XVIII. Jahrgang.
Nr. 45.
Ho gmanug,, E
Saarbrücken,
den 9. November 1888.
—8*
—X
Wochenblatt zur Unterhaltung und Belehrung für Vergleute.
*
Erscheint jeden Freitag. Bestellungen nehmen die Expedition in Saarbrücken, alle Postanstalten, sowie auf den hiesigen Gruben und
den benachbarten Ortschaften die besonderen Boten entgegen.
Preis für das Vierteljahr bei der Expedilivn 80 Mpfg., durch die Postanstalten oder durch die besondern Boten bezogen 40 Mufg.
Der Abonnementspreis ist im Laufe des ersten Moncais zu berichtigen.
Amtliches.
Die von dem verstorbenen Knappschaftsarzte Dr. F. W.
Nagel in Baumholder inne gehabte ärziliche Behandlung der
in den Ortschaften Baumholder, Berglangenbach, Freisen, Grün—
bach, Heimbach, Leitzweiler, Pfeffelbach, Reichweiler, Rohrbach,
Rückweiler, Ruschberg und Schwarzerden wohnenden Knapp⸗
schaftsgenossen ist dem prakt. Arzte Dr. wed. Fr. Wolff in
Baumholder übertragen worden.
Ueber die Pflege kleiner Kinder im gesunden und
kranken Zuflande.
Rachdrudk verboten.
(Fortsetzung.)
Wie groß der Nachteil für das Leben der kleinen
sinder ist, wenn sie nicht naturgemäß d. h. von der Mutter
gzenährt werden, zeigt die Statistik. Unter 100 Kindern
nämlich, welche mit Kuhmilch oder andren Kindernährmitteln
auferzogen werden, sterben ungefähr 60 im ersten Lebens—
jahre, während bei natürlich genährten noch vicht die Hälfte
zu Grunde geht.
Darum ist es Pflicht jeder Mutter, sie sei reich oder
arm, ihr Kind selbst zu ernähren; nichts darf sie davon
abhalten, weder ihr Stand noch ihre sonstige Beschäftigung,
noch der Gedanke an ihre zu verlierende Schönheit. Die
Aufopferung und Mühe, welche es kostet, wird reichlich auf⸗
gewogen werden, da es gewiß ein glückliches und erheben—
des Gefühl für eine Multer sein muß, ihr geliebtes Kind
an ihrer Brust zu haben und darf sie ferner uͤberzeugt sein,
daß ihrem Lieblinge das Beste zu Teil wird und daß sein
körper gesund und kräftig sich entwickeln werde.
Von der Pflicht, ihr Kind selbst zu nähren wird eine
Mutter nur durch eine etwaige Krankheit entbunden und
zwar muß dies immer erst nach eingeholtem ärztlichen Rate
geschehen, da bei der Wichtigkeit der Sache nicht jedes leichte
Unwohlsein und auch nicht ein schwereres Kranksein, wenn
es nur einige Tage dauert, entschuldigen darf.
Im Falle, daß eine Mutter außer Stande ist, ihr Kind
elbst zu nähren, ist es das Beste, wenn eine Amme an
hre Stelle tritt. Die etwaige Auswahl derselben muß immer
dem Arzte überlassen bleiben.
Vielfach ist es aber nicht möglich, daß für einen Säug⸗
ling eine gesunde Amme beschafft werden kann; dann bleibt
nichts anders übriq, als denselben künstlich,. d. h. mit anderen
Nahrungsmitteln aufzuziehen. — pierbei muß vor allem
recht eindringlich betont werden, daß jede Art von künst⸗
iicher Ernährung ungemein viel Sorgfalt, außerordentliche
pPflichttreue und liebevollste Aufmerksamkeit erheischt.
Das erste und beste Ersatzmittel der Frauenmilch ist
die Kuhmilch, welche jener in ihren chemischen und physi⸗
kalischen Eigenschaften am nächsten steht. Zwar ist die
Eselinnen- und Stutenmilch der Frauenmilch entschieden noch
aäͤhnlicher, aber die Kuhmilch ist diejenige Milchsorte, welche
wir uns am leichtesten verschaffen können und welche bei
erheblicher Billigkeit doch immerhin überaus schätzenswerte
Figenschaften besitzt.
Im Vergleich zur Frauenmilch enthält die Kuhmilch
bei weitem mehr Feite und Käsestoff und weniger Zucker
und Wasser. Durch Zusetzen dieser beiden letzieren Be—
standteile kann man die Kuhmilch der Frauenmilch ähnlicher
machen. Die leichtere Gerinnbarkeit der Kuhmilch wird
durch Vermischung derselben mit Gummi-, Gerste- oder
Haferschleim vorteilhaft bekämpft.
Die Kuhmilch entnehme man nur von durchaus als
—I
die Versicherung erhalten hat, daß die Kühe, deren Milch
man dem Kinde verabreichen will, vor allen Dingen gesund
sind, daß sie reinlich gehalten werden und daß sie ein durch⸗
aus gleichmäßiges Futter, am besten Trockenfutter erhalten.
Am besten fährt man, sobald sich Gelegenheit dazu
bietet, wenn man die Milch aus sogenannten Milchkur⸗
anstalten, wie sie jetzt allenthalben, besonders in Städten,
errichtet werden, entnimmt. Solche Unstalten stehen unter
der sachverständigen ärztlichen oder tierärztlichen Leitung
und man kann versichert sein, daß die von da bezogene
Milch allen Anforderungen genüge. Die geringen Mehr⸗
osten, welche hierbei entstehen, werden vieifach durch die
Vorteile, welche man hat, aufgewogen.
Die öfter aufagestellte Behauptung, die Milch müsse
nur von einer Kuh herrühren, ist entschieden nicht stich—
haltig; denn in dem Maße, als die von mehreren Kühen
vermischte Gesamtmilch genommen wird, werden etwaige
chaͤdliche Beimischungen, welche in die Milch von einer in
anbekannter Weise kranken Kuh hineingelangen, verdünnt
und verteilt.
Die Milch muß in absolut reinem mit heißem Wasser
zespülten und wieder abgeküͤhlten Gefäßen, die zu keinem
anderen Zwecke benutzt werden, aufbewahrt werden.