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Die Steinkohlen, ihre Entstehung, ihr Vorkommen
und ihre Verwerthung.
Iv.
Werfen wir nun einen Blick auf jene Pflanzen und
Wälder selbst, aus denen unsere Steinkohlenlager entstanden
sind. Wir sind dazu im Stande durch die zahlreichen,
wohl erhaltenen Abdrücke von Pflanzen und ganzen Baum—
stämmen im Nebengestein der Kohlenflötze.
Sandstein, Schieferthon, Conglomerat und Kohlenflötze
wechseln mit einander. Zunächst über und zunächst unter
den Flötzen findet sich vorzugsweise Schieferthon. In den
Dachschieferthonen sind die erkennbaren Pflanzenreste am
Häufigsten, in den Sohlschieferthöonen die Stämme und
Wurzelstöcke; man findet sie auf dem Boden, auf dem sie
gewachsen sind. Aufrechtstehende Stämme sind eine häufige
Erscheinung. Man kennt sie in großer Zahl auf engem
Raume neben einander, in mehreren Etagen über einander,
bis 60 Fuß Länge erreichend. Oft sind sie über der
Wurzel abgebrochen, welche den obern Theil des Kohlen—
flötzes bildet, und gehen mit geneigter Lage durch ab—
wechselnde Schichten hindurch. Zuweilen liegen die abge—
brochenen Stämme platt gedrückt und in Kohle umgewandelt
über den Wurzeln.
Viele Stämme scheinen im Innern schneller als nach
Außen gefault zu sein, die Rinde blieb länger erhalten.
So konnte der hohle Cylinder des abgebrochenen Baumes
mit dem in Wasser aufgeschwemmten Material, Sand, Thon
u. s. w., erfüllt werden. Nicht selten sieht man, daß die
den Stamm umgebenden Massen andere Färbung und an—
dere Beschaffenheit haben als die, welche das Innere an—
füllen, ein Beweis, wie langsam der an Ort und Stelle
gewachsene; Stamm begraben wurde. In solchen hohlen
Stämmen sind uns auch Reste von Landthieren aus der
Kohlenzeit bewahrt worden, welche ohne diesen glücklichen
Umstand kaum erhalten geblieben wären, Tausendfüße, zarte
Gehäuse von Landschnecken, Knochen und Skelette der kleinen
Saurier. Um den schließlich ganz mit Sand oder Thon er—
füllten Cylinder bildete endlich die Rinde eine bis “s Zoll
starke Kohlenschicht.
Etwa 600 Arten von Bäumen und Pflanzen um—
faßte jene ganze Steinkohlen-Vegetation. Aber seltsam, diese
Pflanzengeschlechter waren in auffaͤlligster Weise ziemlich
gleichfoͤrmig über die ganze Erde verbreitet. Dieselben Arten
fast, welche im hohen Norden wuchsen, waren auch unter
dem Aequator wieder zu treffen. Den Grund von solcher
einheitlichen Beschaffenheit des damaligen Pflanzenkleides
der Erde dürfen wir wohl vornehmlich in dem über die
ganze Erde noch gleichmäßigen Klima und der überdies
noch gleichen Beschaffenheit der Atmosphäre suchen.
