Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

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Als Napolean J. seiner Zeit Deutschland bekämpft und 
besiegt hatte, beschloß er im Jahre 1812, auch noch Ruß— 
land heimzusuchen. Bald sollte er jedoch den Finger Gottes 
erkennen lernen. Welche schöne Armee zog damals durch 
unser dentsches Vaterland, — leider auch so mancher junge 
Rheinländer darunter — um in der Beresina oder in den 
Eisgefilden Rußlands und Polens den Tod zu finden! 
Mit klingendem Spiele, siegesbewußt ging es über den 
deutschen Rhein, der allerdings zu damaliger Zeit schon 
mehr französisch war als deutsch. Ganze Schaaren von 
Nachzůglern, Proviantkolonnen und anderer Troß, selbst 
Frauen, die ihren Männern folgten, zogeu hinterdrein, der 
ganze Zug glich einer wahren Völkerwanderung. Aber nur 
elende Truͤmmer, aufgelöste, verhungerte und vor Kälte halb 
erstarrte Abtheilungen kehrten wieder zurück. 
An den Grenzen der Eifel und auf der linken Seite 
des Salm-Flusses nach der Mosel zu liegt das Schloß oder 
vielmehr die Burg Bruch, auch in älterer Zeit Brucha oder 
Broich genannt. Im Winter des Jahres 18183 lagerte sich 
um diese Burg eine Abtheilung französischer Karabiniers, 
Ueberreste eines jener schönen Reiterregimenter, welche vor 
einigen Monaten noch triumphirend durch die deutschen 
Gauͤen gezogen waren. Jetzt gewährten die Reiter einen 
wehmüthigen Anblick. An ein Reiten war nicht mehr zu 
denken. Die Mehrzahl der Pferde trug nur noch mit Mühe 
die eigene Mähne, geschweige denn den Reiter. Letztere er⸗ 
innerlen an jene schwäbischen Reiter, welche mit Kaiser 
Friedrich Barbarossa einst ins heilige Land zogen, nur fehlte 
ihnen der schwäbische Muth, den jene doch noch besessen 
hatten. Ein einfacher russischer Bauer war genügend, sie 
zur eiligsten Flucht zu veranlassen, da sie in ihm einen 
Kosacken“ witterten. Die Kosacken waren nämlich damals 
gehaßt und gefürchtet, wie bei dem jüngsten Kriege die 
deutschen Ulanen. 
Die Abtheilung Reiter kam Ende Februar 1813 gegen 
Abend am Schloße Bruch an, kounte sich jedoch nicht lange 
dort aufhalten, da das Futter für die Pferde mangelte. 
So zogen sie denn schon am andern Morgen wieder ab. 
Mühsam schleppten sie sich fort, es waren wahre Jammer— 
gestalten. Doch ließen sie ein Andenken zurück, geeignet, 
das höchste Mitleid zu erwecken. 
An der Flußseite des Schlosses befand sich eine große 
Steinplatte, die nur bei schwachem Wasserstande im Trockenen 
lag, dagegen bei starkem Wasser eine große Welle verur— 
sachte, deßhalb auch im Volksmunde der „Wellenstein“ ge— 
nannt wurde. Auf dieser Steinplatte nun entdeckte man 
uach dem Abzuge der Reiter die Leiche einer Frau, die 
einen Säugling an der Brust hielt. Letzterer lebte noch 
und mochte eiwa 8 Monate zählen. Die Mutter war 
offenbar noch nicht lange verschieden; auf der Brust trug 
sie ein in ein kleines Kästchen eingefaßtes Wachsbildniß, 
das den hl. Johannes in der Wüste darstellte. Mitleidige 
Menschen nahmen sich des kleinen Knäbleins an, das so 
früh verwaist war, und jener schöne Denkspruch ging auch 
hier in Erfüllung:? „Wenn Vater und Mutter das Kind 
verlassen haben, so nimmt es der Herr auf!“ 
Die Leiche der Mutter wurde auf dem Friedhofe zu 
Bruch beerdigt, ohne daß man Etwas hätte in Erfahrung 
bringen können, wer sie sei und woher sie gekommen. Das 
kleine Reliquienkästchen ließ man dem Knäblein als einziges 
Andenken seiner Mutter. Nach der Stelle, wo er gefun— 
den worden, nannte man den Knaben „Wellenstein“, ließ 
ihn in der Kirche zu Bruch taufen und gab ihm hierbei 
noch den Vornamen Joseph. 
