Saarbrüten. Beilage zum Bergmannsfreund Nr. 10. 1. März 1873
Vorschriften
Gewährung von Hausbau-Prämien und Vorschüssen,
für die Arbeiter der Königl. Steinkohlengruben bei Saarbrücken.
814
Jeder Bergmann, welcher eine Prämie oder einen Vor—
schuß zur Erbauung eines Wohnhauses innerhalb der festge—
stellen Baurayons zu erhalten wünscht, hat sich im Laufe der
durch Anschlag zu bestimmenden Frist persönlich bei der—
jenigen Berginspection zu melden, bei welcher er in Arbeit
steht. Ueber die erfolgte Meldung wird ihm eine Beschei—
nigung ausgestellt.
82.
Nach Ablauf der zur Annahme von Meldungen be—
stimmten Frist wird die Meldeliste geschlossen.
83.
Durch die Meldung erlangt der sich Meldende noch kei—
nerlei Rechte auf die erbetenen Wohlthaten, ein Anspruch
auf dieselben kann vielmehr erst auf eine schriftliche Zusage
der unterzeichneten Direction gegründet werden, und er—
halten alle diejenigen, welche, bevor ihnen eine solche er—
theilt worden, mit ihren Hausbauten beginnen, weder eine
Prämie noch einen Vorschuß.
Die Bergleute werden deshalb dringend vor dem vor
eiligen Ankauf von Bauplätzen und Baumaterialien gewarnt.
84.
Darüber, ob ein Bauplatz in einem Baurayon liegt,
rd auf den Berginspectionen stets Auskunft ertheilt wer—
en.
8 5.
Die Anzahl der in jedem Jahre zu bewilligenden Prä—
mien und Vorschüsse hängt von der Höhe des hierzu be—
stimmten Fonds ab.
Die Vertheilung desselben erfolgt zu Anfang jeden
Jahres. Reichen die Prämien nicht aus, um sämmtliche
eingegangenen gültigen Meldungen zu befriedigen, so ent—
scheidet unter denselben das Loos. Mit der stattgehabten
Verloosung sind sämmtliche Meldungen endgültig erledigt.
Zur Theilnahme an der nächstjährigen Bewerbung bedarf
es einer erneuten Meldung im nächsten Jahre.
86.
.Von der Bewilligung von Prämien und Vorschüssen
sind ausgeschlossen diejenigen Bergleute:
V — durch ihre Fuͤhrung Anlaß zu Unzufriedenheit
geben,
welche weder Frau noch Kinder haben,
welche ihrer Militärpflicht noch nicht genügt haben,
welche noch nicht als ständige Knappschaftsmitalieder
aufgenommen worden sind,
5) welche das 25. Lebensjahr noch nicht erreicht, oder
das 45. Lebensjahr schon überschritten haben,
5) deren Gesundheitszustand den Eintritt einer baldigen
Invalidität erwarten läßt.
7) deren Bauplätze, obwohl innerhalb des Baungyons,
doch so belegen sind, daß die darauf zu errichtenden
Häuser für den Grubenbetrieb störend werden können,
8 welche bereits ein Haus besitzen,
9) welche bereits eine Hausbau-Prämie erhalten haben,
10) deren Bauplätze mit Hypotheken belastet sind.
87.
Wer bei der Prämien-Vertheilung berücksichtigt wird,
hat binnen einer ihm von der Berginspection bezeichneten
Frist die nöthigen Baupapiere beizubringen. Unterläßt er
dies, so wird er aus der betreffenden Liste gestrichen und
über die ihm zugedachte Prämie anderweitig verfügt.
88.
Vor Beginn des Hausbaues hat der Bauende sich
hei dem ihm bezeichneten Bauwerkmeister zu melden, wel—
cher ihm mit Rath und That zur Hand gehen und die
UÜeberwachung des Baues nach Maßgabe der nachfolgenden
Bestimmungen übernehmen wird.
89.
Das zu prämiirende Haus muß einschließlich der Um—
fassungsmauern mindestens 40 Quadratmeter Grundfläche
und außer der Küche noch drei bewohnbare Räume haben,
sowie in diesen 4 Räumen wenigstens 32 Quadratmeter
Grundfläche enthalten.
Dasselbe muß ferner aus gutem und dauerhaftem Ma—
terial und in guter Bauweise ausgeführt, sowie innerhalb
eines Jahres, von der aufzunehmenden Prämien-Obligation
an gerechnet, vollendet werden.
Der Fußboden eines jeden Wohnraumes muß min—
destens 45 Centimeter über dem umgebenden Terrain liegen,
und setzteres vom Hause ab nach allen Richtungen abfal⸗—
sen.
Umfassungsmauern von Wohnräumen im Kellergeschoß,
welche an Erde oder Fels stoßen und nicht 45 Centimeter
unter dem Fußboden frei liegen können, müssen im Innern
mit einer 10 Centimeter starken Backsteinverblendung mi⸗
5 Centimeter Luftschicht aufgeführt werden.
Diese Luftschicht muß mit der Atmosphäre in Ver—
bindung stehen und 45 Centimeter unter den Fußboden
reichen.
Dächer, welche nicht einen Vorsprung von mindestens
60 Centimeter vor die Noreroe haben, sind mit Dach⸗
rinnen und Abfallröhren zu versehen.
Wenn in einem Baurayon die vorgesetzte Berginspec—
tion noch den Erlaß besonderer Vorschriften in Betreff der
Bauausführung für nöthig erachten sollte, so sind die Bauen—
den auch zur Befolgung dieser Vorschriften verpflichtet.