Full text: Der Bergmannsfreund (18.1888)

tiefe Stille das klagende Gebrüll einer Kuh, die von der 
nachläffigen, bereits tüchtig schnarchenden Magd vergessen 
worden. Herrscht schon im Dorfe eine Totenstille, so muß 
es erst auf dem Kirchhofe noch schweigsamer zu zehen. — 
Die kleinen Kreuze scheint die Sonne förmlich umzudrücken 
— nicht einmal die papiernen auf den Gräbern rascheln 
im Zugwinde, der von dem offenen Pförtchen aus über 
sie hinstreicht. Kein Fußtritt scheint heut diese Gräberein— 
jamkeit betreten zu haben — doch nein, dort auf einem 
Brabe in einem Winkel der Kirchhofsmauer sitzt ein junger 
Bursche und starrt müde und träumerisch vor sich hin. 
Der junge Mensch kann höchstens zweiundzwanzig Jahr 
zählen — er hat ein hübsches blühendes Gesicht, seine 
Augen sind groß und blau und würden auf ein offenes, 
ehrliches Gemüt deuten, wenn nicht sein Blick etwas scheu 
und furchtsam wäre. Um die frischen Lippen spielt ein 
berschlossener Zug — es scheint, als ob das ursprüngliche, 
offene, sröhliche Wesen, irgend ein harter Schlag vernich— 
tend getroffen habe. Die Kleidung des Burschen ist ein— 
fach, fast abgetragen, aber sie verrät eine große Sauber— 
keit und der offene Kragen des Hemdes, um den ein rot⸗ 
seidenes Tuch geschlungen, ist von ungewöhnlich feiner Lein— 
wand. Seine ganze Erscheinung macht den Eindruck eines 
Venschen, der einst bessere Tage gesehen hat. Den Kopf 
hat der junge Mensch in die Hand gestützt und zeichnet 
mit einer frisch abgebrochenen Weidenrute Figuren in den 
Sand. Dabei murmelte er vor fich hin: „Sie kommt nicht, 
und ich hab' mich schon die ganze Woche auf diese Stunde 
zefreut und vergaß darüber der Mutter Klagen und des 
Vaters Toben und Wildheit. Ich dacht' nur an sie und 
an den Sonntag, an dem ich endlich mit ihr sprechen und 
ihr Alles sagen kann, was mir die Woche über durch den 
Kopf gegangen.“ Nachdenklich zog er seine Linien im Sande 
und fuhr dann in seinem Selbstgespräch fort: „Ob ihr 
Vater noch da sein mag? Oder gar ihr Vetter, der lie' 
derliche Musikant, der so keck und lustig thut, als könnt 
ihm die Marie nicht entgehen. Und wenn er sie doch end— 
lich bekäm, weil es der Alte wollte und Marie nachgäbe?“ 
Sin tiefer Seufzer entrang sich dabei seiner Brust und trau— 
rig starrte er vor sich hin. 
„Dann müßt' ich aus Verzweiflung in den Teich sprin— 
gen; — oder Schulzens Magareth heiraten!“ ließ sich 
olötzlich die Stimme eines jungen Mädchens vernehmen, das 
geräuschlos durch das Pförtchen hereingeschlichen war und 
sich jetzt lächelnd über den jungen Burschen hinwegbeugte. 
„O, Tu grundböser Mensch, wie kannst Du so schlecht 
denken, weil ich nicht gleich fortkonnt' und ein einzig Viertel⸗ 
tündchen zu spät komm!“ setzte es hinzu und drohte in rei— 
zender Schelmerei mit dem Finger. 
Der junge Bursche blickte freudig überrascht auf und 
in die lachenden Augen Mariens. Ein süßer Schauer 
schien durch sein Herz zu rieseln, der schmerzlich träume— 
rische Ausdruck im Gesicht verschwand und er entgegnete 
rasch: „Du weißt nicht, wie ich die ganze Woche über nur 
den Gedanken hab', Dich zu sehen, wie mir die Arbeit noch 
einmal so gut von der Hand geht, wenn ich an Dich denke, 
wie Du so gut bist und schön und dann fällt mir's schwer 
auf's Herz, daß sie's alle nicht zugeben wollen —“ er 
stockte und schien um einen pafsenden Ausdruck verlegen. 
