Grenzlandbücherei geworden ist. Heute wie je ist Saarbrücken die Stadt an der
Grenze. Und ihre Bedeutung liegt mehr vielleicht als im politischen im gei—
stigen und kulturellen Raum. Saarbrücken besitzt eine künstlerisch bedeutsame
Vergangenheit, aber es besitzt auch den Willen und die Bereitschaft zu sieter
lulnurellen Lebendigkeit, — den Willen zum Schaffen, und die Bereitschaft, be—
reit zu sein.
Das Deutschherrenhaus in Saarbrücken
Wilhelm Dahle
Die Gründung des noch verhältnismäßig wenig bekannten Bauwerks steht in
Zusammenhang mit einer Geländeschenkung (1227) des Grafen Simon von
Saarbrücken an den Orden, bei der es sich um ein Grundstück in einem Wäld—
chen nahe bei Alt⸗Saarbrücken, gen. Hagen, handelte. Es ist anzunehmen, daß
der Bau der Kirche bald darauf begann. Er erstreckte sich über einen längeren
Zeitraum. Seine Gestalt ist in der ursprünglichen Form heute natürlich nicht
mehr erhalten. Doch genügt der Rest — abgesehen von den späteren Um⸗ und
Anbauten — ein Stück deutscher, saarländischer, saarbrücker Geschichte, das hier
Gestalt gewann, zu erkennen.
Noch im 18. Jahrhundert gab es ein Fenster an dem Bau, das nach der Be—⸗
schreibung des darin befindlichen Wappens die Zahl 1248 trug. Dieses Jahr
ist wohl als das späteste Baudatum anzusehen. Die Kapelle besteht aus einem,
mit einem Joch überspannten, fast quadratischen Raum mit dem anschließenden
östlichen Chorschluß aus den 5 Seiten des Achtecks. Das Schiff hat verputztes
Bruchsteingemäuer. Die überaus schlichte Westseite zeigt zwei einfache früh—
gotische Fenster. Die anderen stammen aus dem 16. Jahrhundert. Das Portal
an der Nordseite ist mit Säulchen geschmückt, die denen im Chorinnern aͤhnlich
sind. Auch die Südseite hat ein gotisches Portal mit eingelegten Rundstäben
und ein frühgotisches Fenster. Der aus Hausteinen geschichtete Chor besitzt ein⸗
mal abgetreppte Strebepfeiler, die mit Maßwerkgiebeln verziert sind; seine zwei—⸗
teiligen Fenster haben Dreipässe. Das Schiffinnere war immer flachgedeckt.
Rechts und links des jetzt vermauerten Chorbogens zeigen sich noch Spuren, die
auf gewölbte Baldachine zum ehemaligen Schutz der Seitenaltäre schließen
lassen. Der ernste, heute also für sich wirkende Chorraum hat ein schlichtes
Kreuzrippengewölbe, das auf Säulchen, die ein kerbschnittartiges Blattwerk
an den Köpfen aufweisen, auflagert.
Im 19. Jahrhundert waren Kapellenturm und Treppenturm des bei der Kirche
errichteten Wohnhauses zerfallen. Der Turm — zwischen ihm und dem Schiff
führt eine Treppe zum Speicher des Schiffs — wurde erneuert. Der Wohnbau
hingegen teils zerstört, teils umgebaut. Er hat noch einige alte Fenster und
Portale. von den letzten eines schon nach rennaissancischer Art. Im Keller
finden sich Kreuzgewölbe.
Kunstgeschichtlich ist der Bau oder das, was jetzt noch von ihm erhalten ist, inso—
fern bedeutsam, als er für Saarbrücken ein frühestes Denkmal deutschgotischer
Bauweise darstellt, das den Geist der Frühe des Stiles klar zum Ausdruck
bringt. Der Stil nun, die Gotik, war eine nordisch-abendländische Ausdrucksform,
die die himmelstürmende Kraft, die in senkrechten Strömen nach oben, ins Un⸗
endliche sich ergoß, andeuten sollte. Diese Bauform wurde jedoch in den einzel—⸗
nen Ländern verschieden gestaltet. Der Süden hatte für den im Dreiklang von
Streben, Spitzbögen und Kreuzgewölben auf der Isle de France in St. Denis
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