Ernst Christmann
Von Wotans- und Donarsbergen
in der Pfalz
Die Frage der zu Michelsbergen umgetauften Wotansberge ist noch nicht überall
so geklärt, daß keine Zweifel mehr möglich wären; insbesondere in unserer Pfalz ist
aoch eine Untersuchung nötig, wie weit heutige Michelsberge einst Wotanverehrungs—
stätten waren. Weiter: Ist unser höchster Berg wirklich nach Donar benannt und
haben wir außer ihm noch weitere Donarsberge? Auch das bedarf erneuter Prüfung.
Ich weiß, daß ich kaum eine Antwort zu geben vermag, die alle Zweifel ausräumt;
aber ich will Neues zur Beurteilung beibringen; vielleicht vermag ein anderer nach
mir eine bessere und sicherere Lösung zu finden.
Blicken wir zuerst nach 2 Michelsbergen außerhalb der heutigen Pfalz, bei denen
„eine sicher bezeugte und erweisbare Linie von der späteren Michaelskirche zurück zur
Verehrung Wodans an eben diesen Stätten führt“ (Or. Alb. Becker), nämlich
einmal nach dem Odensberg bei Kassel und zum andern nach dem Heiligenberg bei
Heidelberg, wo nach Ausweis der dort gefundenen Mercuriussteine ein altes Wotans—
heiligtum war. Südlich von letzteren finden wir auf zwei weiteren Höhen rechts des
RKheins, nämlich bei Untergrombach und bei Riegel (am Kaiserstuhl), abermals Mi—
haelskapellen „an Stellen älterer heidnischer Heiligtümer“ (K. Helm in Nollaus
„Germ. Wiedererstehung“) ünd zum Mikelsberg und seiner Michaelskapelle bei Mün—
stereifel wallen noch heute Pilger empor. Im „Völkischen Beobachter“ (vom 17. 11.
1935) sucht K. A. Staudeer den Gaißlacher Berg im Isartal mit seiner Michaelis—
kirche als einstige Kultstätie Wotans zu erweisen.
Nun haben wir auch in der Normandie einen St. Michaelsberg, das Ziel der
bekannten Kinderwallfahrten, und ebenso in Unteritalien den Berg Cargano als eine
Haupistätte der Michaelisverehrung. Kann also in der Pfalz mit Wahrscheinlichkeit bei
einem alten Michelsberg mit einer Kapelle geschlossen weroen, daß Michael hier ge—
rade an Stelle Wotans getreten sei?
„Das wichtigste religionsgeschichtliche Ereignis der Jahrhunderte zwischen dem
Entstehen der Germania des Tacitus und der Annahme des Christentums durch die
Westgermanen ist die weitere Ausbreitung des Wotan-Kultes. Als dessen Heimat ist
der Westen festgestellt; am Rhein, Main und Neckar ist der Kult zur Römerzeit durch
Inschriften an Kulistätten, füir die zum Teil die Lage auf Anhöhen charakteristisch ist,
erwiesen“, sagt K. Heleim in dem schon einmal genannten, von Nollau herausge—
gebenen Werk „Germanische Wiedererstehung“ (SG. 347) und weiter (G. 348):
Das haupisächlichste Herrschaftsgebiet der Wotans-Verehrung aber war in jener
Zeit .... bei Sachsen und Friesen, Mittel- und Niederfranken. Hier war überall
der Name des Mittwoch in älterer Zeit Wotanstag, der in nachmhd. Zeit allerdings