Gehöfte, Bahn- und Kanalbauten usw.) auf den Kohlen⸗
—I — nicht in Mitleidenschaft gegzogen werden“. Ueber
iese bergpolizeilichen Bestimmungen hat
jich die französische Grubenverwaltung
ohne weiteres hinweggesetzt. Sie kennt für den
Auͤsbau nur ein Gesetz: Ausbeutung des Kohlen⸗
reichtums an der Saar ohne Rücksicht auf
Bevölkerung und ihr Eigentum. Die Folgen
eines solchen Raubbausystems zeigen sich je länger je mehr
durch die zunehmenden Grubenschäden in den Ortschaften
der Grubenfelder. Von der betroffenen Bevölkerung und
den Gemeinden ist wiederholt die Regierung ersucht worden,
auf die französische Grubenverwaltung einzuwirken, damit
diese ihre Abbaumethoden im Sinne der bergbaupolizeilichen
Vorschriften durchführt und für entstandene Grubenschäden
Ersatz leistet. Man hat niemals davon etwas erfahren, daß
die Saarregierung, wie es ihre Pflicht und ihre Aufgabe
wäre, sich im Sinne dieser berechtigten Forderungen an die
kranzösische Grubenverwaltung gewandt hätte.
Die Saarregierung hat also in diesem
Falle ihre Pflicht, Rechte und die Wohl⸗
sahrt der Bevölkerung zu sichern, verletzt.
Nach 8 13 des Saarstatuts sollen die Beiträge der
Gruben und ihrer Nebenanlagen zu dem örtlichen Haushalt
des Saarbeckens wie zu den Gemeindeabgaben unter Berück—
sichtigung des Verhältnisses des Wertes der Gruben zu den
srerticen Abgaben des Saarbeckens festgesetzt werden. Bei
lebernahme der Saargruben durch Frankreich hatte der
Grubenfiskus eine Kohlensteuer von 20 5 zu zahlen, die den
Gemeinden usw. zugute kamen. Obwohl der Saargruben⸗
besitzer der größte Arbeitgeber des Saarbeckengebietes ist und
rund der Haͤlfte der Saargebietsbevölkerung Brot, sei es auch
noch so kärglich, gibt, müßte er entsprechend dem Werte der
Anlagen etwa 35 bis 40 der Staats⸗ und Gemeindesteuern
aufbringen. Unter Herrn Rault hat man nicht nur die
Kohlensteuer vollkommen abgeschafft, sondern durch ein ohne
Befragen des Landesrates zwischen Herrn Rault und der
französischen Regierung abgeichlossenes Steuerabkommen
die Beitragspflicht des französischen Saarfiskus so weit her⸗
abgemindert, daß seine Stenerleistungen für
das Steueraufkommen im Saargebiet kaum
noch nennenswert ins Gewicht sallen. Nur
etwa 88 der Gesamtsteuern des Saargebiets träat der
französische Grubenfiskus.
Hier liegt nicht nur eine Net:xXoit oder Untätigkeit
der Saarregierung vor, ser' »wußzte und
gewollte et! urgebiets—
bevölkerung zugun. französischen
Staates.
Auch in diesem Falle hat der Völkerbund keine Ver—
anlassung genommen, die Saarregierung an ihre Aufgaben
zur Sicherung der Rechte und der Wohlfahrt der Bevölke—
rung zu erinnern.
Die Bevorzugung des französischen Grubenfiskus und
damit der französischen Finanzinteressen durch die Saar—⸗
regierung wird aber weiter durch die Frankreich auf den
Saarbahnen eingeräumten Tarifvergünstigungen für Saar—
kohle bewiesen. Die Saargebietsbevölkerung kann kein
Interesse daran haben, den Transport der Saarkohlen nach
Frankreich verbilligt zu sehen, wenn sie dafür das Defizit,
das die Saarbahnen zu verzeichnen haben. mit ihren Steuer⸗
groschen decken muß.
Ganz augenfällig verstößt aber die Saarregierung gegen
ihren Treuhänderauftrag und gegen ihre Instruktkonen in
der Währungsfrage. Das Saarstatut läßt un—
— die deutsche Währung im Saargebiet bestehen.
