Full text: Der Bergmannsfreund (29.1899)

XXIX Jahrgang. Saarbrücken. 
Nr. 15. —X 9 ung den 7. Februar 1899. 
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Zeikung zur Unterhaltung und Belehrung für Berglente. 
Erscheint jden Dienstag, Donner sstag und Samstag. Bestellungen nehmen die Erpedition in St. Johann a. S., 
alle Postanstalten, sowie auf den hiesigen Gruben und den benachbarten Ortschaften die besonderen Boten entgegen. 
Preis für das Vierteljahr bei der Erpedition 30 Pfg., durch die Postanstalten oder durch die besonderen Boten bezogen 40 Pfa. 
Der Mbonnementsvpreis ist im Laufe des ersten Monats zu berichtigen. 
HUachdruck ist nur mit voll 
Allenangabe gestattet. / Gedanken geleitet gewesen: Der Verantwortlichkeit für das ihm 
untergebene Volk, für das ihm anvertraute Land. Der Herr Ober—⸗ 
oräsident hat in gütiger Weise unserer Reise gedacht und der dort 
»on mir vollzogenen Thatsachen. Ich kann wohl sagen, daß manche 
ind vielseitige Eindrücke erhabener Natur an meinem Auge vor⸗ 
iber gezogen sind, teils religiöser, teils historischer Art, teils auch 
rus dem modernen Leben. Aber von allen Eindrücken der er⸗ 
jabenste und ergreifendste war doch nächst unserer Feier in unserer 
dirche das, auf dem Oelberge zu stehen und die Stätte 
u sehen, an dessen Fuße der gewaltigste Kampf, der je auf Erden 
ausgefochten worden ist, der Kampf umn die Erlösung der Mensch— 
Jeit von dem einen ausgefochten wurde. Diese Thatsache hat 
nich damals bewogen, an dem Tage gewissermaßen nur nochmals 
»on neuem den Fahneneid zu schwören nach oben, 
riichts unversucht zu lassen, um mein Volk in sich zu einigen und 
das, was es trennen könnte, zu beseitigen. Bei der Fahrt aber in 
den fremden Landen und an den verschiedenen Stätten, wo der 
ür uns Germanen so teure Wald und das schöne Wasser so 
nangelte, fielen mir die märkischen Seeen mit ihrer dunkelblauen 
Flut und die märkischen Eicken- und Kiefernwälder ein und da 
achte ich bei mir, daß wir es doch, ktrotzdem wir in Europa zu⸗ 
veilen über die Achsel angesehen werden, in der Mark viel besser 
saben als in der Fremde. Wenn ich an den Baum, an seine Be⸗ 
sandlung, an die Liebe für den Wald denke, so fällt mir dabei ein 
ßreignis ein, das grade für uns und den Anfang des Ausbaues 
es Reiches von hohem Interesse ist. Es war nach den großen er— 
ebenden Vorgängen des Jahres 180-71: Die Truppen waren 
vieder eingezogen, der Jubel und die Begeisterung hatten sich ge— 
egt und die alte Arbeit und die Gründung und Entwicklung des 
teugewonnenen Vaterlandes sollten nun beginnen. Da saßen die 
»rei Paladine des großen alten Kaisers zum 
rstenmal beim gemeinschaftlichen Mahle: dergroße General, 
er gewaltige Kanzler und der getreue Kriegs— 
ninister, und nachdem das erste Glas auf den Landesherrn 
ind das Vaterland geleert worden war, ergriff der Kanzler 
das Wort und sich zu seinen beiden Genossen wendend sagte er: 
Wir haben nun alles erreicht, wofür wir gekämpft, gestritten und 
jelitten haben; wir stehen auf der Spitze dessen, was wir uns nur 
e geträumt haben — was kann für uns noch irgendwie In— 
eressantes oder Erhebendes oder Aneiferndes kommen nach dem, 
vas wir durchlebt haben?“ Ein kurze Pause folgte darauf und da 
agte der alie Schlachtenlenker mit einem Male: „Den 
ß8aumwachsen sehen“ und tiefe Stille verbreitete sich im 
Zimmer. Ja, meine Herren, der Baum, den wir wachsen sehen 
ind für den wir sorgen müssen, ist die deutsche Reichseiche. Ge⸗ 
88 Mas5um ist ihr bestimmt. weil sie in der Hut der Märker 
ages cagkeiten. 
Berlin, 6. Februar 1899. 
* Der Kaiser nahm am Freitag Abend um 7 Uhr an dem 
Festmahl teil, das der Oberpräsident, Staatsminister Dr. von 
Achenbach. den Mitgliedern des Provinziallandtages der 
Provinz Brandenburg gab, und zu dem etwa 130 Einladungen 
ergangen waren. Der Kaiser, in der Uniform des 1. Garde— 
Kegiments z. F. mit der Kette des Hohenzollern-Ordens und dem 
Stern des Schwarzen Adlerordens, saß zwischen dem Oberpräsi— 
denten Dr. v. Achenbach und dem Landesdirektor a. D. v. Levetzow. 
Oberpräsident Dr. v. Achenbach brachte den ehrerbietigsten Dank der 
Versammelten für das Erscheinen des Kaisers zum Ausdruck und 
schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf den Monarchen. 
Der Kaiser erwiderte in längerer Ausführung und schloß mit 
inem Hoch auf die Mark Brandenburg, das jubelnden Widerhall 
'and. Die herrliche Rede lautete folgendermaßen: 
„Mein verehrter Oberpräsident und liebe brandenburgische 
Männer. Die Rede, die wir soeben vernommen haben, hat in 
datriotischer Weise, vergoldetmit poetischem Schwunge, die Thaten 
meines Hauses und die Geschichte unseres Volkes in kurzen Umrissen 
dargelegt. Ich glaube wohl aus dem Herzen eines jeden von 
Ihnen zu sprechen, wenn ich sage, daß zwei Umstände es gewesen 
sind, die es meinen Vorfahren und meinem Hause ermöglicht 
haben, diese Aufgabe in dieser Weise zu lösen. Der eine, 
der Hauptumstand ist der gewesen, daß sie vor allen anderen 
Fürsten, schon zu einer Zeit, wo vielleicht die Gedanken und Ge— 
fühle noch nicht gangbar waren, die persönliche Verant-— 
woöorttichkeit dem Herrscher im Himmel gegen— 
über fühlter und vertraten. Der zweite Umstand war der, daß 
sie das Volk der Märker hinter sich hatten. Wenn wir uns in den 
Nugenblick versetzen, wo der zum Landeshauptmann und Kur— 
fürften ernannte Friedrich J. sein herrliches fränkisches Heimat⸗ 
and mit der Mark verkauschte, die bamals in einem Zustande 
var, wie wir uns ihn nach den Veschreibungen der Historiker 
taum vorstellen können, so ist dieser Tausch nur so zu verstehen, 
daß der Herr in sich den Beruf fühlte, in dieses Land zu ziehen, 
das ihm anvertraut worden war von kaiserlicher Huld, um hier 
eordnete Zustände herbeizuführen, nicht um des Kaisers oder 
seiner selbst willen, sondern weil er überzeugt war, daß ihm diese 
Aufgabe von o ben gestellt war. Dasselbe können wir bei allen 
meinen Vorfahren verfolgen. Die großen Kämpfe nach außen und 
mi⸗ EEnwicfelima und Gesbpaehung noch inen sind immer hon dem
	        
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