mutung nicht unbegründet, daß die früheren Beobachtungen
ven sogenannter Wurstvergiftung zum Teil auf Trichinen
zurückzuführen seien. —
Die Trichine gehört, wie der Bandwurm, zu den inne—
ren Schmarotzertieren des Menschen, d. h. sie befindet fich
erst dann in ihrem wahren Elemente, wenn sie in den Ma—⸗
zen und Darmkanal desselben gelangt. Daß diese Ueber—
tragung durch den Genuß von Schweinefleisch vermittelt
wird, ist männiglich bekannt. Das Tier gelangt im einge—
kapselten Zustande hierher; kaum angelangt streift es diese
hülle ab, wird größer, bekommt Geschlechtsorgaue und ver—
pielfältigt sich in's Unglaubliche; kurz, das bis dahin schein—
dar leblose Wesen entwickelt plötzlich das regste Leben und
Weben. Anstatt aber, wie der Bandwurm, sich nunmehr
heimisch zu fühlen, scheint es besessen von dem Triebe, die Stätte
—
gang zu bahnen und weiter fort zu wandern. Rücksichts—
lios arbeitet es sich durch die Wandungen des Darmkanals
hindurch, weiter durch die übrigen Eingeweide und findet
erst in den (willkürlichen) Muskeln einen Ruhepunkt; hier
jedoch schickt es sich zu einer entgegengesetzten Lebensweise
an, es umgiebt sich, ähnlich der sich einspinnenden Seiden—
raupe, mit einer Kapsel, windet sich in derselben spiral⸗
jörmig zusammen und verharrt in diesem Lethargie ähn⸗—
lichen Zustande so lange, bis es entweder mit seinem Trä—
ger untergeht oder durch irgend welche Schicksale in den
Magen eines Schweines deportiert wird, wo es dann ganz
dieselben Phasen durchmacht und schließlich wieder in den
Magen eines Menschen gelangt.
Denken wir uns diese Vorgänge mit Rücksicht auf das
Verhalten des so heimgesuchten Menschen nochmals durch,
so liegt es auf der Hand, daß eine derartige Massen-In—
dafion zunächsft dem Magen sehr empfindlich sein muß:
dieses Organ reagiert mit Erbrechen; die Trichinen, wenn
sie sich erst noch zahllos vermehrt haben, belästigen weiter—
hin den Darmkanal, und vollends, wenn sie ihre Bohrungs—
Arbeiten beginnen, wird Leibweh und sonstige Unterleibs—
beschwerde die natürliche Folge sein. Die Muskeln werden
nicht minder durch die vielen Eindringlinge, für welche gar
kein Platz vorhanden ist und welche zunächst auch noch
auf Beköstigung Anspruch erheben, krank gemacht werden:
sie schwellen an, werden schmerzhaft, gegen Berührung em—
ofiadlich und zu jeder Bewegung geniert. Auch wenn die
Trichinen sich endlich eingekapselt haben und ruhig verhal⸗
ten, wird noch lange Zeit hindurch Mattigkeit und Ab—
geschlagenheit der Glieder, deren Hauptbestandteil ja die
Muskeln sind, zurückbleiben. Schwächliche oder sonstwie
schlecht disponierte Individuen kfönnen dergestalt von der
Krankheit angegriffen werden, daß sie ihr gänzlich unter—
liegen. Bei dem Schweine jedoch verläuft dieselbe so ziem—
iich ohne alle Symptome.
(Schluß folgt.)
Bilder aus Berlin.
CII.
In der Vörse.