Der mit der Sache Unbekannte pflegt nun der Meinung
zu sein, daß in der damaligen Pflanzenwelt uns Gestaltungen
entgegentreten, die nicht durch die blasseste Idee mit der
gegenwärtigen Etwas zu thun haben. Aber dem ist nicht so
Wer kennt nicht die „Schachtelhalme“ (Equiseten),
welche, mit Zapfen gekrönt, die einen wie blaßröthliche
Spargelsprossen, die andern wie reizende grüne Tannen—
bäumchen auf Feldern und Wiesen und an Ufern stehen
und von denen manche Teiche völlig starren. Nichts An—
deres als solche Equiseten waren die mächtigen Calamiten
der Steinkohlenzeit, die zierlichen Asterophylliten und
Sphenophylliten und die Annularien mit am
Grunde ringförmig verwachsenen Blattquirlen. Nur baum—
artig strebten sie I0 —12 Meter hoch empor mit mächtigen
Stämmen und reichgegliedertem Geäste. — Wer kennt ferner
nicht die in Wäldern allerorten vorkommende „Bärlappe!“
Bänzlich nichts Anderes, nur wiederum baumartig, waren
die bis über hundert Fuß hohen gabelästigen Lepidodendren
Schuppenbäume), von denen sich prächtige versteinerte Stücke
erhalten haben. Neben den Lepidodendren und diesen auch
nahe ver wandt, ragte eine andere Baumgattung mit plumpen,
—
als riesige Säulen, welche mit derben, schilfigen Blättern
dicht und eigenthümlich struppig besetzt waren, ein Bild
pflanzlicher Häßlichkeit, das selber die aus dem Gipfel kranz⸗
artig sprosseüden unansehnlichen Fruchtähren nicht im Ge—
ringsten verschönten. Das waren die Sigillarien oder
Siegelbäume, so genaunt von den großen siegelartigen
Blasttnarben, welche die kahle untere Partie der Stämme
schachbrettartig dicht geord net bedecken. — Vor Allem reich—
lich waren aber die Farrnkräuter vertreten durch mächtige,
palmenartige Baumfarren mit träumerisch sich wiegen—
den riesigen Wedelblättern, wie sie unsere heißen Gegen—
den jetzt noch haben. Doch daneben wuchsen auch schon
jene zierlichen büscheligen Farrnwedel, die heute noch alle
seuchten Waldgründe schmuͤcken und anch als Blattgewächse
mit Vorliebe gärtnerisch gezogen werden.
Das Einzige, was uns beim Ueberblick über jene
altersgraue Vegetation auffällt, die unter dem Schutte der
Vorzeit vor Jahrmillionen begraben wurde, ist der Umstand,
daß wir höher organisirte Pflanzen, LRaub- und Blüthen—
oflanzen, vermissen. Nur blüthenlose Wälderdickichte dehnten
ich üͤber die damalige Erde, und zwar still und lautlos,
noch nicht belebt vom Gesange einer gefiederten Vogelwelt.
Freudig grün und von sanften Formen waren nur die zart⸗
Jefiederten, ellenlangen Farrnwedel, welche, wie die Speichen
zines Rades gruppirt, den palmenähnlichen Wipfel der
Farrnbäume bildeten und träumerisch im Windhauche sich
neigten und schwankten. Ohne jegliche Anmuth starrte die
ibrige Baumwelt in gabeliger oder quirlicher Verzweigung
in die feuchte, heiße Atmosphäre empor. Alle diese steifen,
tarrgeraden, oft mächtigen Gewächse waren nur von ein—
örmigen Zapfengebitden gekrönt, geruchlos und farblos und
ohne das wohlige Grün, wie wir es an Laubwald und
Wiese lieben.
Ehrwürdig aber muß uns die Steinkohle sein, deren
Stoff einst diese seltsamen Wälder bildete, als der Mensch
noch nicht in die Schöpfung getreten war, vielmehr im
nächtigen Naturringen die Stätte ihm zuerst vorbereitet
wurde.
Jene Wälder und Pflanzen, welche aus dem feuchten
Boden der Vorzeit aufwuchsen, dann verschüttet wurden
und unter der über ihnen weitergrünenden Erde verkohlten
und lange ruhten, — unsere Hand entzieht sie jetzt wieder
dem Schooße der Erde!
—„
Die Nothhülfe bei plötzlichen Unfüllen und Gefahren.
III.
Besondere Unglüds- und Erkrankungsfälle.
1. Verbrennungen. Die Verbrennungen sind nach
dem Grade und der Dauer der einwirkenden Hitze verschie—
den. Es entstehen nämlich entweder blos rothe, etwas ge—
schwollene — entzündete — Flecke, oder es ist dabei die
hdaut auch in Blasen erhoben, oder es sind außerdem auch
noch die unter der Haut liegenden Theile mehr oder weniger
heschädigt und zerstöͤrt. — Vor Allem müssen nun die ver—
braunten Theile von jeder Bedeckung entblößt werden, wel—
ches jedoch nicht durch Abziehen der Kleidungsstücke, son—