Full text: Der Bergmannsfreund (29.1899)

* 
Er ist auf sein Ersuchen beauftragt worden, mir dasselbe zu 
überbringen. Unfaßlich erscheint es mir nur, wie mein Pro— 
kurist so leichtsinnig handeln und einen Menschen, der erst kurze 
Zeit in meinem Geschäfte thätig ist, mit einer so wichtigen 
Sendung betrauen konnte!“ 
„Bei uns ist Dankberg wohl hauptsächlich darum auf— 
getreten, weil er Gretchen ganz für sich gewinnen wollte und 
seinen Zweck hat er ja leider auch erreicht. An uns ist es aber 
nun, das thörichte Mädchen zur Vernunft zu bringen. Du 
wirst es ihr hoffentlich nicht nachtragen, lieber Georg, was sie 
in ihrer Verirrung Böses über Dich gesprochen und gedacht,“ 
sagte Frau Helene. 
Grening lächelte. „Gewiß nicht. Ich bedauere aber leb— 
haft, daß es Dankberg gelungen ist, Gretchen noch mehr als 
bisher gegen mich einzunehmen und hoffe nach diesem kaum 
noch auf eine endliche Versöhnung zwischen uns. Gretchen 
haßt mich ja in demselben Maße, als sie jenen zu lieben scheint. 
Ich bewundere die dreiste Verwegenheit dieses Mannes umso— 
mehr, als er doch überzeugt sein muß, daß ich seinen Intriguen 
ein schnelles Ende bereiten und ihn zur Rechenschaft ziehen 
werde.“ 
„Ja, es ist unbegreiflich,“ sprach Frau Helene. „Dankberg 
ist blind in seiner Eifersucht; denn diese allein im Verein mit 
Habsucht und Neid ist die Triebfeder seiner Handlungen.“ 
„Nun, Georg wird ihm schon das Handwerk legen!“ warf 
Mielau ein und setzte zu Grening gewendet hinzu: „Das Ein— 
fachste ist, Du übergiebst ihn sofort der Kriminalpolizei. Viel— 
leicht kannst Du noch den größten Teil des unterschlagenen 
Geldes dadurch retten. Auch Gretchen wird um so schneller 
von ihrem Irrtum geheilt werden, je eher der Schwindler ent⸗ 
larvt wird!“ 
Grening schien nachzudenken, denn er antwortete nicht 
mehr. Plötzlich äußerte er zur großen Ueberraschung Mielaus 
und Frau Helenes: „„cir thut der junge Mann eigentlich 
leid. Es ist eine moralische Verirrung seinerseits, an der wohl 
seine Eifersucht und sein Haß gegen mich die Schuld trägt. 
Darum will ich ihn einmal in Güte sprechen und den Versuch 
machen, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen. Sollte 
dieser Versuch fehlschlagen, so werde ich selbstverständlich keinen 
Augenblick zögern, ihn dem Strafrichter zu übergeben.“ 
„Aber das ist eine schlecht angebrachte Nachsicht, lieber 
Georg!“ rief Mielau unwillig. „Ich sehe nicht ein warum Du 
diesen Menschen schonen willst. Die Humanität ist eine schöne 
Sache, aber man übt sie nicht aus, um Verbrechen Vorschub 
zu leisten!“ 
„Laß mir meinen Willen“, entgegnete Grening, dem diese 
Wendung des Gespräches unbehaglich zu werden begann. 
Achselzuckend, aber mit einem Lächeln, das deutlich ver— 
riet, wie wenig er mit der Ansicht seines vermeintlichen Neffen 
einverstanden sei, fügte sich Mielau schweigend dem Willen 
desselben. Frau Helene jedoch empfand sichtliche Rührung über 
den beispiellosen Edelmut ihres zukünftigen Schwiegersohnes 
und pries denselben mit dem enthusiastischen Ausruf: 
„Gott segne Dein gutes Herz, lieber Georg!“ 
Grening dachte freilich gar nicht daran, gegen Richard 
Dankberg aufzutreten; er hielt es im Gegenteil für geraten, 
demselben vorsichtig aus dem Wege zu gehen und war darum 
selten daheim. Er zweifelte nicht daran, daß der Buchhalter 
mit seiner Behauptung, von Newyork abgeschickt zu sein, die 
bolle Wahrheit gesprochen hatte, und er verwünschte im Stillen 
den übereilten Schritt, welchen er gethan, als er den Auftrag 
erteilte, das Geschäft zu verkaufen. Diese eine unüberlegte 
Handlung hatte alles verdorben. 
(Fortsetzung folgt.) 
