Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

größten Aufschwung erhielt derselbe im 18. Jahrhunderte 
durch den böhmischen König Wenzel II., der mancherlei 
neue Einrichtungen beim Bergwesen traf und dem ganzen 
Lande durch den eifrigen Betrieb der Bergwerke eine Quelle 
von Wohlstand und Reichthum eröffnete. 
Am Einträglichsten wurden sehr bald die erst unter 
Wenzel II. angeblich durch einen Mönch entdeckten Berg— 
werke von Kuttenberg. Der Bergsegen soll hier so groß 
gewesen sein, wie ihn Böhmen sonst noch nie gesehen hatte; 
der König allein bezog daraus 500 -600 Mark Silber 
wöchentlicher Einkünfte. Der übergroße Reichthum der Zechen 
veranlaßte 1304 den Kaiser Albrecht J., daß er mit einem 
Heere gegen Kuttenberg zog, um sich der Gruben zu be— 
mächtigen. Allein die Bergleute, deren eine „unglaublich 
große Menge“ vorhanden war, verschanzten sich und thaten 
tapfern Widerstand, so daß der Kaiser wieder abziehen 
mußte. 
siwie innerhalb der nächsten Jahrhunderte in Böhmen 
wüthenden Religionskriege, an denen auch die Bergleute 
sich lebhaft betheiligten, hatten die hänfige Zerstörung der 
Gruben und Bergstädte zur Folge und brachten den Berg— 
bau selbst so darnieder, daß er sich später trotz aller Be— 
günstigung durch Freiheiten und Förderung seiner Ein— 
richtungen Seitens der Landesfürsten nie wieder auch nur 
annähernd zu seiner vormaligen Blüthe hat erheben können. 
Besonders zu Kuttenberg, wo die verschiedenen Religions— 
partheien der Bergleute sich blutig befehdeten und in grau— 
samster Weise einander in die tiefen Schächte stürzten, siechte 
der Bergbau im 15. und 16. Jahrhunderte rasch dahin, 
zumal es auch gänzlich an tüchtigen Beamten fehlte und 
die Bergleute zu Aufständen geneigt waren. 
Als der Bergbau in Kuttenberg durch die Religions— 
unruhen gestört ward, wanderten sehr viele Bergleute von 
dort nach dem Erzgebirge, wo bereits seit dem Jahre 
1200 reiche Lagerstätten von Zinn entdeckt waren und bei 
Graupen, Schönfelden, Schlaggenwald, Zinnwald und an 
andern Orten Gruben gebaut wurden. Bei allen diesen 
Bergstädten am südlichen Gehänge des Erzgebirges entwickelte 
sich ein blühender Zinnerzbergbau, der sich größtentheils 
noch bis heutigen Tages erhalten hat. 
Ebenfalls an der Südseite des Erzgebirges entstand 
der Silber- und Bleierzbergbau bei St. Joachimsthal. 
Nachdem hier 1516 ein Stollen gebaut, blühte rasch unter 
der eifrigen Theilnahme einer Anzahl böhmischer Grafen 
und Herrn ein ergiebiger Bergbau empor. Mehr als 8000 
Bergleute sollen in ganz kurzer Zeit zusammengeströmt sein, 
so daß da, wo vordem nur eine Wildniß war und mancher 
Bär geschossen ward, schon nach 2 Jahrzehnten eine Berg— 
stadt mit 20,000 Seelen Bevölkerung stand, so groß, wie 
die bedeutendsten Städte der damaligen Zeit. Schon 1518 
wurden hier die ersten Silberstücke ausgemünzt; diese Münzen 
hießen „Joachimsthaler“ und bald abgekürzt einfach „Thaler,“ 
wovon noch die heutigen Thaler ihren Namen haben. Die 
Gruben erwiesen sich außerordentlich reich. In den ersten 
15—20 Jahren sollen jährlich 60,000 Mark (80,000 Pfund) 
Silber erzeugt worden sein. Ein armer Bergmann, Schweizer 
mit Namen und vom Rheine stammend, der mit seinem 
Weibe gemeinsam vor Ort arbeitete, gewann in wenigen 
Jahren 100,000 „Güldengroschen“. Die ganze Ausbeute 
der Joachimsthaler Gruben vom Jahre 15316— 1534 betrug 
über 218 Millionen Thaler, den höchsten Ertrag lieferte 
das Jahr 1532 mit 254,000 Thaler. 
