Full text: Der Bergmannsfreund (29.1899)

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Zeitung zur Unkerhaltung und Belehrung für Berglente. 
krscheint jeden Dienstag, Donner stag und Samstag. Bestellungen nehmen die Erpedition in St. Johann a. S, 
alle Postanstalten, sowie auf den hiefigen Gruben und den benachbarten Ortschaften die besonderen Boten entgegen. 
Breis fuüͤr das Vierteljahr bei der Erpedition 30 Pfg., durch die Postanstalten oder durch die besonderen Boten bezogen 40 Pfg. 
Der Abonnementsvreis ist im Laufe des ersten Monats zu berichtigen. 
XXE * nollenonaabe gestattet. 
Der Hülfsgrubenwächter Georg Schmidt 
des Bergwertls Heinik ist vom 1. Oktober 1899 ab aum 
Grubenwächter ernannf worden. 
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»ueiten. 
Das Kaisermanöver in Württemberg u. LBaden. 
Die erwartete große Schlacht hat am Dienstag im Hügelland 
am linken Ufer des Glemsbaches bei Hochdorf, Hemmingen und Nuß⸗ 
dorf stattgefunden. Der Kaiser fuhr nachts 3 Uhr ins Gelände und 
iübernahm das Oberkommando der blauen Armee. Die blaue Vor— 
postenlinie zog sich von Leonberg über Hemmingen nach Mark— 
Frovingen, die rote von Rutenheim über Hochdorf nach Enzweihingen. 
Die plaue Kabvalleriedivision hielt am rechten Flügel bei Thamm, 
daran anschließend gegen Südwesten die 28. Division bei Schwieber⸗ 
dingen, die 29. bei Münchingen, die 26. bei Kornthal, die 27. bei 
Leonberg. Die rote Armee stand mit der 39. Division bei Vaihingen, 
die 41. dei Enzweihingen, die 30. bei Nußdorf, die 31. bei Perouse; 
sie hatte Befehl, den Feind hinter der Glems anzugreifen und nach 
Stuttgart zurückzuwerfen. Für die blaue Armee erging der Armee— 
befehl, unverzüglich anzugreifen. Demgemäß befand sich die blaue 
Armee bereits vor 6 Uhr nach Ueberschreitung der Glems auf deren 
linksseitigen Uferhöhen. Es entspann sich bald ein immer heftiger wer— 
dender Artilleriekampf auf der ganzen Front der Stellungen. 
Der Centralangriff der blauen Armee richtete sich auf die Umgebung 
Hochdorfs, einen Hügel, die Hohscheid, mit hinterliegendem Hoch— 
olateau, dessen Südabhang bewaldet ist. Der Westabhang senkt sich 
gegen Rieth und Eberdingen zum Strudelbachthale herab. Im Cen— 
frum der blauen Geschützlinie stieg ein Fesselballon auf und etwas süd— 
lich von Hochdorf der Ballon der Manöverleitung. Die Infanterie 
der blauen Armee zog den eisernen Ring immer enger, sich an be— 
sonders ausgesetzten Hügelkämmen durch Schützengräben sichernd. 
Gegen 85 Uhr trat eine kurze Pause im Gewehr- und Geschützfeuer 
ein; es war die Vorbereitung zum Sturmangriff. Mit schlagenden 
Tambours rückten in kolossalen Heerhaufen die Divisionen über die 
Thalmulde und trieben die feindliche Infanterie unaufhaltsam vor sich 
jer, mit mörderischem Feuer alle Versuche der 39., 41. und 30. Divf-⸗ 
sion, sich an der Waldlisiere und Terrainfalten wieder festzuhalten, 
niederschlagend. Staffel um Staffel stürmte die Artillerie nach und 
räumte mit den letzten Resten der gegnerischen Stellungen auf. Der 
Massenangriff, wie ihn bisher noch kein Manöver gesehen, bot einen 
großartigen Anblick. Der Kaiser ritt mit dem gesamten Stabe des 
Oberkommandos vor und erteilte seine Befehle. Er begleitete die 
Truppen durch die Thalmulde, den Berag hinan. das Hochplateau ent— 
lang und dessen Abdachung hinab. Der Sturmmarsch hatte fast 
3 Kllometer Länge. Gegen 10 Uhr beendigte das Signal „das Ganze 
halt“ das Gefecht, das später bei kriegsmäßigem Abrücken in die 
Biwaks leicht nachzitterte. Der König von Württemberg, der Groß⸗ 
herzog von Hessen und die Prinzen Ludwig und Leovold von Bayern 
wohnlen ebenfalls dem Manöver bei. 