Befürchte nicht, werter Leser, daß du mit einer Reihe
Namen von allerhand Wertpapieren gelangweilt werden
sollst, deren Steigen oder Fallen dir vollkommen gleich⸗
giltig ist; vermute auch nicht, daß du in die Geheimnisse
des großen Geldverkehrs eingeweiht werden sollst; — nur
ein Bild von dem Leben und Treiben an der Börse soll
vor deinen Augen entrollt werden
Es ist ein mächtiges, lang ausgedehntes und mehr—
töckiges Gebäude von äußerst geschmackvoller Außenseite in
dem verkehrreichsten Teile der Hauptstadt, dem gegen 12
Uhr Mittags Hunderte von Männern aus allen Altersstufen
von allen Teilen der Stadt zustreben. Sie alle wenden
ich nach dem der Spree zugekehrten Haupteingange des
Bebäudes. Dem Nicht-Börsenmanne bleibt dieser Eingang
herschlossen; er muß sich nach einem Rebeneingange begeben,
um non diesem aus auf die Gallerie zu gelangen. Doch
nuß der Besucher, ehe ihm die Thüre zu derselben geöffnet
vird, zunächst in seine eigene Börse greifen, denn die Herren
Börsenleute wollen sich nicht von jedem, sondern nur von
dem in ihrem Thun und Treiben beobachten lassen, der
dreißig Pfennige zu zahlen im Stande ist.
Auf die Gallerie getreten, befindet man sich in halber
döhe eines mächtigen Raumes, der sich wohl hundecrt Meter
in die Länge und vierzig Meter in die Breite ausdehnt;
durch Säulenreihen ist derselbe in drei Säle eingeteilt, die
iber in offener Verbindung mit einander stehen. Gleich
dem Aeußeren ist auch dieses Innere ein Prachtbau, der
jurch seine gewaltigen Dimensionen und durch die Schön—
jeit der Ausführung den Eindruck des Erstaunens in dem
Beschauer hervorbringt. Mehr Interesse aber als der Bau
ruft das Treiben in den Sälen in dem Besucher hervor.
Zunderte von Vännern sind in jedem der drei Säle ver—
ammelt; jedes Alter ist unter ihnen vertreten; man be—
merkt Gestalten, die durch ihr gemessenes, würdiges Wesen
den Gedanken in uns wach rufen, daß sie um die Erwer—
hung des täglichen Brotes sich keinen Kummer zu machen
drauchen und wiederum solche, die nicht darnach aussehen,
us wenn sie erst zu rechnen anfingen, wenn es sich um
Zahlen handelt, zu deren Schreibung man mindestens vier
Ziffern braucht. Sitzgelegenheiten sind inmitten der Säle
berhaupt nicht vorhanden, nur an den Wänden entlang
inden sich solche, diese wenigen werden jedoch nur wenig
henutzt; die große Masse steht in einzelnen Gruppen ver—
inigt, zu 3, 4, wohl auch zu 20—30, dicht an einander
zeschmiegt; andere drängen sich durch die Gruppen hindurch,
im an die andere Seite des Sales oder in einen der an—
deren Säle zu gelangen. Man stelle sich das Treiben eines
nus seiner Ruhe aufgestörten Ameisenhaufens vor und man
vird ein ungefähres, aber doch nur schwaches Bild von
)em anscheinend zwecklosen Hin- und Her- und Durchein—
anderlaufen gewinnen. Doch hat nicht nur das Auge des
Beschauers volle Beschäftigung; auch sein Ohr hat solche
n reichem Maße; verursacht schon das fortdauernde, un—
interbrochene Durcheinanderlaufen der großen Menschen—
masse ein gewaltiges Geräusch, so steigert sich dasselbe zu
einem die Gehörnerven maltraitierenden Spektakel durch die
meist ziemlich laut geführte Unterhaltung Einzelner, noch
mehr durch das Durcheinanderschreien der in größeren Grup—
pen vereinigten, wie solche sich bald an dieser, bald an
jener Ecke oder inmitten der Säle bilden. Es sind nur
wenige, die inmitten dieses Treibens, dieses wahrhaft ge—
valtigen Lärms in Ruhe ihren Platz festhalten. Das sind
die sogenannten Makler oder Geschäftsvermittler. Für
diese sind in jedem der drei Säle drei quadratische Barrieren
hergestellt, innerhalb deren sie in vollkommenem Gleichmut
hren Platz behaupten. An sie, deren jeder in einer be—
timmten Gruppe von Wertpapieren handelt, wenden sich
diejenigen, welche gesonnen sind, Werte zu veräußern und
auch diejenigen, welche solche zu erstehen beabsichtigen.
Bei ihnen laufen die Verkauss- und Ankaufsaufträge von
den Bankhäusern der Stadt und der Provinzen zusammen.
Nun mag mancher denken. daßk hier ein ununterbrochenes