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zlärre ihr den Kopf zu verdrehen, oder es nimmt ein böses Ende
zwischen uns!“
„Ah, Du bist es Lorenz!“ entgegnete Wilibald, nachdem
er sich von dem ersten Schrecken einigermaßen erholt hatte und
den ihm wohlbekannten Bauernburschen erkannte. „Wie kannst
Du solche Sprache führen, Balbina ist mir doch allen Rechtes
dersprochen und ihr Vater hat seine Einwilligung gegeben.“
„Versprochen mit Dir ist sie — nein abspenstig gemacht
hast Du sie mir und sie war schwach genug sich von Dir betören
zu lassen!“
Wilibald hatte nicht die Absicht, sich in Streit mit dem
in heftigen Zorn befindlichen wilden Lorenz einzulassen, Zeit
und Ort dünkten ihm dazu nicht geeignet. „Wir treffen uns
ein anderes Mal, Lorenz,“ sagte er besänftigend und wollte
schleunigst seinen Weg fortsetzen, aber da hatte er sich in dem
aufgeregten Burschen verrechnet, in dem alle wilden Leiden—
schaften durch die Eifersucht entfesselt waren und mit unheim—
licher Gewalt sein hitziges Gemüt auf dem Siedepunkt brachten,
sodaß er seiner Sinne nicht mehr ganz mächtig war.
„Nein, jetzt sollst Du mir Rede und Antwort stehen!“
zischte Lorenz und trat ganz dicht an Wilibald heran, wodurch
der Gegensaß in der Gestalt dieser beiden Männer sich deut—
ich zeigte.
„Du bist aufgeregt Lorenz, laß uns nach Hause gehen,
Balbina mag entscheiden,“ machte Wilibald abermals den Ver—
such, sich aus der gefährlichen Lage, in welcher er sich befand,
zu ziehen, denn es wurde ihm immer unbehaglicher zu Mute;
lrotz der Dunkelheit vermochte er die unheimlich funkelnden
Augen des wilden Lorenz zu erkennen, die dieser fest auf ihn
gerichtet hielt.
Dieses nächtliche Zusammentreffen der beiden Neben—
buhler nahm plötzlich eine Wendung, welche Lorenz sicher nicht
dermutet hatte. Wilibald, der wohl einer plötzlichen Eingebung
folgen mochte und den ein Gefühl der Furcht beschlich, wandte
plößlich dem wütenden Burschen den Rücken und eilte, so schnell
ihn seine Beine zu tragen vermochten, davon. Nur einen
Augenblick blieb der wilde Lorenz unschlüssig stehen, dann nahm
er die Verfolgung des Flüchtigen auf.
Eine tolle Jagd entspann sich zwischen den Beiden auf der
menschenleeren Dorfstraße, die zudem gerade an dieser Stelle
ziemlich weitab von den einzelnen Anwesen dahinzog. Wili—
bald, der sehr wohl wußte, daß sein Heil in der Schnelligkeit
seiner Beine lag, wollte er nicht in die Hände seines Verfolgers
fallen, über dessen Absicht er sich zwar noch im Unklaren befand,
raste mit dem ganzen Aufgebot seiner Kräfte dahin. Schon
erkannte er in einiger Entfernung auf der Anhöhe den Einöd—
hof, hatte er denselben erreicht, so war er geborgen.
Eben will er zum letzten Ansturm ansetzen, doch bevor er
dies thut, wendet er sich erst noch einmal um, gewissermaßen
im den Abstand zu messen, der ihn noch von seinem Verfolger
trennt, doch da ist auch der Lorenz schon ganz dicht heran—
gekommen. Blitzschnell springt der Letztere auf Wilibald zu
— einige derbe Flüche und die Beiden sind im wütendsten
Handgemenge mit einander. Trotz seiner schwächlichen Gestalt
ist doch Wilibald gewandt und flink und ringt mit dem Mute
der Verzweiflung, aber gegenüber der rohen Kraft kann er
nicht aufkommen — jetzt holt Lorenz zu einem furchtbaren
Schlag aus — an seiner Hand blitzt im Sternenlicht ein
schwerer Schlagring — ein furchtbarer, markerschütternder
Zuree tönt durch die Nacht, dann sinkt Wilibald lautlos zu
Boden.
Eine unheimliche Pause trat ein — Wilibald gab keinen
Laut mehr von sich. Jetzt kam auch die Besinnung wieder über
Lorenz; erschrocken beugte er sich über den am Boden liegenden
jungen Mann nieder und suchte ihn wieder aufzurichten, aber
es wollte ihm dies nicht gelingen, denn die Glieder desselben
waren schon starr und steif. Kopf, Gesicht und Hände fühlten
sich feucht und klebrig an und als Lorenz seine Hände dicht
F die Augen hielt, da sah er, wie sie rot gefärbt waren von
Blut.
