft der französischen Militärbehörde in Saarbrücken die 
Druckerei des Saarbrücker Abendblattes“ angekauft, 
neet 48 — 52 20 —α M7Al bα ν 
ösische Propagandablatt Le Rouvean Courrier de la 
zarre“, das in deutscher und französischer Sprache heraus⸗ 
zegeben wurde. Zunüchst umschmeichelte man hier die Bevölke— 
ung des Saargebietes und pries das edle Frankreich als den 
Ketter aus aller wirtschaftlichen Not. Als aber alles Liebes⸗ 
verben vergeblich war, griff man zu einer fortgesetzten Be⸗ 
chimpfung und Verleumdung des Deutschtums. 
das Blatt hat dann später, um besser werben zu können, den 
ranzösischen Titel fallen lassen und nennt sich bis heute „Neuer 
zaarkurier“. Es ist inzwischen, da die Unterstützungsquellen 
zicht mehr so ergiebig fließen, zu einem Skaändalblatt mit 
»twa 1500 Auflage herabgesunken. Als deren 
zerantwortliche Redakteure werden bisweilen vor 
zericht Straßenkehrer, Ofenheizer und Zeitungs⸗ 
»erkäufer präsentiert. Die Leiter der Redaktion sind zum 
Teil Separatisten gewesen und seit langer Zeit Leute von 
iblem Leumund. Es gibt Zeiten, in denen gegen diese Herr⸗ 
chaften ein Dutzend Beleidigungsprozesse vor Gericht schweben. 
zie gehen dann auf sogenannten Urlaub, verschwinden aus dem 
zaargebiet und treiben von Forbach aus ihr Un⸗ 
vesen. Ich glaube recht unterrichtet zu sein, daß mit dem 
l. April 1926 das Schandblatt dem Saargebiet „Lebewohl“ sagen 
wird. 
Für Saarlouis leistete sich aus der Wallerfanger Ecke 
er Gutsbesitzer Fabvier, französischer Leut⸗ 
rant, mit einigen Französlingen 1920 „zur Wahrung fran⸗ 
zösischer Interessen im Kreise Saarlouis“ den Ankauf des 
ilten Saarlouiser „Journals', das schnell von seiner 
döhe herabsank und dessen Auflage heute nur noch auf 
z00 geschätzt wird. In ihrer Hoffnung Maienblüte waren 
zeide Propagandablätter sogar noch mit sogenannten Ablegern 
ersehen, so die vom „Saarkurier“ gelieferte MReunkirchener 
Abendpost“. Aber nicht lange währte diese Expansionskraft. 
zeute ist die gesamte französische Propaganda— 
»resse trotz aller aufgewandten Geldmittel zu 
oller Bedeutungslosigkeit verurteilt. Die 
Abnehmer sind zumeist persönlichen Skandal liebende dekadente 
kaffeehausbesucher und von der französischen Bergverwaltung ab⸗ 
zjängige Personen. 
Zu der französischen Propaganda ist auch die 
Prefseabteilung der „neutralen“ Regierungs— 
ommission zu rechnen, denn sie arbeitet Hand in Hand 
nit den von den Franzosen angekauften Zeitungen. Diese Ab⸗ 
eilung muß überdies noch die Bevölkerung mit jährlich 120 000 
zranken bezahlen. Uebersetzungen aus den saarländischen Blättern 
verden von dieser Stelle aus übermittelt an den Chef der 
ranzösischen Spionage im Saargebiet, an die 
zöheren Beamten der Bergwerksdirektion, die Militär⸗ 
ommandeure der benachbarten Gebiete und an Zeitungen, wie 
La Sarre Françcaise“, „Journal d'Alsace Lorraine“ und andere 
Heßblätter. 
Was der Gewalt versagt blieb, versuchte in Güte der unter 
ßeneral Wirbel bereits 1919 auftauchende ehemalige Metzer 
Archivdirekter Hauviller zu erreichen. Er wurde einst von 
en Deutschen aus seiner Stellung ohne Pension entlassen und 
rstrebte nach dem Kriege sein Heil bei den Franzosen. Ver—⸗ 
jzebens suchte diese als Geschichtsklitterer bekannte Perlönlichkeit 
ie Redaktionen heim. Es glückte ihm nicht, seine Vekehrungs⸗ 
ersuche der Saarbevölkerung in den Blättern unterzubringen. 
die von ihm dann verfaßten und überall verteilten Flugschriften 
purden sofort in der Vresse auf das schlagendste widerlegt. 
Rechtlos aus der Heimat vertrieben. 
Es gehört zu den besonderen „Nuhmesblättern“ der fran⸗ 
oͤsischen Nation, daß sie als besetzende Macht die ihr unbequem 
ünkenden Personen unter der Begründung, daß sie geeignet er⸗ 
cheinen, die „Sicherheit der Besatzung zu gefährden“ — einzelne 
ie stärkste Militärmacht der Welt! —, aus der Heimat von Haus 
ind Hof zu jagen! Die Saarpresse stellte auch hier die ersten und 
ozentual wohl die meisten Opfer. Wenn ich auch sonst nach 
Ater guter Gepflogenheit der Presse von Namen absehe, einige 
eien hier doch genannt. Wohl als ersten traf dieses Los auf 
Verfügung des Generals Andlauer den Redakteur des von der 
gergwerksdirektion herausgegebenen Bergmannsfreund“. den 
angjährigen verdienstvollen Stadtverordneten und politischen 
zührer Theodor Vogel. welcher im Jahre 1918 sein 25jähriges 
zubiläum als Schriftleiter unter großen Ehrungen begangen 
satte und über 4 Jahre als Landwehroffizier und Kom⸗ 
agnieführer im Felde gewesen war. Seine Ausweisung 
A. Q Fsnrif 10310 meit — der französischen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.