V. Jahrgang.
Xr. 25.
Eaarbrucken,
den 18. Inni 1875.
Hergmanna/,
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Wocheublatt zur Unterhaltung und Belehrung für Bergleute.
Erscheint jeden Freitag. Bestellungen nehmen die Expedition in Saardrüden, alle Poftanstalten, sowie auf den hiefigen Gruben und den
benachbarten Ortschaften die besonderen Boten entgegen.
Breis für das Vierteljahr bei der Erpedition 80 Mopfg., durch die Poftanftalten oder durch die besondern Boten bezogen 40 Mpfg.
Der Abonnementspreis ist im Laufe des ersten Monats zu berichtigen.
Amtliches.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem
Fahrhauer Peter Engelbert auf der Steinkohlenzeche Ver—
rinigte Carlsglück bei Dortmund die Rettungsmedaille am Bande
zu verleihen.
Der Aufseher Johann Harig ist zum Grubensteiger auf
Brube Heinit ernannt.
Zwei Unsichtbare.
Von Wilhelm Fischer.
II.
So sind wir fast unvermerkt zu den künstlichen
Magneten, gekommen. Ein Stein ist ungefüge und zu
feinen Versuchen schlecht zu gebrauchen, Siahl aber läßt
sich hämmern und dehnen. Wir bilden zunächst ein überall
gleich dickes Stäbchen daraus und magnetisiren dasselbe
dadurch, daß wir es mit einem natürlichen Magneten oft⸗
mals immer in derselben Richtung der Länge nach be—
streichen.
Legen wir es jetzt in Eisenfeilspäne, so sehen wir, daß
sich dieselben an Veiden Enden in dichten Büfcheln ansetzen,
nach der Mitte zu immer weniger, und ganz in der Mitte
gar nicht.
Die Anziehungskraft wirkt also an zwei Stellen am
stärksten, und diese nennt man die beiden Pole des Mag⸗
neten.
Kann unser Stäbchen sich frei bewegen, hängen wir
es z. B. in der Mitte an einem Faden auf, so nimmt es
immer eine bestimmte Lage an, in der das eine Ende un—
gefähr nach Norden, das andere nach Süden zeigt; wir
nennen deßhalb das eine den Nord?; das andere den
Südpol.
Doch besser zeigt fich dies an der Magnetnadel,
die aber nicht wie eine Näh- oder Stecknadel geformt, son—
dern vielmehr ein dünnes, in der Mitte breues und mit
einer Höhlung versehenes, an beiden Enden zugespitztes
Stahlplättchen ist, auf einem Stifte im Gleichgewicht ruht
und sich bequem wagerecht herumdrehen kann.
In ein kleines, rundes Kästchen gesperrt und über
einer Art Zifferblatt einer Uhr (Windrose) schwingend,
dient sie bekanntlich den Schiffern sowohl wie den Berg⸗
leuten als Compaß. Sie 'ist mit ihrem Zittern und
Schwanken. mit ihrer ausgesprochenen und unerstörbaren
Neigung zum Nordpol der Erde ein merkwürdiges Ding,
fast wie ein belebtes Wesen in ihrem Gehäuse. Das Meer
sowohl, wie die dunkle Tiefe der Bergwerke hat keine Weg⸗
weiser, da deutet die Magnetnadel im Compaß bei Tag
und Nacht, bei Sturm und Windstille, unverrückt nach
Norden hin, und macht es so möglich, auch jede andere
Himmelsgegend zu bestimmen. Sie gleicht der leisen Stimme
in uns, dem Gewissen, die doch vernehmlich sagt, was
gut und böse ist.
Aber das Gewissen kann man abstumpfen und irre
leiten. Und ähnlich geht's der Magnetnadel: ein Stückchen
Eisen in der Nähe lenkt sie vom Nordpole ab. Schlim⸗
mer noch wird's, wenn man einen andern Magneten an
sie heranbringt. Dann weicht ihr Nordpol vor dem sei⸗
aigen ängstlich zurück, ihr Südpol fliegt dagegen eifrig zu
diesem letztern (dem Nordpol des Magneten) hin, und um—
gekehrt, und wir entdecken so das dritte Gesetz: Die
gleichnamigen Pole stoßen sich ab, die un—
gleichen ziehen sich an.
Auch hier fehlt's an ähnlichen Erscheinungen auf an—
dern Gebieten nicht. Ein Hauptgegensatz bei Menschen und
Thieren sind die zwei Geschlechter, und wie sehr die sich
anziehen, weiß Jeder oder wird's früh genug erfahren.
Doch nicht nur in der Liebe, auch in der sanfteren Freund⸗
scchaft gilt das Gesetz der Polarität, der Anziehung des
Verschiedenartigen, aber sich Ergänzenden. Zwei harte
Steine mahlen selten gut, sagt der Muͤllerwitz und bezeichnet
damit, zwei Starrköpfe kommen nicht gut mit einander aus,
aber ein fester, entschlossener und ein sanfter, nachgiebiger
Mensch können die besten Freunde werden. —
Theilt man ein Magnetstäbchen in zwei Hälften, so
wird jede sofort zu einem vollständigen Magneten, und
‚zwar entsteht an der Bruchstelle jedes Stücks der Pol,
welcher dem an seinem andern Ende entgegengesetzt ist.
Das ist seltsam, nicht wahr? Vorher schien gerade in
der Mitte gar kein Magnetismus zu fein, und jetzt sehen
wir sogar beide Arten dort auftreten. Dies führt uns zu
der Frage: Was ist denn eigentlich der Magnetismus?
Er ist zunächfst nichts Greifbares, keine Flüssigkeit,
auch keine Luftart, sondern vielmehr ein eigenthümuicher
Zustand des Eisens, vielleicht eine für unsre Sinne und
Instrumente zu feine Lagerungs-Richtung seiner kleinsten
Theile, so daß ein Magnetstab sich vergleichen ließe mit
einem Stücke Tuch, das einen Strich nach rechts. und einen