Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

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Die Steinkohlen, ihre Entstehung, ihr Vorkommen 
und ihre Verwerthung. 
Iv. 
Werfen wir nun einen Blick auf jene Pflanzen und 
Wälder selbst, aus denen unsere Steinkohlenlager entstanden 
sind. Wir sind dazu im Stande durch die zahlreichen, 
wohl erhaltenen Abdrücke von Pflanzen und ganzen Baum— 
stämmen im Nebengestein der Kohlenflötze. 
Sandstein, Schieferthon, Conglomerat und Kohlenflötze 
wechseln mit einander. Zunächst über und zunächst unter 
den Flötzen findet sich vorzugsweise Schieferthon. In den 
Dachschieferthonen sind die erkennbaren Pflanzenreste am 
Häufigsten, in den Sohlschieferthöonen die Stämme und 
Wurzelstöcke; man findet sie auf dem Boden, auf dem sie 
gewachsen sind. Aufrechtstehende Stämme sind eine häufige 
Erscheinung. Man kennt sie in großer Zahl auf engem 
Raume neben einander, in mehreren Etagen über einander, 
bis 60 Fuß Länge erreichend. Oft sind sie über der 
Wurzel abgebrochen, welche den obern Theil des Kohlen— 
flötzes bildet, und gehen mit geneigter Lage durch ab— 
wechselnde Schichten hindurch. Zuweilen liegen die abge— 
brochenen Stämme platt gedrückt und in Kohle umgewandelt 
über den Wurzeln. 
Viele Stämme scheinen im Innern schneller als nach 
Außen gefault zu sein, die Rinde blieb länger erhalten. 
So konnte der hohle Cylinder des abgebrochenen Baumes 
mit dem in Wasser aufgeschwemmten Material, Sand, Thon 
u. s. w., erfüllt werden. Nicht selten sieht man, daß die 
den Stamm umgebenden Massen andere Färbung und an— 
dere Beschaffenheit haben als die, welche das Innere an— 
füllen, ein Beweis, wie langsam der an Ort und Stelle 
gewachsene; Stamm begraben wurde. In solchen hohlen 
Stämmen sind uns auch Reste von Landthieren aus der 
Kohlenzeit bewahrt worden, welche ohne diesen glücklichen 
Umstand kaum erhalten geblieben wären, Tausendfüße, zarte 
Gehäuse von Landschnecken, Knochen und Skelette der kleinen 
Saurier. Um den schließlich ganz mit Sand oder Thon er— 
füllten Cylinder bildete endlich die Rinde eine bis “s Zoll 
starke Kohlenschicht. 
Etwa 600 Arten von Bäumen und Pflanzen um— 
faßte jene ganze Steinkohlen-Vegetation. Aber seltsam, diese 
Pflanzengeschlechter waren in auffaͤlligster Weise ziemlich 
gleichfoͤrmig über die ganze Erde verbreitet. Dieselben Arten 
fast, welche im hohen Norden wuchsen, waren auch unter 
dem Aequator wieder zu treffen. Den Grund von solcher 
einheitlichen Beschaffenheit des damaligen Pflanzenkleides 
der Erde dürfen wir wohl vornehmlich in dem über die 
ganze Erde noch gleichmäßigen Klima und der überdies 
noch gleichen Beschaffenheit der Atmosphäre suchen. 
