größten Aufschwung erhielt derselbe im 18. Jahrhunderte
durch den böhmischen König Wenzel II., der mancherlei
neue Einrichtungen beim Bergwesen traf und dem ganzen
Lande durch den eifrigen Betrieb der Bergwerke eine Quelle
von Wohlstand und Reichthum eröffnete.
Am Einträglichsten wurden sehr bald die erst unter
Wenzel II. angeblich durch einen Mönch entdeckten Berg—
werke von Kuttenberg. Der Bergsegen soll hier so groß
gewesen sein, wie ihn Böhmen sonst noch nie gesehen hatte;
der König allein bezog daraus 500 -600 Mark Silber
wöchentlicher Einkünfte. Der übergroße Reichthum der Zechen
veranlaßte 1304 den Kaiser Albrecht J., daß er mit einem
Heere gegen Kuttenberg zog, um sich der Gruben zu be—
mächtigen. Allein die Bergleute, deren eine „unglaublich
große Menge“ vorhanden war, verschanzten sich und thaten
tapfern Widerstand, so daß der Kaiser wieder abziehen
mußte.
siwie innerhalb der nächsten Jahrhunderte in Böhmen
wüthenden Religionskriege, an denen auch die Bergleute
sich lebhaft betheiligten, hatten die hänfige Zerstörung der
Gruben und Bergstädte zur Folge und brachten den Berg—
bau selbst so darnieder, daß er sich später trotz aller Be—
günstigung durch Freiheiten und Förderung seiner Ein—
richtungen Seitens der Landesfürsten nie wieder auch nur
annähernd zu seiner vormaligen Blüthe hat erheben können.
Besonders zu Kuttenberg, wo die verschiedenen Religions—
partheien der Bergleute sich blutig befehdeten und in grau—
samster Weise einander in die tiefen Schächte stürzten, siechte
der Bergbau im 15. und 16. Jahrhunderte rasch dahin,
zumal es auch gänzlich an tüchtigen Beamten fehlte und
die Bergleute zu Aufständen geneigt waren.
Als der Bergbau in Kuttenberg durch die Religions—
unruhen gestört ward, wanderten sehr viele Bergleute von
dort nach dem Erzgebirge, wo bereits seit dem Jahre
1200 reiche Lagerstätten von Zinn entdeckt waren und bei
Graupen, Schönfelden, Schlaggenwald, Zinnwald und an
andern Orten Gruben gebaut wurden. Bei allen diesen
Bergstädten am südlichen Gehänge des Erzgebirges entwickelte
sich ein blühender Zinnerzbergbau, der sich größtentheils
noch bis heutigen Tages erhalten hat.
Ebenfalls an der Südseite des Erzgebirges entstand
der Silber- und Bleierzbergbau bei St. Joachimsthal.
Nachdem hier 1516 ein Stollen gebaut, blühte rasch unter
der eifrigen Theilnahme einer Anzahl böhmischer Grafen
und Herrn ein ergiebiger Bergbau empor. Mehr als 8000
Bergleute sollen in ganz kurzer Zeit zusammengeströmt sein,
so daß da, wo vordem nur eine Wildniß war und mancher
Bär geschossen ward, schon nach 2 Jahrzehnten eine Berg—
stadt mit 20,000 Seelen Bevölkerung stand, so groß, wie
die bedeutendsten Städte der damaligen Zeit. Schon 1518
wurden hier die ersten Silberstücke ausgemünzt; diese Münzen
hießen „Joachimsthaler“ und bald abgekürzt einfach „Thaler,“
wovon noch die heutigen Thaler ihren Namen haben. Die
Gruben erwiesen sich außerordentlich reich. In den ersten
15—20 Jahren sollen jährlich 60,000 Mark (80,000 Pfund)
Silber erzeugt worden sein. Ein armer Bergmann, Schweizer
mit Namen und vom Rheine stammend, der mit seinem
Weibe gemeinsam vor Ort arbeitete, gewann in wenigen
Jahren 100,000 „Güldengroschen“. Die ganze Ausbeute
der Joachimsthaler Gruben vom Jahre 15316— 1534 betrug
über 218 Millionen Thaler, den höchsten Ertrag lieferte
das Jahr 1532 mit 254,000 Thaler.
