Full text: Der Saar-Freund (7.1926)

Wsa 
Nachrichten aus dem 
abgetrennten 
Saar- unoͤ Psalzgebiet 
——— — — — — — — — 
ummer 114 7. Zahrgang — 
w 
9 —339 
Mitteilungsblatt 
des 
BHBundes der Saar Pereine 
Berlin, .Jani 5 
„Uns sollt ihr nit verderben.“ 
„Das Saargebiet kein qusländisches, sondern oeutsches Gebiet.“ 
Im Saargebiet hat man oft und lange Zeit das Gefühl 
gehabt, als kümmere man sich im unbesetzten Deutschland uin 
die Vorgänge links des Rheines und vor allem an der Saar 
gar nicht. Man hat sich oft und mit Recht bitter darüber be— 
klagt, daß die reichsdeutsche Presse den Fragen des Saar— 
gebiets, wie sie sich aus dem Versailler Diktat ergeben haben, 
so selten und so wenig Verständnis entgegen bringt. Man 
ist oft im Saargebiet empört gewesen, wenn man erfahren 
mußte, daß im deutschen Volk und selbst in deutschen be— 
hördlichen Stellen keine Klarheit darüber bestand, wo das 
Saargebiet liegt, ob es zum Rheinland oder zu Lothringen 
gehört. Geschäftsstelle und Bund der Saar-Vereine haben es 
an aufklärender Arbeit, an Mahnungen, an Forderungen 
nicht fehlen lassen, um diese Unklarheiten, um diese Ver— 
ständnistosigkeiten zu beseitigen. Man tonnte vielleicht 
manchmal im Zweifel darüber sein, ob die Arbeit auch den 
erstrebten Erjolg hätte. Wer aber rückblickend die Stufen 
überschaut, die seit der Besetzung des Saargebietes bis auf 
den heutigen Tag in der Auftlärungsarbeit überschritten 
worden sip der muß befriedigt feststellen: wi Aggn 
geschafft! Was wußte man noch vor fünf Jahren in 
deutschen Landen vom Saargebiet, was von den Verhält— 
nissen, wie sie das Versailler Diktat dort unten geschaffen 
hat, was von den Vorgängen,'die zu dieser Versailler 
diktatregelung führten, und was von den Methoden, die 
man anwandte, „um zu erreichen, was englischer Reid und 
amerikanische Mißgunst verhinderte: „die Annexion des 
Saargebiets durch Frankreich! Aber von Jahr zu Jahr, das 
bewiesen die Bundestagungen des Bundes der Saarvereine, 
wuchs das Verständnis und das Interesse am Saargebiet, 
wuchsen die Massen, die begeistert sich in die Reihen der 
Kämpfer um das Saargebiet stellten. 
Es hat Jahre gedauert, bis die Saargebietsbevölkerung 
selbst erkannte, dah man für sie auch rechtsrheinisch tätig 
war, u man ihren Kampf unterstützte, ihren Mut' stärkte 
und half, so weit es die Verhältnisse eben erlaubten. Es 
hat auch laͤnge gedauert, bis die Saargebietsbevölkerung in 
wachsender Mehrheit den Versuchen der Saarregierung ent— 
gegentrat, den Bund der Saar-Vereine zu einer Geheim— 
organisation, zu einem Putschverband zu stempeln. Mehr 
und mehr tral die Saargebietsbevelkerung mit dem Saar— 
berein in Verbindung und in Veckehr, um wirtschaftliche 
n politische Fragen gemeinsam zu besprechen und fest— 
egen. 
In der Pfingstwoche konnten sich Vertreter des Saar— 
ebiets, nämlich der Maännergesangverein Saarbrücken von 
sot. davon überzeugen, welchen Erfolg die Aufklärungs— 
atbeit des Saar-Vercins zu verzeichnen hat. Er hatte sich 
utschlossen, eine Pfingstsängerfahrt, über Eisenach nach 
Berlin und Dresden zu veranstalten. Der viertägige Aufent 
halt in der Keichchaupiftadt hot nach einstimmigem Urtei. 
der Teilnehmer an der Sängerfahrt einen so nachhaltigen 
Eindruck auf sie hinterlassen, daß sie mit Stolz und neuem 
Mut in ihre Saarheimat zurückgekehrt sind, um dort zu be— 
kennen:; Das Saargebiet gehört zu Deutsch— 
band, Deutschland gehört dem Saargebieil 
Von Tag zu Tag steigerten sich die Eindrücke und bestärkte 
sich das Bewußtsein, daß man sowohl in der Bepölkerung, 
in den Kommunalverwaltungen, in den Reichs- und 
Staatsämtern, wie auch in der höchsten Stelle des Reiches, 
beim Reichspräsidenten, genau über die Leiden der Saar— 
gebietsbevölkerung, wie auch über ihre Treue unterrichtet 
ist. Der Empfang im Berliner Rathaus war für die Saar—⸗ 
hrücker Sänger ein Erlebnis — und durfte es sein. Der 
Kommers mit der eindrucksvollen Erklärung des Reichs— 
außenministers Dr. Stresemann ein politisches Ereignis 
tüärksten Eindrucks, der Empfang durch den Reichspräsidenten 
von Hindenburg eine Weihestunde für das Leben. 
So sehr es zu verstehen ist, daß die Reichsregierung in 
ihren Maßnahmen und ihren Erklärungen hinsichtlich des 
Saargebietes aus außenpolitischen Gründen bisher eine ge— 
wisse Zurückhaltung übte, so notwendig war es, daß sie jetzt 
gewissen Gerüchten und Ausstreuungen mit einer rückhalt⸗ 
losen Erklärung entgegentrat und mit dem Bekenntnis nicht 
zurückhielt, daß das Saargebiet und seine Bepölkerung zu 
Deutschland gehören. Wir begrüßen es mit besonderer Ge⸗ 
nugtuung und Befriedigung, daß der Reichsaußenminister 
Dr. Stresemann seiner Erklärung eine so bestimmte Form 
gegeben hat, daß daran nicht zu rütteln ist. Bedauerlich 
bleibt es dabei, daß er sich zu dieser Erklärung veranlaßt 
sah durch eine Versffentlichung in einer nationalen Zeit— 
schrift, dem „Stahlhelm“, der die Regierung verdächtigte, mit 
Frankreich über die Abtretung einer Anzahl von Saar⸗ 
gemeinden gegen baldige Räumung des Saargebiets und 
billigeren Rückkaufspreis für die Saargruben zu verhandeln. 
Wenn derartige Nachrichten in der Auslandspresse erschienen 
wären, dann wüßte man, daß sie iane Irreführung der 
Bevölkerung an der Saar abzielten. Wenn sie aber in einem 
deutschen Presseorgan veröffentlicht werden, dann findet man 
hiersür nur eine Erklärung, daß der Verfasser über die Saar⸗ 
oerhältnisse nicht unterrichtet ist — und das ist Leine Ent— 
schuldigung! Jedenfalls gaben sie aber dem Reichsaußen⸗ 
minister Veranlassung und Gelegenheit, im Namen der 
Reichsregierung zu erklären, 
daß das Saarland zkein ausländisches, 
sondern ein deutsches Gebiet ist, 
daß die Bevölkerung don ein heitlich deutschem 
Empfinden beseelt ist, 
daß Menschen und deutsches Land niemals mit mate⸗ 
riellen Dingen in Verbindung gebracht werden dürfen, 
daß die Menschen an der Saar ni emals An⸗ 
hängsel der Saargruben sind, und
	        
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