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Aus der Masse der Kohlen hat man wohl mit Recht
auf einen größeren Gehalt der damaligen Atmosphäre an
Kohlensäure geschlossen, seitdem man weiß, daß der Kohlen—
stoff der Pflanzen aus der Kohlensäure der Atmoösphäre
stammt. Jetzt liefern 10,000 Raumtheile Luft nur 3 bis 4
Raumtheile Kohlensäure. Um wieviel nun der Kohlensäure—
gehalt der Atmosphäre steigen würde, wenn man derselben
den jetzt fest gebundenen Kohlenstoff der Kohlenlager
sämmtlich in Gestalt von Kohlensäure wieder zuführen könnte,
ist begreiflicher Weise nicht zu sagen. Allein er könnte sehr
hoch steigen, ohne dem Wachsthum der Steinkohlenpflanzen
wesentlich zu schaden, die nach mehrern Versuchen sogar
noch 500 Raumtheile Kohlensäure in 10,000 Raumtheilen
Luft vertragen.
Ob in dieser feuchtwarmen und an Kohlensäure reichen
Atmosphäre, die in Folge dessen schwerer und weniger leicht
beweglich war, die Pflanzen der Kohlenformation schneller
wuchsen, als unsere Pflanzen wachsen, läßt sich nicht ent—
scheiden. Man hat zwar dire Dicke der Jahresringe des
Holzes von Baumstämmen der Kohlenzeit mit denen der
Jetztzeit verglichen, allein da die Arten nicht übereinstimmen,
so darf mau aus der Gleichheit der Dicke keinen Schluß
ziehen. Wuchsen aber selbst die Pflanzen schneller als jetzt,
so bleibt doch ein ungeheuer großer Zeitraum nöthig, um
die Kohlenflötze herzustellen, von denen man solche bis zu
40 und mehr Fuß Mächtigkeit kennt, während meist in
einem Kohlenbecken die gesammte Mächtigkeit aller Flötze
zusammengerechnet noch weit bedeutender ist.
Wie weit die Zeit der Steinkohlen-Entstehung hinter
uns zurückliegt, hat ein berühmier Gelebrter (G. Bischof)
aus den Gesetzen der Abkühlung unserer Erde berechnet.
Er hat dabei die ungeheure Zahl von 9 Millionen Jahren
gefunden, die allerdings wohl nur als eine ganz ungefähre
anzusehen ist.
Die Nothhülfe bei plötzlichen Unfüllen und Gefahren.
II.
Während der Verletzte auf den Verbandplatz über—
tragen wird, muß inzwischen dort für eine geeignete Lager—
stätte vorgesorgt werden. Sollte kein Bett vorhanden sein,
so macht man eine dicke Streu von Heu, Laub oder Säge—
spähnen auf den Fußboden und bedeckt diese mit Decken,
Leintüchern oder Kleidern, wobei man in Ermangelung eines
Kopfkissens zu gleicher Zeit auch dem Kopfe auf ähnliche
Weise eine erhöhte Lage bereite.
Hierauf erst kann zur genauen Besichtigung der Ver—⸗
letzungen geschritten werden. Verletzte, welche bei Bewußt—
sein sind, geben meist selbst genau die schmerzhaften oder
beschädigten Stellen an. Ist jedoch der Kranke bewußtlos,
so ist vor Allem der Kopf ganz genau zu besichtigen, dann
muß man Arme und Füße nach den verschiedenen Rich—
tungen hin untersuchen, sie beugen und bewegen, ferner
aber auch alle Blutspuren und Risse an den Kleidern be—
achten, um durch diese die unter ihnen etwa verborgenen
Verwundungen aufzufinden. Befinden sich die Verletzungen
an Körperstellen, die von Kleidern bedeckt sind, so müssen
diese sorgfältig und zwar stets zuerst von der gesunden
Seite aus entfernt werden. Kann das Ausziehen der Klei—
der nicht, ohne Schmerz zu verursachen, geschehen, so müs—
sen die Kleider oder Stiefeln aufgeschnitten und die leiden—
den Theile so von den Kleidern befreit werden. Die Wun—
den werden hierauf gereinigt, indem man mittelst einer
Wund⸗ oder Klystirspritze, oder eines in kaltes Wasser ge—
tauchten Schwammes oder Leinwandlappens einen Strähl
von kaltem Wasser einige Minuten lang auf die Wund—
läche fallen läßt. — Bei Verletzungen des Kopfes oder
sonstiger behaarter Körperstellen sind jedoch vorher jedes—
mal erst die Haare um die Wunde mittelst einer Scheere
zu entfernen.
