Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

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noch Wasser aus demselben ausfloß, vielmehr nur der obere 
Stoß anfing naß zu werden. Am 27. früh, dem Unglücks— 
tage selbst, fand der zur Wetter-Untersuchung die Strecke 
befahrende Wettermann Wasser aus dem Bergmittel aus— 
fließen. Die etwas später anfahrende Belegschaft, bestehend 
aus 2 Häueru und 1 Schlepper, gewahrte vor Ort inner— 
halb des Bergemittels ein ziemlich großes Loch, durch 
welches reichlich, aber ruhig, klares Wasser abfloß. Offen— 
bar war das Bohrloch nach und nach in seiner untern 
Hälfte vom Wasser weiter in dem milden Bergmittel ausge— 
spült worden. 
Ihrer Instruction gemäß zog sich die Mannschaft aus 
der Strecke zurück, um vorerst Meldung von der Sachlage 
bei dem Abtheilungssteiger Karl Ries zu machen. Dieser 
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dem Schlepper vor Ort. Während alle 4, nach Aussage 
des überlebenden einen Häuers und des Schleppers, vor dem 
Stoße sich befanden und der Steiger eben untersuchen wollte, 
wie stark wohl noch die anstehende Schwebe bis zum alten 
Bau sein möchte, brach plötzlich aus dem vorhandenen Loche 
das Wasser durch, der gewaltige Strom warf in einem 
Nu die 4 Männer zu Boden und riß sie mit fort Es 
war dies kaum einige Minuten nach Ankunft des Steigers 
vor Ort geschehen, gegen 813 Uhr Morgens. 
Zwei Bergleuten, dem Hauer Friedr. Spengler und 
dem Schlepper Michel Weber, an denen noch unmittelbar 
vorher der Steiger im Querschlage vorbeigefahren war, und 
welche eben bei der Mündung der Grundstrecke in den 
Querschlag beschäftigt waren, einen Wagen Holz auf das 
Gestänge der Grundstrecke zu schaffen, stürzten plötzlich große 
Wassermassen mit starkem Getöse aus der Grundstrecke ent— 
gegen, so daß sie in einem Augenblicke schon bis über die 
Kniee im Wasser standen. Ohne Zögern drangen beide so— 
fort dem Wasser entgegen in die Grundstrecke vor. Sie 
bemerkten hier gleich einen bis an die Brust im Schlamme 
und Wasser steckenden Mann, den Hauer Michel Weiler, 
und dicht bei ihm noch einen zweiten, von dem nur die 
Füße hervorragten. Letztern zu befreien gelang nicht, da 
er mit dem Kopfe unter einem Förderwagen steckte, der 
quer in die Grundstrecke eingeklemmt war. Gleich daraus 
kam von Osten her der Steiger Schmidt mit dem Schlepper 
Jung, den er ebenfalls aus dem Wasser und Schlamme her— 
ausgezogen hatte. Mit Hülfe noch einiger hinzugekommener 
Leute gelang es, den eingeklemmten Wagen loszumachen und 
den unter demselben liegenden Verungluͤckten hervorzuziehen. 
Es war der Steiger Karl Ries, leider bereits im Wasser 
erstickt und eine Leiche. Der erwähnte Hauer Weiler war 
ohne große Mühe, zwar stark, aber doch nicht lebensgefährlich 
verletzt, herausgeschafft worden. Den noch vermißten vierten 
der bei dem Durchbruche direct Betheiligten, den Hauer 
Friedr. Leibrock, gelang es trotz aller Anstrengung erst 
nach 16stündiger Arbeit, Nachts 12 Uhr, in der Nähe der 
Abbaustrecke Nr. 7 todt aufzufinden und aus dem hier auf⸗ 
gestauten Wasser und Schlamme hervorzuziehen. 
Die Gewalt des Wassers hatte in der Abbaustrecke 
Nr. 4 nicht nur am Ortsstoße das ganze Bergmittel her— 
ausgewaschen, sondern tief in's Liegende der Strecke einge— 
wühlt. Die herabgeschlämmten Kohlen- und Bergemassen 
füllten die 2 Meter hohe Grundstrecke auf eine bedeutende 
Entfernung hin fast bis zur Firste aus. 
