Full text: Der Bergmannsfreund (29.1899)

J aee Her —W n 4 su —* 
⸗ 
Zeitung zur Unkerhalkung und Belehrung für Bergleute. 
Erscheint jdden Dienstag, Donner stag und Samstag. Bestellungen nehmen die Erpedition in St. Johann a. S. 
alle Postanstalten, sowie auf den hiesigen Gruben und den benachbarten Ortschaften die besonderen Boten entgegen. 
Preis für das Vierteliahr bei der Expedition 30 Pfg., durch die Postanstalten oder durch die besonderen Boten bezogen 40 Pfa. 
Der Abonnementspreis ist im Laufe des ersten Monats zu berichtigen. 
Uachdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. J sollte das Kaiserpaar, von Potsdam nach Berlin 
kommen; aber nur die Kaiserin kam, in ihrer Begleitung 
der Kronprinz und sein ühterer Bruder. Der Kai— 
ser hatte auf ärztlichen Rat in Potsdam zurückbleiben müssen, 
es sollte eben einem weiteren Umsichgreifen der Erkältung vor— 
gebeugt werden. Der Gottesdienst in der Kapelle 
des Königlichen Schlosses nahm seinen Anfang und 
weiter spielten sich die anderen Feierlichkeiten in dem bekannten 
farbenprächtigen Rahmen ab. Das glänzendste Bild bot wie 
immer die Gala-Auf,fahrt der acht Botschafter. 
Eine Staatskarosse immer herrlicher als die andere fuhr vor— 
über; Schutzleute sprengten den Galawagen der Vertreter der 
fremden Mächte vorauf; Trommelwirbel an der Wache am 
Kastanienwäldchen ertönte, das Publikum reckte sich die Hälse 
aus, schier geblendet von dem bunten, farbensatten Bilde, das 
sich in acht Aufzügen hier entrollte; die Kai seer in nahm im 
Namen des Kaisers die Glückwünsche der Botschafter entgegen. 
Punkt 12 Uhr hatten dieselben das Schloß verlassen und ganz 
kurze Zeit darauf begab sich die Kaiserin die Linden ent— 
lang durch das Brandenburger Thor, um vom Potsdamer 
Bahnhof nach Potsdam zurückzukehren. Das prächtige militä— 
rische Schauspiel der Paroleausgabe fand unter den Linden am 
Zeughause statt. Eine Ehrenkompagnie des Königin Augusta— 
Regiments Nr. 4 mit Fahne, Spielleuten und Regimentsmusit 
stand vor dem Zeughause, der Kronprinz wohnte der 
Paroleausgabe bei und hatte hier Gelegenheit, die Korpskom— 
nandeure, die bekanntesten Persönlichkeiten unsererMarine: den 
kommandirenden Admiral v. Knorr, mit dem Chef des Stabes, 
Admiral Bendemann, den Staatssekretär Tirpitz begrüßen. zu 
können. Die Paroleausgabe war nur von ganz kurzer 
Dauer; um 103 Uhr verließen die Scharen der Offiziere, unter 
denen die Schutztruppe in ihrer ungemein kleidsamen Uniform 
mit den gelben langen Stiefeln ganz besonders auffiel, das 
Zeughaus, lustige Musik erschmetterte, vom blauen Himme! 
sandte die Sonne etliche vielverheißende Strahlen; mit der 
dahinziehenden Truppen verlief sich auch das Publikum und 
hald lagen die Linden ziemlich stille da 
αXX 
*Der Uenjahrsempfang am kaiserlichen Hofe. 
Der Kaiser konnte, wie bereits kurz gemeldet, am Neu— 
jahrstage die Gratulation nicht persönlich entgegennehmen, 
weil eine Erkältung ihn befallen hatte. Das Bedauern, 
daß der Kaiser bei dem Neujahrsempfange fehlen mußte, der 
ohne ihn wesentlich von seinem Glanze und seiner Feier verlor, 
war ein ganz allgemeines; die Berliner hatten sich so daran ge— 
wöhnt, dem Kaiser, wenn er zu Fuß in seinen Hohenzollern— 
Mantel gehüllt vom Schloß nach dem Zeughause zur Parole— 
Ausgabe sich begab, eine laute und stürmische Ovation zu be— 
reiten, dem Herrscher in ihrer Weise den Neujahrsgruß entgegen— 
zubringen, daß sie die von der Schutzmannschaft erteilte Aus— 
kunft, der Kaiser sei unpäßlich und habe deshalb die Reise von 
Potsdam nachBerlin aufgegeben, anfangs nicht glauben wollten. 
Es war ein herrlicher Neujahrstag, fast so schön als der 
porige, noch am Sylvesterabend waren die Straßen recht 
schmutzig, dann fing der Wind zu blasen an, die Kälte setzte 
ein und im tadellosen Zustande präsentirten sich hier die Stra— 
ßen. Der Magistrat hatte Sand streuen lassen, weil hier und 
dort kleine Eisflächen sich gebildet. Die öffentlichen Gebäude 
Unter den Linden legten Fahnenschmuck an, vom alten grauen 
Schloß an der Spree grüßten die bekannten Wahrzeichen; 
viel Volk fand sich Unter den Linden ein. Das Trompeter-— 
korps der 2. Garde-Dragoner (Kaiserin Alexander von Ruß— 
land) blies von der Kuppel der Kapelle des Schlosses einen 
Choral, die Herzen mächtig ergreifend; dann folgte das üb— 
liche Wecken, die lustigen altbekannten Weisen „Freut Euch 
des Lebens“, verfehlten ihre Wirkung auf die Menschenscharen 
nicht, die sich Unter den Linden angesammelt. Jung Berlin 
begleitete die Spielleute der 2. Garde-Infanterie-Brigade und 
des Musikkorps des 4. Garde-Regiments zu Fuß bis zum 
Brandenburger Thor und zum Schlosse zurück. Um diese Zei 
Berlin, 4. Januar 18099. 
* Der Kaiser hütete am Neujahrstage wegen star— 
ker Erkältung das Bett. Nach einer sehr gut 
verbrachten Nacht ist das Fieber geschwunden; auck 
die subjektiven Beschwerden sind wesentlich vermindert. Nack 
weiterer Meldungd hält das FJorischreiten der Besse
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.