Der mit der Sache Unbekannte pflegt nun der Meinung 
zu sein, daß in der damaligen Pflanzenwelt uns Gestaltungen 
entgegentreten, die nicht durch die blasseste Idee mit der 
gegenwärtigen Etwas zu thun haben. Aber dem ist nicht so 
Wer kennt nicht die „Schachtelhalme“ (Equiseten), 
welche, mit Zapfen gekrönt, die einen wie blaßröthliche 
Spargelsprossen, die andern wie reizende grüne Tannen— 
bäumchen auf Feldern und Wiesen und an Ufern stehen 
und von denen manche Teiche völlig starren. Nichts An— 
deres als solche Equiseten waren die mächtigen Calamiten 
der Steinkohlenzeit, die zierlichen Asterophylliten und 
Sphenophylliten und die Annularien mit am 
Grunde ringförmig verwachsenen Blattquirlen. Nur baum— 
artig strebten sie I0 —12 Meter hoch empor mit mächtigen 
Stämmen und reichgegliedertem Geäste. — Wer kennt ferner 
nicht die in Wäldern allerorten vorkommende „Bärlappe!“ 
Bänzlich nichts Anderes, nur wiederum baumartig, waren 
die bis über hundert Fuß hohen gabelästigen Lepidodendren 
Schuppenbäume), von denen sich prächtige versteinerte Stücke 
erhalten haben. Neben den Lepidodendren und diesen auch 
nahe ver wandt, ragte eine andere Baumgattung mit plumpen, 
— 
als riesige Säulen, welche mit derben, schilfigen Blättern 
dicht und eigenthümlich struppig besetzt waren, ein Bild 
pflanzlicher Häßlichkeit, das selber die aus dem Gipfel kranz⸗ 
artig sprosseüden unansehnlichen Fruchtähren nicht im Ge— 
ringsten verschönten. Das waren die Sigillarien oder 
Siegelbäume, so genaunt von den großen siegelartigen 
Blasttnarben, welche die kahle untere Partie der Stämme 
schachbrettartig dicht geord net bedecken. — Vor Allem reich— 
lich waren aber die Farrnkräuter vertreten durch mächtige, 
palmenartige Baumfarren mit träumerisch sich wiegen— 
den riesigen Wedelblättern, wie sie unsere heißen Gegen— 
den jetzt noch haben. Doch daneben wuchsen auch schon 
jene zierlichen büscheligen Farrnwedel, die heute noch alle 
seuchten Waldgründe schmuͤcken und anch als Blattgewächse 
mit Vorliebe gärtnerisch gezogen werden. 
Das Einzige, was uns beim Ueberblick über jene 
altersgraue Vegetation auffällt, die unter dem Schutte der 
Vorzeit vor Jahrmillionen begraben wurde, ist der Umstand, 
daß wir höher organisirte Pflanzen, LRaub- und Blüthen— 
oflanzen, vermissen. Nur blüthenlose Wälderdickichte dehnten 
ich üͤber die damalige Erde, und zwar still und lautlos, 
noch nicht belebt vom Gesange einer gefiederten Vogelwelt. 
Freudig grün und von sanften Formen waren nur die zart⸗ 
Jefiederten, ellenlangen Farrnwedel, welche, wie die Speichen 
zines Rades gruppirt, den palmenähnlichen Wipfel der 
Farrnbäume bildeten und träumerisch im Windhauche sich 
neigten und schwankten. Ohne jegliche Anmuth starrte die 
ibrige Baumwelt in gabeliger oder quirlicher Verzweigung 
in die feuchte, heiße Atmosphäre empor. Alle diese steifen, 
tarrgeraden, oft mächtigen Gewächse waren nur von ein— 
örmigen Zapfengebitden gekrönt, geruchlos und farblos und 
ohne das wohlige Grün, wie wir es an Laubwald und 
Wiese lieben. 
Ehrwürdig aber muß uns die Steinkohle sein, deren 
Stoff einst diese seltsamen Wälder bildete, als der Mensch 
noch nicht in die Schöpfung getreten war, vielmehr im 
nächtigen Naturringen die Stätte ihm zuerst vorbereitet 
wurde. 
Jene Wälder und Pflanzen, welche aus dem feuchten 
Boden der Vorzeit aufwuchsen, dann verschüttet wurden 
und unter der über ihnen weitergrünenden Erde verkohlten 
und lange ruhten, — unsere Hand entzieht sie jetzt wieder 
dem Schooße der Erde! 
—„ 
Die Nothhülfe bei plötzlichen Unfüllen und Gefahren. 
III. 
Besondere Unglüds- und Erkrankungsfälle. 
1. Verbrennungen. Die Verbrennungen sind nach 
dem Grade und der Dauer der einwirkenden Hitze verschie— 
den. Es entstehen nämlich entweder blos rothe, etwas ge— 
schwollene — entzündete — Flecke, oder es ist dabei die 
hdaut auch in Blasen erhoben, oder es sind außerdem auch 
noch die unter der Haut liegenden Theile mehr oder weniger 
heschädigt und zerstöͤrt. — Vor Allem müssen nun die ver— 
braunten Theile von jeder Bedeckung entblößt werden, wel— 
ches jedoch nicht durch Abziehen der Kleidungsstücke, son—
	        
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