Die ganze Schwere seiner That wurde ihm jetzt klar und
diese Erkenntnis bewirkte eine niederschmetternde Ernüchterung
von dem Zornesrausch, der ihn befallen hatte.
„Mörder! Mörder!“ Dieses Wort tönte ihm schrecklich
in den Ohren, es war ihm, als würde ihm dasselbe von einer
unsichtbaren Person zugerufen und doppelt und dreifach ver—
wünschte er seinen Jähzorn, der ihn zu einer solchen That hin—
gerissen hatte, denn mit dem Brandmal eines Mörders für
ewige Zeiten gezeichnet, war er ausgeschlossen aus der Gemein—
schaft seiner christlichen Mitmenschen, war er dazu verdammt
in Schimpf und Schande sein Dasein zu verbringen.
Was sollte er beginnen? Sollte er hier bleiben an der
Stätte seiner Unthat und warten, bis man ihn ergriff und ihn
als auf frischer That ergriffen hinwegführte ins Gefängnis. —
(Forts. folgt.)
Hausmittel und Gemeinnühiges.
* Zähes Fleisch kocht man schnell weich, wenn man nach
dem Abschäumen auf ca. 8 Pfund Fleisch einen Eßlöffel Sprit
zusetzt. Das härteste Fleisch wird hierdurch erweicht, ohne im
Geringsten nach Spiritus zu schmecken.
* Ein bequemes und zugleich billiges Kissen läßt sich
aus Papier herstellen. Man schneidet altes Papier, z. B.
Seidenpapier, braunes Papier, alte Briefe, jedoch keinZeitungs—
papier, damit das Kissen den Geruch der Druckerschwärze nicht
annimmt, und füllt diese Papierschnitzel dann in eine Hülle
von starkem Kattun. Dieses Papierkissen ist weich, frisch und
sehr einfach herzustellen.
* Transparentes Papier kann man selbst herstellen, in—
dem man ein Stück gewöhnliches Papier auf der Rückseite leicht
mit Benzin anfeuchtet und trocknen läßt. Dieses Verfahren
muß öfters wiederholt werden, damit das Papier vollständig
vom Benzin durchdrungen ist und beim Trocknen nicht wieden
undurchsichtia wird.
Barute Zeitung.
* Woher stammt der Osterhase? Wenn im Frühlinge
die lauen Südwinde wehen und dem Regiment des Winters ein
jähes Ende bereiten, dann durchzieht ein geheimnisvoller Zauber die
Natur, der durch verschiedene uralte symbolische, meistens noch aus
der Heidenzeit unserer Vorfahren stammende Gebräuche zum Aus—
drucke kommt. Daß schon um das Jahr 1200 die Kinder mit bunt—
bemalten Eiern beschenkt wurden, geht aus Freidanks „Bescheiden—
heit“ zur Genüge hervor. Die bunt bemalten Eier sollen ohne
Zweifel an die lebhaften Farben der aus dem Winterschlafe er—
wachenden, sich neu verjüngenden Natur erinnern, die nun ihr weißes
Totengewand ablegt und dafür ein mit Blumen durchwirktes Fest—
Jewand angelegt hat. Das Suchen nach den verborgenen Eiern
soll das Suchen der drei Frauen nach dem auferstandenen Heiland
hedeuten. Auch die im Verborgenen blühenden ersten Kinder Floras
müssen mit Eier gesucht werden. In manchen Gegenden Deutsch-—
lands finden auch Kampfspiele um die Eier statt, durch die der
Kampf zwischen Frühling und Winter veranschaulicht werden soll
Da das Ei schon in frühester Zeit als Sinnbild des erwachender
Lebens betrachtet wurde, so ist es sehr erklärlich, warum es zur
Osterzeit als Sinnbild der neuerwachten Natur gilt. Der Osterhast
aber, der die bunten Eier legt, bezieht sich sinnbildlich auf die Frucht
barkeit der Frühlingsgöttin „Ostara“.
* Wie die Fische schlafen, darüber belehrt uns Dr.
Theodor Beer in der „Allgemeinen Fischerei⸗Zeitung“ au
Grund seiner in der Zoologischen Station zu Neapel gesam—
melten Erfahrungen. Zunaächst ist die Behauptung, daß die
Fifche schlafen, überhaupi nicht unbestritten. Die Gegner diesen