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Nummer 2
4. Jahrgang
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abgetrennten Saur-· und Pfraulzʒzgebier⸗
Mittei lungs blatt des Bundes, Saur⸗Vorein
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Berlin
15. Januar 1923
Kuhr und Saar.
Als wir im Mai v. J. unsere Bundestagung in Dort—
mund, an einem der bedeutsamsten Wirtschaftszentren des
Ruhrgebiets und damit des deutschen Wirtschaftskörpers, in
eindruckvollster und erfolgreicher Weise abhielten, da ergab
sich bei den verschiedensten Punkten der Tagesordnung die
Gelegenheit, auf die engen Beziehungen zwischen Ruhr und
Saargebiet hinzuweisen, Auch der Dortmunder Oberbürger—
meister nahm Veranlassung, die mancherlei Berührungs—
punkte zwischen beiden Industrie- und Kohlenzentren aͤn—
klingen zu lassen. Es war nicht ohne Bedeutung, nicht ohne
Eindruck, als Vertreter der Ruhrbergleute in schlichten,
derben und ehrlichen Worten zum Ausdruͤck brachten, daß das
Schicksal der deutschen Berusskollegen und Staäͤmmesbrüder
an der Saar den Ruhrbergmann und -hüttenmann stets am
Herzen liegen werde. Wohl ahnte man damals, daß der
Feind seine Raubkrallen auch nach dem Ruhrgebiet aus—
strecken, daß das Ruhrgebiet mit dem Lebensnerv der deut—
schen Wirtschaft, des deütschen Volkes der Raubgier und dem
Eroberungswillen französischer Friedensschänder zum Opfer
fallen könnte, daß das Schicksal des Saargebiets aber so bald
auch das Schicksal des Ruhrgebiets sein würde, das ahnte
niemand.
Heute ist es Tatsache! Poincaré hat seine bewaffneten
Horden aller Gattungen mit den Mordwerkzeugen
schwerster Großkampfschlachten ins Ruhrgebiet ge—
—
land infolge der irrsinnig überspannten Forderungen an
Reparationen nicht liefern, nicht zahlen konnte. Frank—
reich ist in wehrloses, friedliches Land ein—
gebrochen, ist gegen eine Bevölkerung der Arbeit, der
Not und der Sorge mit Tankgeschwadern, Maschinengewehr—
regimentern, schwersten Batterien, mit Kavallerie und In—
fanterie und mit einem übergroßen Troß übelster Schma—
rotzer und Seuchenträger aufgefahren, hat den Krieg mit
der Waffe wieder aufgenommen.
Wäre es nicht eine so furchtbar traurige Tatsache, dieser
französische Raubzug wäre zum Lachen; er ist das personi—
fizierte Symbol französischer „Gloir“. Als Frankreich, nach—
dem es den Fre ahreanget Vorarbeit, gestützt auf
geheime Offensiv-Verträge mit Rußland, mutwillig vom
Zaune gebrochen hatte — Iswolski hat uns das in seinen
Dokumenten unverrückbar hinterlassen — erkannte, daß das
deutsche Volk nicht gewillt war, sich durch französischen Ver—
rat und diplomatisches Ränkespiel auf der Nase herumtanzen
zu lassen, als es sah, daß Deutschland sich seine Raubnach—
barn vom eigenen Herd fernzuhalten verstand, da rief es die
ganze Welt zu Hilfe, da bot es einviertel Hundert Groß—
und Kleinstafaten auf, da zwang es alle Farbigen der Erde
zum Vernichtungskrieg gegen Deutschland. Damals war
dieses degenerierte Volk klein und häßlich, groß allerdings
auch damals schon gegen wehrlose Gefangene, groß in Lug
und Trug.
Seit dem 11. November 1918 betrachtet es sich als
„Sieger“, als „glorreicher Sieger“, als erstes „Kulturvolk“
der Welt. Und je weiter diese schweren Kriegsjahre zurück—
liegen, je mehr die Erinnerungen an die Schlappen ver—
blassen, die es sich von den Verteidigern deutscher Heimaterde
geholt haben, je größer wird sein „Sieger“-Wahn, je unver—
schämter sein Hochmuüt, seine Raubgier.
Wenn Foch tatsächlich der große Held und Stratege
wäre — sollte er es nicht mit Entrüstung von sich gewiesen
haben, einen „Kriegsplaän“ auszuarbeiten gegen ein wehr—
loses Volk, gegen waffenloses Land? Das tat er nicht, in
nehreren Kriegsräten ist der Angriffsplan gegen das Ruhr—
zebiet entworfen worden — würdig einem „fraänzösischen Hel—
den“. Es war alles vorgesehen, vom schweren Tankgeschwader
bis zum Geheimkabinett des weiblichen „Heeresgefolges“.
Foch weiß, was eine „sieggewohnte“ und „kampfmutigde“
französische Truppe braucht.
Das Ruhrgebiet befindet sich nun zum größten Teil in
den Krallen des französischen Räubers; er hat die Hand auf
die Kohle, guf die Eisenproduktion gelegt. Der „Vertrag“
von Versailles ist zerrissen, seine Bestimmungen haben, so—
weit sie sich quf die Vertragsbrüchigen beziehen, keine Gültig—
keit mehr. Für das ganze deutsche Volk bedeuten alle diese
Ereignisse neue bittere Not, neue Sorgen, neues Elend. Viel—
eicht bedeuten sie aber auch den Uebergang zu einer anderen
Zeit. Seien wir uns darüber klar, daß die
Ruhrindustrie,der Ruhrbergbauin Frank—
reichs Hand Deutschlands wirtschaftlicher
Tod bedeutet. Wäre uns aber der auf anderem Wege
erspart geblieben? Niemals!
Frankreich verfolgte dokumentarisch nachweisbar seit
dem Jahre 1913 — wahrscheinlich schon früher — unentwegt
die politische und ökonomische Zerträmme—
rung Deutschlands, die Vernichtung seiner staatlichen
Einheit. Es hat diese Ziele verfolgt die ganzen Kriegssahre
hindurch und für sie intrigiert bei den Vorfriedensverhand—
ungen mit seinen Ententegenossen. Es hat diese Ziele nicht
ganz erreicht, hat nicht durchgesetzt die von Foch verlangte
Hrenze am Rhein. Es erreichte auch nicht die Annexion des
Saargebietes trotz des Clemenceauschen Schwindels von den
150 000 Saarfranzosen.
Da aber Frankreichs Tradition die Eroberung des
Rheines vorsieht und Frankreichs Imperialismus keine
Grenzen und Rechte kennt, so versucht es all die gesteckten
Ziele mit Lug und Trug, mit Drohungen, Erpressungen und
Gewalt zu erreichen. Das Schicksal des Saargebiets ist uns
allen bekannt. wir wissen. wie Frankreich. obwohl es nicht