Der letzte Manövertag am Mittwoch wickelte sich unter 
hollständig neuen Gesichtspunkten ab, indem für die daran teil— 
iehmenden Truppen eine neue ordre de bataille ausgegeben war 
ind sich eine große (gedachte) blaue Armee-Abteilung und ein rotes 
gedachies) Armeekorps gegenüberstanden, letzteres durch einen mar— 
Jerten Feind dargestellt. Die blaue Armee-Abteilung setzte sich aus 
dem 13. württembergischen, 14. badischen und 15. elsässischen Armee— 
torps und einem aus 12 Kavallerie-Regimentern zusammengesetzten 
Kavalleriekorps zusammen. Diese blaue Armee-Abteilung, die der 
dönig von Württemberg führte, während Kaiser Wil— 
delm die Führung des dazu gehörigen Kavalleriekorps übernommen 
jatte, setzte sich aus 71 halben Bataillonen, 60 Schwadronen und 43 
gatterien zusammen, während der Gegner, das (gedachte rote 22.) 
Armeekorps mit der Kavalleriedivision D, vom General v. Plessen 
geführt, insgesamt über 48 Bataillone, 30 Schwadronen und 24 Bai— 
erien verfügte. Den Zuschauern bot sich ein äußerst interessantes 
Schauspiel, zumal als die blaue Armee-Abteilung das rote Armee— 
torps des Gegners zu umgehen versuchte, was auch in geschickter Weise 
gelang, indem es diesen schließlich auf drei Fronten in der Linie 
Schwieberdingen-Möglingen-Asperg-Ludwigsburg-Kornstwestheim 
inhaltend beschäftigte. Die Umfassung des rechten Flügels der roten 
Armee gelang nach energischer Verteidigung, der von letzterer besetzten 
döhen vollständig, und gegen 105 Uhr konnte sich nur noch Artillerie 
zes roten Armeekorps auf der Höhe bei Ried und der Kornwestheimer 
höhe behaupten. Schon früh 5 Uhr traf der Kaiser auf der 
Station Heutingsheim bei Hingen ein, setzte sich an die Spitze des 
Kavalleriekorps, das zum Teil auf zwei Pionierbrücken den Neckar und 
einige Bäche überschritt, und zwang durch sein Erscheinen mit der 
zroßen Reitermasse den rechten Flügel des roten Armeekorps zu voller 
xIniwicklung. Ein Reiterangriff der Kavalleriedivision des Gegners 
purde abgeschlagen. Der Kaifer hielt, nachdem das Signal „Das 
Banze halt!“ befohlen worden und der Signalballon das Ende der 
Uebung anzeigte, Kritik ab. Später verabschiedete er sich von dern 
fürstlichen Göästen 
Berlin, den 15. Sept. 1899. 
* Der Kaiser und die Kaiserin sind kurz nach 
83 Uhr vormittags nach Hubertusstockabgereist. 
* Der Kaiser verlieh dem Kronprinzen von 
Japan den Schwarzen Adlerorden. 
* Die Kaiserin hat am Dienstag einen kurzen 
Spazierritt in den Wildpark unternommen, ein erfreulicher 
Beweis dafür, daß die Folgen des Berchtesgadener Unfalls als 
iberwunden gdelten können.
	        
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