Der Knabe wuchs auf als Joseph Wellenstein und 
machte seinen Pflege-Eltern viele Freude. Sehr häufig 
sah man ihn mit der Angelruthe auf dem Steine sitzen, 
wovon er seinen Namen herleitete, um nach Forellen zu 
angeln, die der Salmfluß in reicher Fülle hat. In der 
Schule war er einer der besten Schüler und aus dem eltern— 
und heimathlosen Findelkinde entwickelte sich nach und nach 
ein herrlicher Jüngling, auf den man die schönsten Hoff— 
nungen baute. Nachdem er aus der Schule entlassen war, 
erlernte er bei seinen Pflegeeltern den Ackerbau und das 
als Nebenbeschäftigung übliche Verfertigen von Thonpfeifen. 
Im Jahre 1836 vermählte sich Wellenstein mit einer 
Bürgerstochter aus Bruch, welche ihm ein ansehnliches Ver⸗ 
mögen zuführte. Da im Dorfe Bruch kein Krämer war, 
so legte Wellenstein jetzt in dem schönen Bauernhause, in 
dessen Besitz er gleichfalls durch seine Gattin gekommen 
war, einen Kramladen an, dabei zugleich auch eine Schenk— 
wirthschaft. 
Anfangs ging Alles nach Wunsch. Das Handelsgeschäft 
hlühte und war schon nach einigen Jahren ein ansehnlicher 
Kaufladen, dessen Inhaber die Bewohner der Umgegend 
schon nur mehr „Herr“ Wellenstein nannten. Der kleine 
Ackerbau, den Wellenstein daneben betrieb, gab auch guten 
Ertrag. Dazu hatte der liebe Gott das junge Ehepaar auch 
schon nach Verlauf des ersten Jahres ihres Ehestandes mit 
einem kräftigen Sohne gesegnet, dem der Name „Arnold“ 
beigelegt wurde. Der blieb auch nicht lange allein, und 
nach einem Zeitraume von etwa 742 Jahren waren noch 
s andere muntere Geschwisterchen dabei. 
(Fortsetzung folgt.) 
Allerlei. 
Ein genialer Schüler, der zu jeder Wortklasse Beispiele 
ammeln sollte, lieferte Folgendes: 1) Geschlechtswort: Jüng— 
ing, Jungfran, Liebe. 2) Hauptwort: Geld, Damen, Adel, Für— 
prache. 83) Nebenwort: Verstand. 4) Bindewort: Strumpf⸗ 
hand. 5) Zeitwort: Runzeln, 6) Empfindungswort: Ohr— 
feige, Nasenstüber. 7) Zahlwort: Neujahr, Ostern, Michelis. 
8) Zueignendes Fürwort: Nehmen. 
Einige Zeitungsschreiber saßen in der Conditorei und trie— 
ben mit einem hausirenden Juden ihren Scherz. „Schmul,“ 
iagte der Eine, „gab's im alten Testamente auch schon Zei— 
tungsschreiber?“ — Der Jude sah ihn pfiffig an und er— 
viderte: „Gewiß, denn König David sagt im 4. Psalm: 
„Wie habt ihr doch das Eitle so lieb und die Lügen so 
gern.“ — 
Eine vornehme Dame wünschte, daß ein Herr ihr ein 
Mittel anrathen möchte, ein Faß feines Bier vor ihren 
Dienern zu bewahren. „Kein Mittel, kein Rath liegt näher“, 
war die schlaue Antwort, „als eine Tonne guten Weines 
daneben zu legen.“ 
Marktpreise am 11. Oktober 1873. 
eriven. zu St. Johann. 
⸗ F - 
— 29 — 
— 13 — 
— 9 — 
gentner Kartoffeln 
Pfund vutter 
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JJJ e rbeüter Seitan. 
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