Diese hohe Blüthezeit der Joachimsthaler Gruben dau— 
erte aber nicht lange. Zwar wurden noch immer Aus— 
benten erzielt, aber bei Weitem nicht mehr in so reichem 
Maaße, wie früher, und der Ertrag sank immer mehr. 
Nicht wenig trugen hierzu die Uneinigkeit der Grundherrn, 
GBewerken und Bürger, sowie die häufigen Bewegungen und 
Empörungen unter den Bergleuten bei. Erst seit 1700 hal 
sich Joachimsthal allmählig wieder erhoben, und sein Berg— 
bau und Hüttenbetrieb ist auch heutigen Tages noch ein 
ziemlich einträglicher. Es werden daselbst gegenwärtig 
ährlich gegen 2000 Pfund Silber, und daneben noch eine 
Reihe anderer zum Theil sehr werthvoller und seltener 
Metalle gewonnen. — Bekaunnt ist Joachimsthal durch 
seinen berühmten Bergprediger Mathesius, der daselbst 
zur Zeit der höchsten Blüthe des Bergbaus im 16. Jahr— 
hundert segensreich unter den Bergleuten wirkte. 
Zu den wenigen alten Bergwerken Böhmens, welche sich 
bis in die Neuzeit erhalten haben und dabei ergiebig geblieben 
sind, gehören neben den Zinngruben des böhmischen Erzge— 
birges und den Gruben von Joachimsthal hauptsächlich die 
Blei- und Silber-Bergwerke von Przibram, ungefähr 
6 Meilen südöstlich von der Landeshauptstadt Prag, fasl 
im Mittelpunkte Böhmens gelegen. Nach alten Nachrichten 
soll schon im Jahre 848 bei Przibram und dem benach— 
harten Birkenberg ein sehr silberreiches Bergwerk gewesen 
sein, und auch in der Folge wurden reiche Silbererzfunde 
dort gemacht. Urkundlich erwähnt wird der Bergbau erst 
im Jahre 1380, und auch Przibram wurde erst 1579 zu 
einer freien Bergstadt erklärt. Indessen waren um diese 
Zeit die Gruben schon in Verfall, trotzdem ihnen frühere 
derzoge und Könige vielfache Freiheiten gewährt hatten. 
Seine Blüthe und große Ausdehnung verdankt der Przib— 
ramer Bergbau erst der Neuzeit. 
Die jetzigen Berg- und Hüttenwerke Przibrams ge— 
hören zu den großartigsten und ergiebigsten des östreichischen 
Kaiserstaates. Aus etwa 20 Schächten, deren einzelne 
Tiefen über 800 Meter unter die Oberfläche und dabei 
sogar bis fast 300 Meter unter den Meeresspiegel reichen 
und welche durch einen fast 9000 Meter langen tiefen Stol— 
len unter einander verbunden sind, werden jährlich durch 
4000 Bergarbeiter über 244 Millionen Etr. Silber- und 
Bleierze zu Tage gefördert, die in großartigen Wäschen 
aufbereitet, und aus denen auf der benachbarten Schmelz-— 
hütte jährlich gegen 385, 000 CEtr. Blei und 80,000 Pfund Silber 
dargestellt werden. Die Bergleute sind durchgängig Czechen 
Böhmaken), die Oberbeamten meist Deutsche. Früher im Be— 
sitze von Privatgewerken, ist die Bergbauberechtigung seit Ende 
des vorigen Jahrhunderts, wo man wegen schlechter Ausbeute 
den Betrieb ganz aufgeben wollte, nach und nach in die 
Hände des östreichischen Staates übergegangen, der auch in 
Przibram zur Ausbildung seiner höhern Bergbeamten eine 
Bergakademie errichtet hat. 
181 Erzählungen 
von Wilhelm Fischer. 
I. „Was deines Amts nicht ist, da laß' deinen Vorwitz,“ 
sagte der gute Pastor Haspe zu seinem Zögling Philipp, 
einem Knaben von etwa dreizehn Jahren, der mit zwei 
Kameraden sehr betreten und roth bis hinter die Ohren vor 
ihm stand. „Daß du unserm Besuch alle mögliche Freude 
machen willst, ist gewiß loͤblich, und das Spiel dieser großen 
Musikdose gehört für euch Kinder auch dazu. Aber du 
hättest mich rufen und deine Finger davon lassen sollen. 
Alles will gelernt sein. Aufdrehen, schieben und drücken 
kann am Ende Jedermann — aber wie? Durch deinen Un— 
gestüm ist nun das schöne Werk ruinirt.“
	        
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