rotzdem ist die Saarregierung unter Herrn Rault von
Anfang ihrer Regierung an bestrebt gewesen, die deutsche
Währung durch die französische zu verdrängen. Der Kampi
um die deutsche Mark ist jahrelang geführt worden, bis er
unter Vergewaltigung des Rechts und des Beprölkerungs—
willens auf diktatorischem Wege ab 1. Juni 1923 zugunsten
der französischen Bestrebungen durch die Saarregierung ent—⸗
eden wurde. Daß sich die Saarregierung hierbei eines
ertragsbruches schuldig machte, hat sie indirekt dadurch an—
erkannt, daß sie ihr Vorgehen mit ihrem Auftrag, die Rechte
und die Wohlijahrt der Bevölkerung zu sichern, zu begründen
juchte. In einer Denkschrift an den Velkerbund berief sie
ich nämlich nicht auf die Spezialbestimmungen des 8 382 der
Saarstatuts, der die Mart als alleinige gesetzliche Währun
anerkannte, sondern auf die allgemeinen Bestimmungen de—
Artikels 48 des Versailler Diktats, der ihr e
der Rechte und der Wohlfahrt der Bevölkerung anbefiehlt
Sie sagte damals in ihrer Denkschrift, „daß eine gesund
wirtschaftliche Entwicklung an der Saar nur möglich wäre
wenn das Wirtschaftsleben außer Betracht gezogen würd⸗
von der ständig veränderten Tendenz der Reichsmark um
sie sich stützen könne auf eine stabile Währung“
Auch die Begründung, die der damalige Staatskommissa
Dr. Liesch in der Sißzung des Landesrates vom 27. Apri
1923 gab, ene rechtliche Seite unberücksichtigt und ver
teidigte die Währungsänderung durch die Saarregierun
mit dem ihr gewordenen Auftrag, allen moralische
und materiellen Schaden von der Bevölk⸗
rung abzuwenden.
Der Völkerbund hat damals die Auffassung der Saat
regierung wie gewöhnlich gelten lassen und der Währung—
änderung zugestimmt trotz der entgegenstehenden Vertrag—
bestimmungen. Inzwischen schuf sich Deutschland ein
neue stabile Währung. Die falschen politischen Maß
nahmen Frankreichs gegen Deutschland und die sich daraus
ergebenden wirtschaftlichen Rückwirkungen schoben die fram
zösische Währung immer mehr auf die schiefe Ebene, so dah
heute die Währungsverhältnisse im Saargebiet genau um—
gekehrt liegen. Wenn damals die Regierungs—
kommission die Frankenwährung ein—
führte, weil sie sich hierzu im Sinne ihre—
Auftrags für verpflichtet hielt, so müßten
die heute in logischer Anwendungihres da—
mals aufgestellten Grundsatzes, die un—
stabilen Währungsverhältnisse im Saar—
gebiet und die damit verbundene Unsicher
heit im Wirtschaftsleben durch Einführune
einer stabilen, d. h. der Reichsmarkwährung
beseitigen. Die Saarregierung hat das bisher nicht ge⸗
tan, und der Völkerbund hat bisher keinen Anlaß genommen,
sie an ihre Pflichten zu erinnern. Mehr noch. Die Saar—
regierung unter Herrn Rault hat die französische Währungs
inflation im Saargebiet dazu benutzt, um, wie es kürzlit
ein Landesratsmitglied sehr treffend ausführte, das Saar
gebiet zu einem Armenhaus zu gestalten. Es is
an dieser Stelle schon wiederholt darauf hingewiesen worden
in welcher Weise die Saarregierung zugunsten Frankreich⸗
das Saargebiet und seine Bevölkerung systematisch ausfaug
In keiner Beziehung ist festzustellen, daß die Saarregierun
besorgt wäre, sich für die Wohlfahrt der Bevölkerung ein
zusetzen und dafür einzutreten, daß ihr durch die franzöfisch
Inflation keinerlei materielle oder moralische Schäden er
wachsen.
Die Beispiele der Pflichtverletzung der Saarregierunt
gegenüber ihrem Auftrage, für das Wohl der Saargebiets
bevölkerung zu sorgen, ließen sich noch um eine erheblich
Zahl erweitern. Angedeutet soll nur noch werden ihr
oölliges Versagen ausf dem Gebiet des sozialen und
arbeitsrechtlichen Lebens. Auch hier stehen der
arbeitenden und rentenempfangenden Bevölkerung die ge
— —
Saargebiets durch die Saarverwaltung bestanden und b
tehen bleiben sollten, die aber in völliger Mißachtung de
hr übertragenen Pflichten gegen die Sozialrentner un
weder Anwendung noch Berücksichtigung finden. Darau—
erklärt sich das große Heer der darbenden und hungernde,
Pensionäre und Rentenempfänger, Witwen und Waisen, di
der besonberen Fürsorge der Saarregierung anvertraut sein
olton.
Zieht man so eine Generalbilanz der
Tätigkeit der Saarregierung, so muß fest
gestellt werden, daßsie gerade den sozialen
Geist, der ihrem Hauptauftrag zur Siche—
rung der Wohlfahrt und der Rechte der Be—
völkerung innewohnen sollte, vollkommer
umitzachtet hat.