*
Er ist auf sein Ersuchen beauftragt worden, mir dasselbe zu
überbringen. Unfaßlich erscheint es mir nur, wie mein Pro—
kurist so leichtsinnig handeln und einen Menschen, der erst kurze
Zeit in meinem Geschäfte thätig ist, mit einer so wichtigen
Sendung betrauen konnte!“
„Bei uns ist Dankberg wohl hauptsächlich darum auf—
getreten, weil er Gretchen ganz für sich gewinnen wollte und
seinen Zweck hat er ja leider auch erreicht. An uns ist es aber
nun, das thörichte Mädchen zur Vernunft zu bringen. Du
wirst es ihr hoffentlich nicht nachtragen, lieber Georg, was sie
in ihrer Verirrung Böses über Dich gesprochen und gedacht,“
sagte Frau Helene.
Grening lächelte. „Gewiß nicht. Ich bedauere aber leb—
haft, daß es Dankberg gelungen ist, Gretchen noch mehr als
bisher gegen mich einzunehmen und hoffe nach diesem kaum
noch auf eine endliche Versöhnung zwischen uns. Gretchen
haßt mich ja in demselben Maße, als sie jenen zu lieben scheint.
Ich bewundere die dreiste Verwegenheit dieses Mannes umso—
mehr, als er doch überzeugt sein muß, daß ich seinen Intriguen
ein schnelles Ende bereiten und ihn zur Rechenschaft ziehen
werde.“
„Ja, es ist unbegreiflich,“ sprach Frau Helene. „Dankberg
ist blind in seiner Eifersucht; denn diese allein im Verein mit
Habsucht und Neid ist die Triebfeder seiner Handlungen.“
„Nun, Georg wird ihm schon das Handwerk legen!“ warf
Mielau ein und setzte zu Grening gewendet hinzu: „Das Ein—
fachste ist, Du übergiebst ihn sofort der Kriminalpolizei. Viel—
leicht kannst Du noch den größten Teil des unterschlagenen
Geldes dadurch retten. Auch Gretchen wird um so schneller
von ihrem Irrtum geheilt werden, je eher der Schwindler ent⸗
larvt wird!“
Grening schien nachzudenken, denn er antwortete nicht
mehr. Plötzlich äußerte er zur großen Ueberraschung Mielaus
und Frau Helenes: „„cir thut der junge Mann eigentlich
leid. Es ist eine moralische Verirrung seinerseits, an der wohl
seine Eifersucht und sein Haß gegen mich die Schuld trägt.
Darum will ich ihn einmal in Güte sprechen und den Versuch
machen, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen. Sollte
dieser Versuch fehlschlagen, so werde ich selbstverständlich keinen
Augenblick zögern, ihn dem Strafrichter zu übergeben.“
„Aber das ist eine schlecht angebrachte Nachsicht, lieber
Georg!“ rief Mielau unwillig. „Ich sehe nicht ein warum Du
diesen Menschen schonen willst. Die Humanität ist eine schöne
Sache, aber man übt sie nicht aus, um Verbrechen Vorschub
zu leisten!“
„Laß mir meinen Willen“, entgegnete Grening, dem diese
Wendung des Gespräches unbehaglich zu werden begann.
Achselzuckend, aber mit einem Lächeln, das deutlich ver—
riet, wie wenig er mit der Ansicht seines vermeintlichen Neffen
einverstanden sei, fügte sich Mielau schweigend dem Willen
desselben. Frau Helene jedoch empfand sichtliche Rührung über
den beispiellosen Edelmut ihres zukünftigen Schwiegersohnes
und pries denselben mit dem enthusiastischen Ausruf:
„Gott segne Dein gutes Herz, lieber Georg!“
Grening dachte freilich gar nicht daran, gegen Richard
Dankberg aufzutreten; er hielt es im Gegenteil für geraten,
demselben vorsichtig aus dem Wege zu gehen und war darum
selten daheim. Er zweifelte nicht daran, daß der Buchhalter
mit seiner Behauptung, von Newyork abgeschickt zu sein, die
bolle Wahrheit gesprochen hatte, und er verwünschte im Stillen
den übereilten Schritt, welchen er gethan, als er den Auftrag
erteilte, das Geschäft zu verkaufen. Diese eine unüberlegte
Handlung hatte alles verdorben.
(Fortsetzung folgt.)