Bei jeder Wunde ist hauptsächlich darauf zu achten,
daß der Verwundete nicht zu viel Blut verliere. Es ist da—
her bei Verwundungen jeder Art (Schnitt-, Stich-, Schuß-,
oder Quetschwunden) vorzüglich auf Stillung der Blutung
hinzuwirken. Als vorzüglichstes Mittel gilt hierbei vor Al—
em das kalte Wasser, welches in Form von kalten Um—
schlägen, die alle 5 Minuten gewechselt werden müssen, auf
die blutende Stelle gebracht wird. Dem kalten Wasser
kann auch etwa ein Drittheil Essig oder Branntwein beige—
nengt sein, da auch diese vortheilhaft auf die Stillung der
Blutung einwirken. Ehe man jedoch die kalten Umschläge
n Anwendung bringt, bemühe man sich, die Ränder der
Wunde, nachdem sie auf die oben beschriebene Art gereinigt
wurden, so nahe als möglich an einander zu ziehen und sie
nit Streifen von Heftpflaster oder englischem Pflaster mit
einander zu vereinigen.
Ist die Blutung sehr stark und spritzt namentlich das
Blut stoßweise aus der Wunde, so drücke man schnell und
möglichst fest einen oder zwei Finger auf den Punkt, von
wo das Blut herausspritzt, und setze diesen Druck so lange
fort, bis entweder der Arzt kommt, oder man bemerkt, daß
beim Aufheben des Fingers und Nachlaß des Druckes kein
Blut mehr aus der Wunde kommt.
Bei stärkeren, in solcher Art stoßweise hervorquellen—
den Blutungen an den Armen oder Füßen ist statt des
Fingerdruckes eine Umschnürung des Gliedes vorzunehmen,
welche in der Weise ausgeführt wird, daß man ein zusam—
mengelegtes Handtuch oder Taschentuch oberhalb der blu—
tenden Stelle um das Glied herumwickelt und es dann mit
einem Band, Riemen oder sonst dergleichen so fest als mög—
lich zusammenschnürt.
Bei nicht stoßweise spritzenden, sondern langsam aus
der Wunde fließenden Blutungen kann, wenn nach Verlauf
von bis sz Stunde die Blutung nicht nachläßt, die
Wunde mit einer dicken Lage von gestoßenem Alaun, oder
Feuerschwamm oder mit einem Bausch Charpie, bedeckt wer—
den; diese drückt man ziemlich fest auf die Wunde, worauf
in der Regel die Blutung bald aufhört.
Findet man bei der Untersuchung eines Verunglückten,
daß ein Glied gebrochen oder zermalmt ist, so bringe man
dieses bei der Lagerung des Kranken gleich in eine ruhige
sichere Lage, und zwar wenn wöglich auf ein Polster, mache
dis zur Ankunft des Arztes von 5 zu 5 Minuten erneuerte
kalte Umschläge, hüte sich jedoch, viel an demselben zu zer—
ren oder zu rütteln oder gar Einrichtungsversuche zu machen.
Ist ein Glied ganz vom Körper losgerissen, so ist
das Blut auf die angegebene Weise zu stillen, der am Kör—
per gebliebene-Stumpf in eine ruhige, erhöhte Lage zu bringen,
und, sind fortwährend kalte Umschläge auf denselben zu
machen. Dabei verdecke man den losgerissenen Theil mit
einem Tuche und entziehe so möglichst dem Verunglückten
und seiner Umgebung den traurigen Anblick, bis der herbei—
gerufene Arzt darüber entscheidet, was mit demselben zu
geschehen habe.
Bis zur Ankunft des Arztes hat eine verläßliche Per—
son fortwährend bei dem Kranken zu weilen, welche die er—
forderlichen Labungen und kalten Umschläge besorgt,
zugleich aber auch dem Verunglückten und seiner Umgebung
Trost, Muth und Hoffnung einzuflößen bemüht sein soll.
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