„Daß wir uns gut sind, ich weiß es wohl,“ fiel Ma—⸗ 
rie lebhaft ein, „man schilt mich nur das Stadtfräulein, das 
nichts versteht und nur Bücher liest.“ 
Laß sie nur reden.“ entgegnete der junge Bursche, 
„das härmt mich wenig, ich weiß doch, daß Du Deine 
Wirtschaft in Ordnung hältst, so klein sie auch ist und ich 
an Dir eine tüchtige Wirtin hab', wenn mir der Vater 
einmal übergiebt.“ 
„Nicht wahr, Georg, wir wollen dann besser wirt— 
schafteu und fleißig sein, damit wir vorwärts kommen,“ er— 
widerte das junge Mädchen und kauerte sich auf eine Ecke 
des Grabes, waͤhrend es die eine Hand vertraulich auf 
Beorgs Schulter legte. 
„Gewiß, Marie, wir wollen sparsam sein,“ beteuerte 
Beorg, „aber Sonntags, da fahr ich Dich zur Stadt in die 
Kirche und dann mußt Du hübsch gehen, hübscher als alle, 
daß sie im Dorfe vor Neid bersten und sie rufen: Seht, 
Walter's Georg, er hat doch am besten gewählt!“ 
„Und dann fahren wir heim und bringen denen zu 
Hause etwas Schönes mit,“ rief Marie, die mit der ganzen 
Wärme eines jugendlichen Herzens die schönen Träume wei— 
ser auzumalen vermochte. Sie hatte dabei lustig in die 
dände geklatscht, plötzlich schien sie sich zu besinnen und fuhr 
lagend fort: „Mein Gott, Georg! Was haben wir wieder 
geschwatzt — Deine Eltern verachten und verspotten mich. 
sie geben es nimmer zu.“ 
„O, mein Vater müßte wohl nachgeben, wenn's zum 
Aeußersten käm',“ entgegnete Georg mit großer Zuversicht. 
Du hast schon immer gesagt, daß Dein Vater nach⸗ 
geben würde und dabei so sonderbar gethan, daß mich's 
ordentlich ängstigt,“ meinte das junge Mädchen. 
(Fortsetzung folgt.) 
Gemeinnütziges. 
Um Eis aufzubewahren, wird folgendes em⸗ 
pfohlen. Man bediene sich dazu eines gewöhnlichen Topfes 
yon entsprechechender Größe, welchen man mit einem Stück 
Flanell trichterförmig un gefähr dis zur Hälfte des Topfes 
zusfüttert. Auf diesen Flanell wird das Eis gelegt und 
zur Abhaltung von Wärme wieder mit Flanell bedeckt. 
Der Flanell muß großmasschig (lose) sein; der billigste eig— 
net sich demnach am besten dazu. Der teure Flanell ist 
zu dicht und müßte mit verschiedenen Löchern versehen 
verden, damit das bildende Wasser gut abfließen kann. 
Auch zur Frischerhaltung von Butter, Getränken u. s. w. 
für Kranke ist diese Art des Aufbewahrens ausgezeichnet. 
Warzen sollen sich dad urch vertreiben lassen, wenn 
nan täglich einigemale di eselben mit Bierhefe bestreicht, 
welche man darauf eintrock nen läßt, ohne sie abzuwaschen. 
Dauerhafterund billigerFußbodenAnstrich. 
Die grünen Schalen der Wallnüsse werden auf einen Haufen 
zeschüttet und, wenn faul geworden, gekocht. Die dicke 
Brühe läßt man durch ein Sieb klar ablaufen. Mit der— 
selben wird der Fußboden zweimal angestrichen und vor 
dem Trocknen mit Leinöl geölt. Dieser Anstrich ist sehr 
dillig, dauerhaft und steht keinem Lackanstriche nach. 
Marktpreise am 31. Dezember 1887. 
zu Saarbrücken. zu St. Johaun 
An Pfg. Mark Pfg. 
von 46 
100 Kilo Kartoffeli.. —* 3 4 
Kilo Butter ... 8 * * 
¶ Dutend Eier prr— * 
Drucker und Verleger: Gebrüder Hofer in Saarbrücken. (Expedition der Soarbrücke 
ornretnortfih- Pondoet⸗gr M 
Beifun* 
— wqnrnruut
	        
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