*7
hartel und Gernte higes
* Tiere, die man schonen sollte! Schonen sollte man
troß ihrer Häklichkeit die Fledermaus, Alle beji uns heimi
schen Fledermäuse sind für die Landwirtschaft von großem Nutzen,
weil ihre einzige Nahrung in den unsern Kulturen, besonders aber
den Obst-Anlagen, so verderblichen Nachtinsekten besteht, die umso
mehr Schaden anrichten, als sie vom Gärtner und Obstzüchter in
vielen Fällen nicht beachtet werden. Unsere Fledermäuse ergänzen
durch das Wegfangen zahlloser Nachtschmetterlinge, wie des Gold—
afterspinners, der gefährlichen Spanner u. s. w., die Thätigkeit un—
serer Singvögel. Besonders stellen sie auch der abscheulichen Sippe
der Maikäfer nach. Unsere heimisschen Flattertiere verdienen un—
sern besondern Schutz, weil ihre Vermehrungsfähigkeit sehr gering
st; sie setzen jährlich durchweg nur ein Junges. — Auch die Spitz-
maus verdient Schonung. Sie wird aus Unwissenheit gar zu
häufig mit der schädlichen Haus- oder Feldmaus verwechselt. Und
dennoch ist sie kein Nager; sie gehört vielmehr zu unsern nützlichsten
kleinen Raubtieren. Daher besteht auch ihre Nahrung nicht aus
Pflanzenstoffen, sondern lediglich aus tierischen, nämlich aus In—
sekten, Würmern, Schnecken u. dergl. Sie hält sich besonders in
Scheunen, Ställen und Gärten auf. Ihre Beute sucht sie sich meistens
während der Nacht, wobei ihr der ihr eigene vorzügliche Geruchs—
sinn sehr zu statten kommt. Verschiedene Versuche haben ergeben,
daß die Spitzmaus in der Gefangenschaft eher zu Grunde geht, als
daß sie Pflanzennahrung zu sich nimmt. Man lasse das nützliche
Tierchen daher wenigstens im Garten ruhig gewähren. — Ferner
wird die Blindschleiche nur aus Rohheit und Unverstand ver—
folgt. Die Blindschleiche ist nicht im Stande, auch nur ein einziges
Pflanzen-Würzelchen abzubeißen; sie lebt dagegen gerade so, wie der
Maulwurf, von jenen Schädlingen, die in Feld und Garten unsere
Kulturgewächse vernichten. Namentlich die schädblichen Würmer und
Raupen und nicht minder die gefährlichen Ackerschnecken bilden die
Nahrung der Blindschleiche. Dabei ist es geradezu erstaunlich,
mit welchem Heißhunger sie unter jenen Feinden aufräumt. Wo da—
her in Garten und Feld die Blindschleiche sich einstellt, da lasse man
sie ruhig gewähren; es wird unser Schaden nicht sein. — Ebenso
verdienen unsern Schutz die Eidechsen, die leider auch noch
viel zu sehr der Verfolgung ausgesetzt sind. Sie sind nicht allein
unschädlich, sondern wegen ihrer Insektenvertilgung sogar sehr nütz—
lich. Zudem bereiten sie dem sinnigen Naturfreunde durch ihre
schönen Farben und ihr munteres, flinkes Wesen nur Freude. Es
ließe sich noch eine ganze Reihe kleiner und kleinster Bundesgenossen
aufzählen, welche dem Obstzüchter und Gärtner im Kampfe gegen die
Feinde seiner Kulturen wichtige Dienste leisten und ungerecht ver—
folat werden.
LRunte Zeitung.
* In den Flitterwochen. „Wer seiner Frau eine Freude
bereiten will, der kaufe ihr einen Teppich für den Salon, wie solche
bei uns spottbillig zu haben sind. Meier u. Komp., Lindengasse 15.“
Ungefähr so lautete das Inserat, welches der Rechnungsrevisor Lang—
mann im Tagblatte soeben gelesen hatte und welches er, mit Zuhülfe—
nahme seines Federmessers, fürsorglich ausschnitt. Zwar ift es nich!
honett, wenn man die Zeitungen durch derlei Ausschnitte beschädigt,
zumal in dem Falle, wenn man sie im Kaffehause liest, wo sie auch
noch andere Leute lesen wollen; allein, Herr Langmann mußte dies
zu Gute gehalten werden, denn er war erst seit vier Wochen ver—
heiratet, ein Zeitraum, der viel zu kurz war, als daß er sich hätte die
Belegenheit entgehen lassen können, seiner jungen Gattin eine Freude
zu bereiten, wann und wo immer es nur anging. Behutsfam faltete
er das Blättchen Papier zusammen und that es in sein Geld—
täschchen, der sicherste Ort, wo er die Adresse finden mußte, wenn
er sie brauchte, das heißt also, wenn irgend ein Ueberfluß an Geld—
mittel das Täschchen wieder zu füllen der Fall war. Es war in den
kritischen Tagen, welche dem Monatsschlusse entgegeneilen, kritisch für
alle diejenigen, die an ein fixes Gehalt gebunden, den Zeitpunkt ab—
warten müssen, wo dieses wieder ausbezahlt wird. Aus dem Grunde
dachte Langmann auch vorläufig gar nicht. an sein Geldtäschchen
und dessen Inhalt, im Gegenteil, er ließ dasselbe zu Hause, denn
Gefd enthielt es nicht und die wenigen Psennige, die er hier und