ates kam. RNachdem auch die deutsch⸗-französischen Berein—
harungen über die Saarzollgrenze nicht zur Durchführung,
famen, erwartet man im Saargebiet allein noch von den so—
ben wieder aufgenommenen deutsch-französischen
Wirtschaftsverhandlungen Hilfe. Bleibt diese
aus, so läßt sich die weitere Entwicklung der wirtschaftlichen
verhältnisse an der Saar überhaupt nicht voraussehen. Mit
der Saarwirtschaft hängt die Existenz von Dreifünftel der
Zaargebietsbepölkerung zusammen. Die wirtschaftliche Lage
der Arbeiter, Angestellten und Beamten auf den Saar⸗
zruben, in der Privatindustrie und im Handel hat sich im
Ldaufe des Jahres derart verschlechtert, daß heute von einer
äußersten Rotlage gesprochen werden muß. Die Saar—
ndustriellen glauben auf Grund der allgemeinen Wirt—
schafislage nicht in der Lage zu sein, Lohn- oder Gehalts⸗
erhoͤhungen zu gewähren, während andererseits bei sinken—
dein Franken und gleichbleibenden Löhnen die Teuerung
auf allen Gebieten in beängstigender Form zunimmt. Da
die Lohnfrage im wesentlichen von dem Verhalten des
ranzösischen Grubenfiskus bestimmt wird, die Grubenver—
waltung aber sich berechtigten Lohnforderungen gegenüber
m wegentlichen ablehnend verhalten hat, so ist nicht
u übersehen, wie sich die Dinge dort entwickeln werden.
w Dezember verhandelten die Grubengewerkschaften mit
dem französischen Arbeitsminister de Monzie teils in Saar—
hrücken, teils in Paris über neue Lohnforderungen
der Bergarbeiter. Die von ihm geendegen Lohn⸗
⸗erhöhungen waren so geringfügig, daß die Arbeiterschaft sie
ablehnte. So. herrscht zu Ende des alten Jahres unter der
Zaararbeiterschaft auf der ganzen Linie Krisen—
immung. Im Baugewerbe dauert Streik und
Aussperrung schon seit Wochen an und unter den
ergarbeitern spricht man vom Generalstreik, nach—
dem ein solcher, allerdings nur für zwei Tage, bereits im
Juli des alten Jahres siattgefunden hat.
Was die Grubenverwaltung selbst betrifft, so stellt sie
ich weiterhin auf den Herrenstandpunkt, ohne auf Arbeiter⸗
oͤder Saargebietsinteressen Rücksicht zu nehmen. Sie treibt
nun schon seit Jahren brutglen Raubbau, der die
Erdoberfläche ins Wanken, Häuser, ja ganze Ortschaften
zum Einstürzen bringt. Das bekanute Bergmannsdorf
Schnappach mußte aus diesem Grunde bereits geräumt
werden. Im ganzen Grubenbegirk zeigen sich die bedenk—
sichsten Grubenschäden. Dabei hat die Korruͤptions- und
Vettlernwirtschaft in der Grubenverwaltung eine Aus—
dehnung genommen, daß der sogialistische französische
Keammerabgeordnete Uhryy eine ganze Artikelserie gegen
dieses unverantwortliche Vorgehen der Saararubenver—
waltung verdifentlichte.
Die Locarno-Verhandlungen, die mit der Unterzeichnung
es Locarno-Vertrages ihren Abschluß fanden, haben be—
onders auf Grund von Veröffentlichungen in der fran—
zösischen Presse im Saargebiet die Hoffnung erweckt dadurch,
daß der geborene neue Geist sich auch im Saargebiet aus⸗
virken wird. Dabei herrscht jedoch im Saargebiet Ein—
mütigkeit darüber, daß Rückwirkungen des Locarno⸗-Paktes
ruf das Saargebiet sich nicht als Teillösungen,
ondern als völlig neue Regelung der Sgaarfrage
erweisen müßten, wenn der Gerechtigkeit und dem Selbst⸗
bestimmungsrecht der Saarbevölkerung entsprochen werden
soll. Im Saargebiet erwartet man letzten Endes eine
vesentfliche Beschleunigung der Volksab-
timmung gleichzeitig mit der vorzeitigen Räumung der
weiten und dritten Rheinlandzone. Dagegen wendet sich
das Saargebiet entschieden gegen gewisse französische Be⸗
trebungen, die auf eine sogenanntse Grenzberichti—
gungim Saarlouiser Kreise, auf eine Weber—
kragung der Saargruben an ein inter,⸗
nationales Konsortium oder auf andere Aspi—
tationen hinauslaufen, die einer Verscha cherung des
Saargebiets oder eines Teiles seiner Bodenschätze oder
seiner Wirtschaftsbetriebe hinauslaufen. Das Saargebiet
oerlangt die baldige restlose Wiedervereinigung
mit Deutschland, nachdem sich nicht nur die politische
Saarlünge von den 150 000 Saarfranzosen, sondern auch
die wirtschafliche Lüge von der Rotwendigkeit der Heran⸗
ziehung der Saepraen zu den Reparationen für die zer⸗
törten Gruben Nordfrankreichs eben als bewukte Lüge
zergusgestellt haben.