Diese hohe Blüthezeit der Joachimsthaler Gruben dau—
erte aber nicht lange. Zwar wurden noch immer Aus—
benten erzielt, aber bei Weitem nicht mehr in so reichem
Maaße, wie früher, und der Ertrag sank immer mehr.
Nicht wenig trugen hierzu die Uneinigkeit der Grundherrn,
GBewerken und Bürger, sowie die häufigen Bewegungen und
Empörungen unter den Bergleuten bei. Erst seit 1700 hal
sich Joachimsthal allmählig wieder erhoben, und sein Berg—
bau und Hüttenbetrieb ist auch heutigen Tages noch ein
ziemlich einträglicher. Es werden daselbst gegenwärtig
ährlich gegen 2000 Pfund Silber, und daneben noch eine
Reihe anderer zum Theil sehr werthvoller und seltener
Metalle gewonnen. — Bekaunnt ist Joachimsthal durch
seinen berühmten Bergprediger Mathesius, der daselbst
zur Zeit der höchsten Blüthe des Bergbaus im 16. Jahr—
hundert segensreich unter den Bergleuten wirkte.
Zu den wenigen alten Bergwerken Böhmens, welche sich
bis in die Neuzeit erhalten haben und dabei ergiebig geblieben
sind, gehören neben den Zinngruben des böhmischen Erzge—
birges und den Gruben von Joachimsthal hauptsächlich die
Blei- und Silber-Bergwerke von Przibram, ungefähr
6 Meilen südöstlich von der Landeshauptstadt Prag, fasl
im Mittelpunkte Böhmens gelegen. Nach alten Nachrichten
soll schon im Jahre 848 bei Przibram und dem benach—
harten Birkenberg ein sehr silberreiches Bergwerk gewesen
sein, und auch in der Folge wurden reiche Silbererzfunde
dort gemacht. Urkundlich erwähnt wird der Bergbau erst
im Jahre 1380, und auch Przibram wurde erst 1579 zu
einer freien Bergstadt erklärt. Indessen waren um diese
Zeit die Gruben schon in Verfall, trotzdem ihnen frühere
derzoge und Könige vielfache Freiheiten gewährt hatten.
Seine Blüthe und große Ausdehnung verdankt der Przib—
ramer Bergbau erst der Neuzeit.
Die jetzigen Berg- und Hüttenwerke Przibrams ge—
hören zu den großartigsten und ergiebigsten des östreichischen
Kaiserstaates. Aus etwa 20 Schächten, deren einzelne
Tiefen über 800 Meter unter die Oberfläche und dabei
sogar bis fast 300 Meter unter den Meeresspiegel reichen
und welche durch einen fast 9000 Meter langen tiefen Stol—
len unter einander verbunden sind, werden jährlich durch
4000 Bergarbeiter über 244 Millionen Etr. Silber- und
Bleierze zu Tage gefördert, die in großartigen Wäschen
aufbereitet, und aus denen auf der benachbarten Schmelz-—
hütte jährlich gegen 385, 000 CEtr. Blei und 80,000 Pfund Silber
dargestellt werden. Die Bergleute sind durchgängig Czechen
Böhmaken), die Oberbeamten meist Deutsche. Früher im Be—
sitze von Privatgewerken, ist die Bergbauberechtigung seit Ende
des vorigen Jahrhunderts, wo man wegen schlechter Ausbeute
den Betrieb ganz aufgeben wollte, nach und nach in die
Hände des östreichischen Staates übergegangen, der auch in
Przibram zur Ausbildung seiner höhern Bergbeamten eine
Bergakademie errichtet hat.
181 Erzählungen
von Wilhelm Fischer.
I. „Was deines Amts nicht ist, da laß' deinen Vorwitz,“
sagte der gute Pastor Haspe zu seinem Zögling Philipp,
einem Knaben von etwa dreizehn Jahren, der mit zwei
Kameraden sehr betreten und roth bis hinter die Ohren vor
ihm stand. „Daß du unserm Besuch alle mögliche Freude
machen willst, ist gewiß loͤblich, und das Spiel dieser großen
Musikdose gehört für euch Kinder auch dazu. Aber du
hättest mich rufen und deine Finger davon lassen sollen.
Alles will gelernt sein. Aufdrehen, schieben und drücken
kann am Ende Jedermann — aber wie? Durch deinen Un—
gestüm ist nun das schöne Werk ruinirt.“