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Nackrichten aus dem
ab gelrennten
Saar- uno Pfalzgebiet
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slummer 10 7. Jahrgang
Mitteilungsblalt
des
¶Bund es der Saar Nereine
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Berlin, 18. Mai 19260
„Kechte unod Wohlfahrt der Saargebietsbevslkerung.“
Die Versailler Diktatoren haben für das Saarbecken⸗
vnt eine Regelung geschaffen, die zweierlei Zwecken dienen
ollte:
1. Frankreich volle Freiheit bei der Ausbeutung der
Saargruben zu verbürgen und
2. eine dadurch sich etwa ergebende Gefährdung der
Rechte und Wohlfahrt der Bevölkerung zu verhindern.
Die Uebertragung der Saargruben an Frankreich be—
zründete man mit der Zerstörung der Gruben in Nord—
srankreich, deren Förderausfall aus den Saargruben gedeck
werden sollte. In Frankreich wagt man nicht mehr zu be—
haupten, daß ein Ersatz für einen solchen Förderausfall noch
beansprucht werden kann, nachdem das Förderergebnis der
nordfranzösischen Gruben bereits weit über das Friedens—
ergebnis hinausgegangen ist. Die bisherige Zusammen—
setzung und Einstellung des Völkerbundsrates brachte es mit
sich, daß keine der Volkerbundsmächte bisher den Artikel 19
des Völkerbundsstatuts in bezug auf das Saargebiet heran—
zog, der vorschreibt, daß die Bundesmitglieder zu einer
Rachprüfung der unanwendbargewordenen
Verträge verpflichtet sind. Sinngemäß ergibt sich aus
den Bestimmungen dieses Artikels, daß eine Nachprüfung
der Bestimmungen auch dann zu erfolgen hat, wenn eine Be—
timmung des Versailler Vertrages wegen falscher Voraus—
etzungen ihre Erledigung gefunden hat. Auf das Saar—
gebiet übertragen besagt der Geist der Bestimmungen des
Artikels 19, daß die Regelung der Saarfrage,
wie sie im Abschnitt IV des Versailler Diktats aufgestellt
ist, eine Nachprüfung und Abänderung er—⸗
fahren muß nachdem die Voraussetzungen
für diese Regelung — das beeinträchtigte Förder—
ergebnis der französischen Gruben infolge Kriegszerstörung —
fortgefallen sind. Wie gesagt, von allen Völkerbundsstaaten
hat noch niemand es für nölig gehalten, diese Nachprüfungs—
bestimmungen auf das Saargebiet anzuwenden. Deshalb
bleibt Frankreich noch immer Eigentümer der Saargruben.
deshalb darf Frankreich auf Grund des Saarstatuts mit den
Saargruben machen was es will, seien die betreffenden Be—
stimmungen zurzeit auch noch so unnatürlich.
Solange Frankreich Eigentümer der Saargruben ist,
muß das besondere Regime vestehen bleiben, das angeblich
geschaffen wurde, um die Sicherstellung der Wohlfahrt und
der Rechte der Bevölkerung zu verbürgen. Wenn man von
den Voraussetzungen der Uebereignung der Saargruben an
Frankreich nusgehi, so erscheint es unbegreiflich, daß
bei den völlig veränderten politischen Verhältnissen und
nternationalen Beziehungen überhaupt noch auf diese
Regelung für das Saargebiet Anspruch erhoben wird. De—
Locarnopatt weist den Weg, der gegangen werden, könnte
um das vermeintliche Recht Frankreichs zur ungehinderten
Ausbeutung der Saargtußen sicherzuftellen. ohne daß man
die Saargebietsbevölkerung noch länger als Anhängsel der
Saargruben behandelt und sie einer landfremden Regierung
unterwirft. Genau so wie man für Aufrechterhaltung des
Statusquo an den deutschen Westgrenzen im Sicherheits⸗
vakt das System der Schiedsverträge gewählt hat, genau
so könnte selbstverständlich auch das noch immer bestegende
Besitzrecht“ Frankreichs an den Saargruben durch einen
Schiedsvertrag sichergestellt werden, wenn Frankreich es
nicht für zweckmäßiger und gerechter hielte, schon jetzt über
yd Zu rückgabe der Saargruben an Deutschland zu ver—
andeln.
Da nach der bisherigen „Rechts“-Einstellung Frank—
reich weder nach der einen noch nach der anderen Seite dem
Recht und der Gerechtigkeit dem Saargebiet gegenüber Ge—
rüge getan hat, ist es notwendig, einmal zu prüfen, ob
der Voͤlkerbund seiner Pflicht dem Saargebiet gegenüber zur
Sicherstellung der Rechte und der Wohlfahrt der Bevölke—
rung nachkommt, und welche Sicherheitsgarantien er ge⸗
schaffen hat, die der Verpflichtung der alliierten und asso—
ziierten Mächte gerecht werden, „Ren Bewohnern r sdes
—5aargebriets selbst jeden moralischen und
materiellen Schaden zu ersparen“.
Man muß hierbei ebenfalls wieder zunächst von
Frankreich als Besitzer der Saargruben
Ausgehen. Artikel 49 des Versailler Diktats verlangt
Sicherstellung der Rechte und der Wohlfahrt der Bevölke—
rung, und die Instruktionen des Völkerbundsrates für die
Regierungskommission des Saarbeckengebietes enthalten in
Ziffer Ul die Anweisung: „Die Regierungskommission hat
keine anderen Aufgaben und Interessen als das Wohlergehen
der Bevölkerung im Saarbeckengebiet.“
Im 8 12 des Saarstatuts ist bestimmt, daß „für die
Ausbeutung der Gruben und ihrer Nebenanlagen weiterhin
die Rechtsordnung maßgebend bleibt, die durch die am
IJI. Oklober 19210 gültigen deutschen Gesetze und Verord—
nungen eingeführt worden ist“.
In diesen deutschen Gesetzen und Verordnungen, die füt
die Ausbeutung der Saargruben maßgebend bleiben, sind
auch die bergpolizeilichen Bestimmungen ent—⸗
hallen. Hiernach hat der Abbau der Kohlenflöze auf den
nzelnen Zechen „nach genau festgelegten Sicherheitsgrund⸗
tzen zu geschehen, so daß die baulichen Anlagen (Ortschaften.
Dieser Ausgabe liegt die Nr. 5, Jahrgang 2,
der „Saarheimatbilder“ bei.