»*091171chen unfnia
pirtschaftlichen Borgänge n Saargebiet im
Jahre 1925 kann selbstverständlich nur einen kleinen Aus—
chnitt der dortigen Entwicklung goben. Dieser aber genügt
chon, um nachzuweisen, wie vielleitig der Kampf um das
Zaargebiet sich gestaltet hat, wie zahlreich die Probleme
ind, die sich aus dem Saarstathit entwickelt haben und wie
totwendig es war und ist, über diese Dinge nicht nur in
Deutschland, sondern auch im Ausland aufklärend zu wirken.
Dieser Aufklärungsarbeit hat sich der Bund der Saar—
Vereine und der „Saar-Freund“ auch im vergangenen
Zahre im Rahmen seiner Mittel und der ihm gestellten
Aufgaben gewidmet. Er darf ebenso wie die Saargebiets—
evölkerung befriedigt auf diese Arbeit zurückblicken, auf die
Arbeit, die nur ein Äbglanz sein konnte von deutscher Treue
an der Saar, vom Festhalten am deutschen Vaterland und
in deutschem Volkslum. Die am 6. und 7. Juni 1925 in
Hannover stattgefundene Bundestagung des Bundes der
Saar-⸗Vereine hat gezeigt, wie tief seine Aufklärungsarbeit
n das deutsche Volt schon eingedrungen ist und mit welcher
dankbarkeit das deutsche Volt auf seine Vorpostenkämpfer
in der Saar blickt. Der Bund der Saar-Vereine nahm auch
helegenheit, den neuen Herrn Reichspräsidenten von
dindenburg über Arbeit und Erfolg seiner Tätigkeit zu be—
kichten. Wie sein Vorgänger, so hat auch Sindenburg
dieser Arbeit um deutsches Volkstum, un deutsche Heimat
ind deuisches Recht an der Saar wärmstes Interesse ent—
zegengebracht.
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Muchli
So dürsen wir mit Stolz und mit Genugtuung auf ein
Jahr mühevoller Arbeit zurückblichen: Trotz bitterster Not,
roh neuer Bedrückungen, trotz sortgesetzter Rechtsver⸗
etzuͤngen hat die Saargebietsbevölkerung auch im Jahre
1925 ein Verhalten an den Tag gelegt, das, wie Rathenau
wenige Tage vor seinem Tode im Reichstag sagte, „dem
Janzen deutschen Volke Beispiel und Muster sein sollte“.
dieser zähe Kampf hat unter den Stürmen berechtigter Ab⸗
wehr die Anschläge von Westen zurückgewiesen und hat
chließlich auch den Gegner davon überzeugt:
das Saargebiet war, ilt und bleibt deutich!
Ein Ausblick.
Wie sich die Verhältnisse im Saargebiet im kommenden
dahre gestalten werden, läßt sich aus den Schleiern der
zulunft nicht erkennen. Aligemein ijst im Saargebiet die
uffassung vertreten, daß so, wie die Dinge sich in den letzten
dahren entwickelt haben, es nicht weiter gehen kann. Im
Sargebiet hofft man auf das bestimmteste, daß sich die Ab⸗
nachungen von Locaron auch im Saargebiet sinngemäß aus⸗
virken müssen. Dabei denkt man nicht daran, daß die Ver⸗
ältnisse von heute auf morgen sich umstellen lassen. Das
Saargebiet wird als ersten Beweis seines neuen Geistes
ind eines wirklich guten Willens den Beschluß des Völker⸗
undrates über die künftige Zusammensetzunng
erSaarregierungskommissfion betrachten. Die
Amtstätigkeit des Herrn Rault soll mit dem 31. März 1926
ekantlich ablausen. Die Saarregierung erwartet, daß auch
zerr Lamber't und Dr. Vezensky durch neutralere
ßersönlichkeiten ersetzt werden, und daß zum Präsidenten
ticht wieder ein Franzose ernannt wird. Wenn diesen
zuͤrchaus berechtigten und den Bestimmungen des Saar⸗
tatuts entsprechenden Wünschen der Saargebietsbevölkerung
hechnung getragen würde, dann könnte man damit rechnen,
daß im Geiste von Locarno auch für das Saaraebiet ein
zystemwechsel beabsichtigt ist.
Als nächsten Wunsch hegt die Bevolkerung an der Saar
runmehr die unverzügliche Zurückziehuug der
ranzösischen Sgarbesetzung, die schon allzu
ange und unter Vertretung übelster Sieger““Methoden
ich rechtswidrig im Saargebiet, aufhält. Dem Rechts⸗
edanken ist erst dann restlos Rechnung getragen, wenn die
etzte französische Unisorm aus dem Saargebiet verschwunden
ste Nur dann kann die Saargebietsbevölketung das Sicher⸗
jeitsgefühl haben, daß sie ror Uebergriffen landfremder
Flemenite geschützt ist. Die nächsten Bestrebungen gehen auf
eine Bereinigung der Saarverwaltuug hin⸗
aus, in welcher keine Elemente ein Untierkommen finden
Züsfen die auch in einem ordentlichen Staatsweien niemoals