*7 
hartel und Gernte higes 
* Tiere, die man schonen sollte! Schonen sollte man 
troß ihrer Häklichkeit die Fledermaus, Alle beji uns heimi 
schen Fledermäuse sind für die Landwirtschaft von großem Nutzen, 
weil ihre einzige Nahrung in den unsern Kulturen, besonders aber 
den Obst-Anlagen, so verderblichen Nachtinsekten besteht, die umso 
mehr Schaden anrichten, als sie vom Gärtner und Obstzüchter in 
vielen Fällen nicht beachtet werden. Unsere Fledermäuse ergänzen 
durch das Wegfangen zahlloser Nachtschmetterlinge, wie des Gold— 
afterspinners, der gefährlichen Spanner u. s. w., die Thätigkeit un— 
serer Singvögel. Besonders stellen sie auch der abscheulichen Sippe 
der Maikäfer nach. Unsere heimisschen Flattertiere verdienen un— 
sern besondern Schutz, weil ihre Vermehrungsfähigkeit sehr gering 
st; sie setzen jährlich durchweg nur ein Junges. — Auch die Spitz- 
maus verdient Schonung. Sie wird aus Unwissenheit gar zu 
häufig mit der schädlichen Haus- oder Feldmaus verwechselt. Und 
dennoch ist sie kein Nager; sie gehört vielmehr zu unsern nützlichsten 
kleinen Raubtieren. Daher besteht auch ihre Nahrung nicht aus 
Pflanzenstoffen, sondern lediglich aus tierischen, nämlich aus In— 
sekten, Würmern, Schnecken u. dergl. Sie hält sich besonders in 
Scheunen, Ställen und Gärten auf. Ihre Beute sucht sie sich meistens 
während der Nacht, wobei ihr der ihr eigene vorzügliche Geruchs— 
sinn sehr zu statten kommt. Verschiedene Versuche haben ergeben, 
daß die Spitzmaus in der Gefangenschaft eher zu Grunde geht, als 
daß sie Pflanzennahrung zu sich nimmt. Man lasse das nützliche 
Tierchen daher wenigstens im Garten ruhig gewähren. — Ferner 
wird die Blindschleiche nur aus Rohheit und Unverstand ver— 
folgt. Die Blindschleiche ist nicht im Stande, auch nur ein einziges 
Pflanzen-Würzelchen abzubeißen; sie lebt dagegen gerade so, wie der 
Maulwurf, von jenen Schädlingen, die in Feld und Garten unsere 
Kulturgewächse vernichten. Namentlich die schädblichen Würmer und 
Raupen und nicht minder die gefährlichen Ackerschnecken bilden die 
Nahrung der Blindschleiche. Dabei ist es geradezu erstaunlich, 
mit welchem Heißhunger sie unter jenen Feinden aufräumt. Wo da— 
her in Garten und Feld die Blindschleiche sich einstellt, da lasse man 
sie ruhig gewähren; es wird unser Schaden nicht sein. — Ebenso 
verdienen unsern Schutz die Eidechsen, die leider auch noch 
viel zu sehr der Verfolgung ausgesetzt sind. Sie sind nicht allein 
unschädlich, sondern wegen ihrer Insektenvertilgung sogar sehr nütz— 
lich. Zudem bereiten sie dem sinnigen Naturfreunde durch ihre 
schönen Farben und ihr munteres, flinkes Wesen nur Freude. Es 
ließe sich noch eine ganze Reihe kleiner und kleinster Bundesgenossen 
aufzählen, welche dem Obstzüchter und Gärtner im Kampfe gegen die 
Feinde seiner Kulturen wichtige Dienste leisten und ungerecht ver— 
folat werden. 
LRunte Zeitung. 
* In den Flitterwochen. „Wer seiner Frau eine Freude 
bereiten will, der kaufe ihr einen Teppich für den Salon, wie solche 
bei uns spottbillig zu haben sind. Meier u. Komp., Lindengasse 15.“ 
Ungefähr so lautete das Inserat, welches der Rechnungsrevisor Lang— 
mann im Tagblatte soeben gelesen hatte und welches er, mit Zuhülfe— 
nahme seines Federmessers, fürsorglich ausschnitt. Zwar ift es nich! 
honett, wenn man die Zeitungen durch derlei Ausschnitte beschädigt, 
zumal in dem Falle, wenn man sie im Kaffehause liest, wo sie auch 
noch andere Leute lesen wollen; allein, Herr Langmann mußte dies 
zu Gute gehalten werden, denn er war erst seit vier Wochen ver— 
heiratet, ein Zeitraum, der viel zu kurz war, als daß er sich hätte die 
Belegenheit entgehen lassen können, seiner jungen Gattin eine Freude 
zu bereiten, wann und wo immer es nur anging. Behutsfam faltete 
er das Blättchen Papier zusammen und that es in sein Geld— 
täschchen, der sicherste Ort, wo er die Adresse finden mußte, wenn 
er sie brauchte, das heißt also, wenn irgend ein Ueberfluß an Geld— 
mittel das Täschchen wieder zu füllen der Fall war. Es war in den 
kritischen Tagen, welche dem Monatsschlusse entgegeneilen, kritisch für 
alle diejenigen, die an ein fixes Gehalt gebunden, den Zeitpunkt ab— 
warten müssen, wo dieses wieder ausbezahlt wird. Aus dem Grunde 
dachte Langmann auch vorläufig gar nicht. an sein Geldtäschchen 
und dessen Inhalt, im Gegenteil, er ließ dasselbe zu Hause, denn 
Gefd enthielt es nicht und die wenigen Psennige, die er hier und
	        
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