Eine Schuld an dem traurigen Unglücksfalle, der den 
Tod von zwei wackern Männern, sowie außerdem die Ver— 
letzung von zwei andern veranlaßt hat, kann nach Lage der 
Sache Niemanden zugeschrieben werden, da alle Vorsichts⸗ 
maßregeln erfüllt worden sind. Der plötzliche, heftige Durch— 
hruch des Wassers ist wahrscheinlich so zu erklären, daß 
hinter dem Bohrloche im alten Baue Anfangs die vorliegen⸗ 
den Bergemassen nur ein langsames Abfließen der Wasser 
gestatteten, daß dieselben aber, als der Steiger Ries die 
Stärke der Schwebe messen wollte und dabei vielleicht 
mit dem Stocke die förmlich als Damm vorliegenden Berge— 
massen lockerte, dem Drucke des Wassers nicht mehr wider— 
tanden, und letzteres in einem gewaltigen Schwalle hervor— 
türzte. Daß überhaupt an dem in Rede stehenden Punkte 
aoch größere Wassermassen stehen konnten, war nicht mehr zu 
vermuthen, seitdem bereits, wie bemerkt, die Abbaustrecke 
Nr. 1 längere Zeit durchschlägig geworden war. Wahr— 
scheinlich ist in dem alten Baue zwischen beiden Punkten 
durch Einsturz des Hangenden eine Art Damm entstanden, 
in Folge dessen oberhalb der Abbaustrecke Nr. 4 ein 
zrößerer Wassersack sich bildete, der durch die Strecke Nr. 
ĩkeinen Abfluß mehr hatte und sich jetzt bei Nr. 4 gewalt— 
am Durchbruch verschafft hat. 
Ursprung und Entwicklung des Bergbaues. 
XIX. 
Der Beginn des Erzbergbaus im hentigen Königreich 
Sachsen wird für einige Bergwerke schon in's 10. Jahr⸗ 
hundert zurückversetzt, zu welcher Zeit die damaligen deutschen 
Kaiser Bergleute von Goslar nach der Gegend von Meißen 
Jinuüberzogen. Es wird sogar auch berichtet, — jedenfalls 
tark überirieben — daß schon im Jahre 1005 auf einer 
einzigen Grube bei Mitweida 5526 Bergleute gearbeite! 
haben sollen. Indessen nach allen zuverlässigen Nachrichten 
ällt die Entdeckung der Silberbergwerke bei Freiberg erst 
unter die Regierung des Kaisers Friedrich J. Barbarossa 
1152-1190), und sind die Freiberger Gruben sowohl die 
aältesten, als auch die hauptsächlichsten der damaligen Mark⸗ 
grafschaft Meißen gewesen. 
So wie die meisten übrigen Bergwerke, scheinen auch 
die nachher so überaus bedeutenden Gruben bei Freiberg 
ihre Entstehung dem Zufalle zu verdanken. Um das Jahr 
1168 fand ein Fuhrmann von Goslar am Harze, der Salz 
von Halle durch das Land Meißen nach Böhmen fuhr, in 
dem Geleise der Straße, da wo jetzt auf luftiger Ebene 
Freiberg steht, ein Stück Erz, dessen Glanz ihn verleitete, 
es aufzuheben und mit sich nach Goslar zu nehmen. Als 
aun dort beim Probiren des Erzes sich ergab, daß dasselbe 
noch viel reichern Silbergehalt hatte, als selbst das Gos— 
lar'sche Erz, zog alsbald eine Anzahl Knappen von Goslar 
nach dem Lande Meißen hin. Die guten Nachrichten, die 
sie in ihre Heimath sandten, bewogen dann nach und nach 
biele andere Bergleute vom Harze, ihnen dorthin nachzu— 
folgen, zumal die Bergwerke am Harze zu dieser Zeit in 
Folge von Kriegsereignissen theilweise zerstört waren. Der 
Markgraf Otto von Meißen, der nachher von dem reichen 
Ertrage der in seinem Lande gegründeten Bergwerke den 
Zunamen „der Reiche“ erhielt, unterstützte die eingewanderten 
Bergleute nach Kräften und begann 1171 für sie eine Stadt 
anzulegen. Da die Bewohner der letztern mit vielen Frei— 
heilen ausgestattet wurden, so nannte man die Stadt „den 
kreien Berg“ oder „Freiberg.“ 
Daß die Bergwerke in der Umgebung von Freiberg 
schon in den ersten Zeiten sehr ergiebig gewesen sein müssen, 
heweist der damals fast unerhörte Reichthum des Markgrafen 
Otto von Meißen und seiner Nachfolger. Auch die Berg— 
leute und Gewerken erlangten in Folge der Ausbeuten aus 
den Gruben einen bedeutenden Wohlstand, der noch durch 
die mit dem Bergbau zusammenhängenden Gewerbe und
	        
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